Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkte Steuerberatungsbefugnis einer Berufsvertretung

 

Leitsatz (NV)

Eine Berufsvertretung oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigung darf nach §4 Nr. 7 StBerG nur "im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern" Hilfe in Steuersachen leisten. Der Aufgabenbereich bestimmt sich nach den gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Interessen, durch die die Mitglieder der Vereinigung verbunden sind.

 

Normenkette

StBerG § 4 Nr. 7

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein durch staatliche Verleihung rechtsfähiger Verein (§22 des Bürgerlichen Gesetzbuches), ist eine Berufsvertretung i.S. des §4 Nr. 7 des Steuerberatungsgesetzes -- StBerG -- (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14. Mai 1969 VII R 11/66, BFHE 96, 33, BStBl II 1969, 713), in der sich ärztliche Standesorganisationen und Angehörige der ärztlichen Heilberufe auf freiwilliger Basis zusammengeschlossen haben. Gemäß §2 der Satzung ist Zweck des Klägers, "Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte über ihre steuerlichen und Buchführungspflichten aufzuklären, sie in Vorträgen und durch Rundschreiben oder auf andere zweckdienliche Weise anzuhalten, sich einer dem Berufsethos angemessenen ordentlichen Rechnungslegung zu befleißigen, ihnen bei der steuerlichen Buchführung und bei der Erledigung steuerlicher Angelegenheiten behilflich zu sein, ihnen die zu steuerlichen Zwecken notwendigen Arbeiten abzunehmen und sie gegenüber den Finanzbehörden zu vertreten. Der Verein tritt, ohne selbst einen wirtschaftlichen Gewinn zu erstreben, ein, (1.) für die Unabhängigkeit des Arztes, Zahnarztes und Tierarztes in seiner Berufsausübung, (2.) für eine gerechte steuerliche Gesetzgebung, soweit sie die Berufsstände der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte berührt, (3.) dafür, daß seine Mitglieder vor Nachteilen bewahrt werden, die ihnen aus Unkenntnis über die steuerlichen Vorschriften erwachsen können".

Im Rahmen seines berufsständischen Aufgabenbereichs leistet der Kläger seinen Mitgliedern und deren Angehörigen u.a. umfassende Hilfe in Steuersachen und in der Buchführung gegen Gebühren. Seit Mitte der 80er Jahre vertraten die Finanzbehörden dem Kläger gegenüber die Auffassung, daß sich die aus §4 Nr. 7 StBerG abgeleitete Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen auf den Bestand der Mitglieder und auf den Rahmen des Aufgabenbereichs seiner Mitglieder beschränke. Dies bedeute, daß eine Steuerberatungstätigkeit nur bezüglich der Einkünfte aus heilberuflicher Tätigkeit, Betriebsvermögen sowie betrieblicher Steuer einschließlich der Lohnsteueranmeldung zulässig sei. Nachdem der Kläger bereits im Jahre 1988 aufgefordert worden war, die Hilfeleistung in Steuersachen auf den o.g. personellen und sachlichen Rahmen zu beschränken, untersagte ihm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) mit Verfügung vom 15. März 1993 die Hilfeleistung in Steuersachen, soweit diese eine Vertretung von Nichtmitgliedern und auf Gebieten betrifft, die außerhalb der gemeinsamen Mitgliederinteressen liegen.

Die Beschwerde und die Klage des Klägers gegen die Untersagungsverfügung blieben erfolglos. Wegen der Entscheidungsgründe des Finanzgerichts (FG) wird auf den Urteilsabdruck in Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 238, 239 Bezug genommen.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, bei der Auslegung, die das FG der Vorschrift des §4 Nr. 7 StBerG gegeben habe, sei das seine Befugnis zur Hilfeleistung einschränkende Gesetz nicht hinreichend bestimmt. Der Eingriff in sein Recht, Umfang und Inhalt seiner beruflichen Tätigkeit selbst zu bestimmen, sei deshalb durch den Gesetzesvorbehalt nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG), unter dem das Grundrecht der Berufsfreiheit stehe, nicht gedeckt.

Das FG sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Regelungen des §4 StBerG Ausnahmetatbestände enthielten, die restriktiv auszulegen seien. Vielmehr regele §4 StBerG eigenständige Steuerberatungsbefugnisse, die im Gegensatz zu der an bestimmte Berufszulassungen anknüpfenden Regelung des §3 StBerG eine Privilegierung bestimmter Personen und Personenvereinigungen bewirkten, so daß es nicht gerechtfertigt sei, den Privilegierungstatbestand einschränkend auszulegen. Restriktiv auszulegen sei §4 Nr. 7 StBerG im Hinblick auf den Schutzzweck des StBerG allenfalls in solchen Fällen, in denen die zur sachgerechten Steuerberatung benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten fehlten. Bei ihm stelle sich diese Frage aber nicht, denn er erbringe seine Hilfeleistung in Steuersachen durch Steuerberater und diesen unterstellte Steuerfachgehilfen seit vielen Jahren ohne steuerfachliche Beanstandungen. Es sei auch nicht einleuchtend, daß -- nach Auffassung im Schrifttum -- die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen bei den genossenschaftlichen Prüfungs- und Spitzenverbänden und den genossenschaftlichen Treuhandstellen nach §4 Nr. 6 StBerG nicht eingeschränkt sein solle, die Befugnis der Berufsvertretungen (§4 Nr. 7 StBerG) dagegen schon.

Als Privilegierungstatbestand sui generis könne §4 Nr. 7 StBerG nicht dahin ausgelegt werden, daß sich die Beratungsbefugnis hier auf die Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit, das Betriebsvermögen und die betrieblichen Steuern einschließlich der Lohnsteueranmeldungen für die in der Praxis Beschäftigten beschränke. Eine gewissenhafte Beratung in Steuersachen könne nur dann erfolgen, wenn zugleich der Blick auf die anderen, bei den ärztlichen Heilberufen typischerweise vorkommenden Steuerarten gerichtet werde. Die Befugnisbegrenzung des Klägers nach §4 Nr. 7 StBerG ergebe sich somit zwanglos aus in der Sache liegenden Gründen, nämlich aus der konkreten Besteuerungssituation der Angehörigen der ärztlichen Heilberufe und deren berufsgruppenspezifischen Notwendigkeiten sowie der Möglichkeiten zur Steuervermeidung und Steuerverringerung. Maßstab für die sachliche Reichweite der Befugnisse sei die berufsgruppenspezifische Typik von Umfang und Reichweite der steuerlichen Probleme der Mitglieder der Vereinigung, also der aktuelle durchschnittliche oder typische Steuerberatungsbedarf der Mitglieder. In diesem Rahmen müsse der Kläger auch den Familienangehörigen seiner Mitglieder (Ehefrau, Kinder) Hilfe in Steuersachen leisten können, wenn und soweit ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Steuerberatung des Mitglieds bestehe.

Das Urteil des FG weiche im übrigen von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. März 1988 I ZR 217/85 (Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1988, 2538, 2540) ab. In diesem Urteil habe der BGH aus Anlaß eines Rechtsstreits über die Befugnis des Klägers zur Führung der Bezeichnung "Buchführungs- und Steuerstelle" ausgeführt, daß er im Rahmen seines berufsständischen Aufgabenbereichs in der steuerberatenden Tätigkeit keinen Einschränkungen unterliege und insoweit zur Hilfeleistung in Steuersachen unbeschränkt befugt sei.

Schließlich sei die teilweise Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen im Streitfall deshalb ermessensfehlerhaft, weil der Schutzzweck der Verbotsnorm (hier: §5 Abs. 1 Satz 2 StBerG) nicht der Schutz der zur unbeschränkten Steuerberatung Befugten vor Konkurrenz, sondern der Schutz des Publikums vor unsachgemäßem Steuerrat sei. Dieser Schutzzweck sei aber durch die Tätigkeit des Klägers zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Das FA habe außerdem die Grenzen mißachtet, die der Grundsatz des Vertrauensschutzes der Ermessensbetätigung ziehe. In diesem Zusammenhang hätte es unter Beachtung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zugunsten des Klägers berücksichtigen müssen, daß dieser seiner Tätigkeit seit mehr als 60 Jahren in nicht beanstandeter Weise nachgegangen sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, die Untersagungsverfügung des FA und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht entschieden, daß das FA dem Kläger ermessensfehlerfrei die Hilfeleistung in Steuersachen untersagt hat, soweit dieser für Nichtmitglieder tätig wird und seine steuerberatende Tätigkeit für Mitglieder Gebiete betrifft, auf denen die Mitglieder nicht durch gemeinsame wirtschaftliche oder soziale Berufsinteressen verbunden sind. Rechtlich zutreffend ist damit die Beratungsbefugnis des Klägers in der angefochtenen Untersagungsverfügung auf die Einkünfte aus heilberuflicher Tätigkeit, das Betriebsvermögen aus dieser Tätigkeit und die betrieblichen Steuern einschließlich der Lohnsteueranmeldungen für die in der Praxis seiner Mitglieder Beschäftigten beschränkt worden.

1. Nach §7 Abs. 1 StBerG kann das FA die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen untersagen, (1.) wenn die Tätigkeit durch eine Person oder Vereinigung ausgeübt wird, die nicht unter die §§3 oder 4 StBerG fällt, (2.) wenn eine Tätigkeit nach §4 StBerG zur Umgehung des Verbots nach §5 mißbraucht wird. Verboten ist nach §5 Abs. 1 Satz 2 StBerG den in §4 bezeichneten Personen und Vereinigungen auch die über den Rahmen ihrer Befugnis hinausgehende Hilfeleistung in Steuersachen. Die Untersagungsregelung umfaßt damit auch die Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit durch eine Person oder Vereinigung i.S. der §§3 oder 4 StBerG außerhalb ihres Aufgabengebietes (Urteil des erkennenden Senats vom 4. Oktober 1983 VII R 168/82, BFHE 139, 481, BStBl II 1984, 118, m.w.N.). Der Kläger ist -- wie das FG festgestellt und näher ausgeführt hat -- eine Berufsvertretung oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigung i.S. des §4 Nr. 7 StBerG, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet. Da der Kläger seine Mitglieder und deren Angehörige im umfassenden Sinne steuerlich berät, beschränkt sich die von ihm erbrachte steuerliche Hilfeleistung nicht -- wie in §4 Nr. 7 StBerG vorgeschrieben -- auf den "Rahmen seines Aufgabenbereichs". Das FA war deshalb befugt, dem Kläger die über den Rahmen seiner gesetzlichen Befugnis hinausgehende Hilfeleistung in Steuersachen zu untersagen (§7 Abs. 1 StBerG).

2. Im Gegensatz zu der in §3 StBerG geregelten Befugnis zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen, die an die Zulassung zu bestimmten steuerberatenden, rechtsberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufen bzw. an die Anerkennung als eine derartige Gesellschaft gebunden ist, gewährt §4 StBerG -- wie sich schon aus der gesetzlichen Überschrift der Vorschrift ergibt -- nur eine Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen. Die Beschränkung der Steuerberatungsbefugnis für bestimmte Personen und Vereinigungen ergibt sich im einzelnen aus der Aufzählung in den Nummern des §4 StBerG und kommt dort in den Worten "im Rahmen" oder "insoweit" zum Ausdruck. Wie das FG -- im Gegensatz zur Revision -- zutreffend erkannt hat, stellen die Tatbestände des §4 StBerG Ausnahmen von der Grundsatzregelung des StBerG dar, daß zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nur bestimmte, wegen ihrer fachlichen Eignung besonders zugelassene Berufsträger befugt sind (§3 StBerG). Die strengen Zugangsregelungen zum steuerberatenden Beruf stellen einen Eingriff in das Grundrecht der freien Berufswahl dar (Art. 12 Abs. 1 GG), der mit übergeordneten Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt wird. Danach soll zur Wahrung der Steuerrechtspflege, einem wichtigen Gemeinschaftsgut, im Interesse des Steueraufkommens, der Steuermoral sowie zum Schutze gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger sichergestellt werden, daß nur solche Berater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die die dazu erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. Januar 1982 1 BvR 807/80, BStBl II 1982, 281, 286). Bei der Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen gemäß §4 StBerG handelt es sich demgegenüber um eine Privilegierung bestimmter Personen und Vereinigungen, die im Hinblick auf ihre (Haupt-)Tätigkeiten, Berufe, Aufgaben oder Zwecke damit im Zusammenhang stehende Steuerberatungsleistungen im bestimmten Umfang erbringen dürfen, auch wenn sie nicht zu den zur Steuerberatung zugelassenen Berufen und Gesellschaften i.S. des §3 StBerG gehören.

Die Teilerlaubnisträger nach §4 StBerG (mit Ausnahme der Lohnsteuerhilfevereine gemäß §4 Nr. 11 StBerG) bedürfen somit keiner besonderen steuerfachlichen Qualifikation zur Erbringung der ihnen nach dieser Vorschrift erlaubten beschränkten steuerlichen Hilfeleistungen (vgl. Meurers in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez, Steuerberatungsgesetz, §4 Rdnr. 3). Andererseits kann, soweit sie ihre Befugnis aus §4 StBerG herleiten, der Umfang ihrer Beratungsbefugnis nicht dadurch erweitert werden, daß sie bzw. die für sie tätigen Personen zu dem Personenkreis gemäß §3 StBerG gehören oder aus sonstigen Gründen zur Steuerberatung besonders qualifiziert sind (Meurers, a.a.O., §4 Rdnr. 106). Der Kläger kann sich deshalb -- entgegen der Auffassung der Revision -- für die von ihm in Anspruch genommene umfassende Hilfeleistung in Steuersachen nicht darauf berufen, daß er seine Beratungsleistungen durch Steuerberater und diesen unterstellte Steuerfachgehilfen erbringen läßt. Da er selbst die steuerliche Hilfeleistung als "Buchführungs- und Steuerstelle" und nicht etwa in der Form einer anerkannten Steuerberatungsgesellschaft erbringt und auch die von ihm angestellten oder beauftragten Steuerberater nicht in dieser Eigenschaft nach außen in Erscheinung treten, ist der Kläger nur zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen seines Aufgabenbereichs nach §4 Nr. 7 StBerG befugt.

Diese Einschränkung der Steuerberatungsbefugnis ist -- wie oben ausgeführt -- durch den Schutzzweck des StBerG (Erhaltung einer funktionsfähigen Steuerrechtspflege) verfassungsrechtlich gerechtfertigt und dient nicht -- wie die Revision meint -- dem Schutz der steuer- und rechtsberatenden Berufe vor unerwünschter Konkurrenz. Da der Kläger frei von steuerfachlichen Zulassungsvoraussetzungen tätig werden darf, kann er andererseits auch unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit nicht wie ein Steuerberater Inhalt und Umfang seiner steuerberatenden Tätigkeit frei bestimmen. Entgegen der Auffassung der Revision wird die Beschränkung der Steuerberatungsbefugnis durch §4 Nr. 7 StBerG inhaltlich hinreichend bestimmt, so daß auch der Gesetzesvorbehalt, der nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG für die Regelung der Berufsausübung besteht, gewahrt ist. Der Umstand, daß ein Gesetz der Auslegung bedarf, rechtfertigt nicht den Vorwurf mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit. Die Auslegung der Vorschrift durch das FG entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, wobei es auf die von der Revision beanstandete "restriktive" Auslegung nicht ankommt.

3. Berufsvertretungen und auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen dürfen nach §4 Nr. 7 StBerG nur "im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern" Hilfe in Steuersachen leisten. Der Aufgabenbereich bestimmt sich nach den gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Interessen, durch die die Mitglieder der Vereinigung verbunden sind, wobei das gemeinsame Interesse weder ausschließlich noch überwiegend in der Hilfeleistung in Steuersachen bestehen darf. Zwischen diesen Interessen der Mitglieder und der Hilfeleistung in Steuersachen muß ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Die Begrenzung der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen auf die berufsständischen oder ähnlichen Bereiche, die die Grundlage der Vereinigung bilden, gilt auch dann, wenn die Satzung insoweit keine oder abweichende Regelungen vorsieht (vgl. zum vorstehenden Absatz insgesamt: Urteile des erkennenden Senats vom 24. Juli 1973 VII R 58/72, BFHE 110, 7, BStBl II 1973, 743 -- Siedlergemeinschaft --; in BFHE 139, 481, BStBl II 1984, 118 -- Haus- und Grundbesitzerverein --; Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 23. Februar 1979 VI B 160/78, BFHE 127, 136, BStBl II 1979, 341 -- Postgewerkschaft --; Gehre, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl., §4 Rdnr. 14; Meurers, a.a.O., §4 Rdnr. 97 bis 99).

Das FG ist bei seiner Auslegung des §4 Nr. 7 StBerG und der Bestimmung des Umfangs der Steuerberatungsbefugnis des Klägers der vorstehend dargestellten nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum gefolgt. Es hat zu Recht ausgeführt, daß die in der Satzung genannten Aufgaben, auf die sich der Kläger beruft, den Umfang der Beratungsbefugnis nicht ausschließlich oder maßgeblich bestimmen können, da ansonsten die Satzung der jeweiligen berufsständischen Vereinigung die im Gesetz zum Ausdruck gekommene Beschränkung durch extensive Umschreibung des Aufgabenbereichs aushöhlen und zu einer für die Mitglieder unbeschränkten Steuerberatung führen könnte (ähnlich Oberlandesgericht München, Urteil vom 29. September 1983 6 U 4897/82, Deutsches Steuerrecht 1986, 311). Im übrigen erscheint es zweifelhaft, ob die Satzung des Klägers geeignet wäre, eine über die Rechtsauffassung des FA und des FG hinausgehende Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen zu begründen, da sie im wesentlichen auf die Hilfeleistung bei den steuerlichen Buchführungspflichten und die steuerliche Beratung und Interessenvertretung hinsichtlich der berufsspezifischen steuerlichen Probleme der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte als Zweck der Vereinigung abstellt. Unter Berücksichtigung der berufsständisch fachlichen Belange, also der gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Mitglieder der Vereinigung, ist das FG -- wie das FA -- zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß sich die Befugnis des Klägers in sachlicher Hinsicht auf die Hilfeleistung bei den Einkünften aus heilberuflicher Tätigkeit, dem Betriebsvermögen aus dieser Tätigkeit und die betrieblichen Steuern einschließlich der Lohnsteueranmeldung für die von den Ärzten, Tierärzten und Zahnärzten im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit Beschäftigten beschränkt (ebenso: Meurers, a.a.O., §4 Rdnr. 102, und Gehre, a.a.O., §4 Rdnr. 14). Nur hinsichtlich der vorstehend genannten steuerlichen Teilbereiche besteht nämlich ein sachlicher Zusammenhang mit den berufsständischen Interessen, zu deren Wahrung sich die Mitglieder des Klägers verbunden haben, so daß dem Kläger die darüber hinausgehenden Steuerberatungsleistungen untersagt werden durften.

4. Die gegen die vorstehende Gesetzesauslegung von der Revision erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

a) Der Senat vermag mit dem FG nicht zu erkennen, welcher sachliche Bezug zwischen den Einkunftsarten (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, nichtselbständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstigen Einkünften) und den nichtbetrieblichen Steuerarten und den berufsständischen Interessen der Mitglieder des Klägers bestehen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Vermögensbildung aus den Gewinnen/Überschüssen der eigenen Tätigkeit zum Zwecke der Altersversorgung und Absicherung der Familienmitglieder sowie die Wahrnehmung von Möglichkeiten zur Steuervermeidung oder Steuerverringerung keine Eigenart des freien (Heil-)Berufs, sondern betrifft nahezu alle Steuerpflichtigen gleichermaßen. Insoweit unterscheiden sich die Mitglieder des Klägers nicht von anderen Freiberuflern und gutsituierten Steuerpflichtigen. Die Wahrnehmung derartiger, nicht berufsbezogener steuerlicher Interessen fällt nicht in den Aufgabenbereich einer Berufsvertretung.

Die vom Kläger begehrte weite Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen in allen Bereichen, die den durchschnittlichen oder typischen Steuerberatungsbedarf seiner Mitglieder umfassen, ist rechtlich nicht greifbar und nicht nach allgemeinen abstrakten Gesichtspunkten abgrenzbar. Sie würde praktisch zur unbeschränkten Steuerberatungsbefugnis von Berufsvertretungen i.S. des §4 Nr. 7 StBerG führen, die mit dem oben dargestellten Schutzzweck des StBerG nicht vereinbar ist. Ein weiterer berufsgruppenspezifischer Steuerberatungsbedarf, als er von der Finanzverwaltung und dem FG anerkannt und dem Kläger zugebilligt worden ist, läßt sich auch nicht damit begründen, daß eine sachgerechte steuerliche Beratung der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte ohne Einbeziehung der nicht berufsspezifischen Einkunfts- und Steuerarten sowie aller in Betracht kommender Steuerersparnismodelle nicht möglich sei. Ein derartiger "Sachzwang" zur Inanspruchnahme umfassender steuerlicher Hilfeleistung, die sich überwiegend aus der Eigenschaft der Mitglieder der Vereinigung als allgemeine Steuersubjekte und weniger aus ihrer Zugehörigkeit zu den Heilberufen ergäbe, vermag die nach dem Gesetz nur beschränkte Hilfeleistungsbefugnis des Klägers über den Wortlaut und den Zweck des §4 Nr. 7 StBerG hinaus nicht zu erweitern. Ebenso wie die Mitglieder eines Lohnsteuerhilfevereins, die noch andere als die in §4 Nr. 11 Satz 2 StBerG genannten arbeitnehmertypischen Einkünfte beziehen, sich im Veranlagungsverfahren nicht mehr durch den Lohnsteuerhilfeverein beraten lassen dürfen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22. Februar 1989 VII R 20-21/88, BFHE 155, 292, BStBl II 1989, 384), so müssen sich auch die Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte hinsichtlich eines über die beschränkte Hilfeleistungsbefugnis ihrer Berufsvertretung nach §4 Nr. 7 StBerG hinausgehenden Steuerberatungsbedarfs eines Angehörigen der steuer- oder rechtsberatenden Berufe i.S. des §3 StBerG bedienen.

Da nach den vorstehenden Ausführungen die Beratungsbefugnis einer berufsständischen Vereinigung nach §4 Nr. 7 StBerG durch deren Aufgabenbereich begrenzt wird, der sich wiederum nach den gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Interessen seiner "Mitglieder" bestimmt, kann in personeller Hinsicht die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auch auf die Familienangehörigen der Mitglieder der Vereinigung ausgedehnt werden. Das gilt -- entgegen der Auffassung der Revision -- auch für die Fälle der Zusammenveranlagung mit Ehegatten oder Kindern oder des sonstigen Zusammenhangs mit einer (zulässigen) Steuerberatung für den Berufsangehörigen. Die nur auf ihre Mitglieder beschränkte Hilfeleistungsbefugnis der Berufsvertretung erfordert, wenn sich der notwendige einheitliche Beratungsvorgang auch auf Familienangehörige bezieht, die Einschaltung eines Angehörigen der steuer- oder rechtsberatenden Berufe.

b) Die einschränkende Auslegung des Umfangs der steuerlichen Hilfeleistungsbefugnis der Berufsvertretungen und auf ähnlicher Grundlage gebildeten Vereinigungen durch das FG und den erkennenden Senat steht -- entgegen der Auffassung des Klägers -- nicht in Widerspruch zu dem Urteil des BGH in NJW 1988, 2538, 2540. Der BGH hatte in diesem Urteil lediglich zu entscheiden, ob der Kläger als Berufsvertretung die Bezeichnung "Buchführungs- und Steuerstelle" zu führen berechtigt war. Er hat dies bejaht und in diesem Zusammenhang u.a. ausgeführt: "Eine Irreführung des Verkehrs über den Umfang ihrer Tätigkeit ist damit nicht verbunden. Im Rahmen ihres berufsständischen Aufgabenbereichs unterliegt die Beklagte in ihrer steuerberatenden Tätigkeit keinen Einschränkungen. Insoweit ist sie zur Hilfeleistung in Steuersachen unbeschränkt befugt. Auf die Grenzen, die ihr als Berufsvertretung gezogen sind, weist sie durch den Zusatz ,für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte' in nicht zu übersehender Weise hin." Der BGH bestätigt damit die auch hier vertretene Rechtsauffassung, daß die dortige Beklagte (hier der Kläger) lediglich "im Rahmen ihres berufsständischen Aufgabenbereichs" zur -- dann allerdings nur insoweit unbeschränkten -- Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Der Rahmen dieses Aufgabengebiets ist jedoch -- wie oben dargelegt -- sachlich eingeschränkt durch die gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Mitglieder der Vereinigung. Eine über diesen berufsständischen Aufgabenbereich hinausgehende unbeschränkte steuerliche Beratungsbefugnis des Klägers für seine Mitglieder kann somit -- entgegen der Meinung der Revision -- auch aus der Entscheidung des BGH nicht hergeleitet werden.

c) Soweit der Kläger sich unter Hinweis auf die angeblich nahezu uneingeschränkte steuerliche Beratungspraxis der genossenschaftlichen Prüfungs- und Spitzenverbände und genossenschaftlichen Treuhandstellen nach §4 Nr. 6 StBerG beruft (vgl. hierzu im einzelnen Meurers, a.a.O., §4 Rdnr. 75), kann daraus nichts gegen eine Beschränkung der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen für die berufsständischen Vereinigungen nach §4 Nr. 7 StBerG in dem vorstehend dargestellten Sinne hergeleitet werden. Die beiden Vorschriften sind -- abgesehen davon, daß auch §4 Nr. 6 StBerG die Einschränkung "im Rahmen ihres Aufgabenbereichs" enthält und der Senat nicht zu prüfen hat, ob diese Beschränkung der Hilfeleistungsbefugnis bei den genossenschaftlichen Verbänden und Treuhandstellen in der Praxis beachtet wird -- im Hinblick auf den Adressatenkreis der Hilfeleistung in Steuersachen nicht miteinander vergleichbar. Die Einrichtungen nach §4 Nr. 6 StBerG dürfen nur ihren unmittelbaren Verbandsmitgliedern, also den Genossenschaften selbst, nicht aber den Mitgliedern der angeschlossenen Genossenschaften Hilfe in Steuersachen leisten (Gehre, a.a.O., §4 Rdnr. 11; Meurers, a.a.O., §4 Rdnr. 77). Da die zu beratenden Genossenschaften keinen steuerlich relevanten Privatbereich haben, ergibt sich ihnen gegenüber eine eingeschränkte steuerliche Beratung auf den betrieblichen Bereich -- wie sie nach Auffassung des Senats im Falle des §4 Nr. 7 StBerG nur zulässig sein kann -- von selbst.

5. Das FA hat mit der teilweisen Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen, soweit sie durch die vorstehend dargestellte beschränkte Beratungsbefugnis des Klägers nach §4 Nr. 7 StBerG nicht gedeckt ist, entgegen der Auffassung der Revision das ihm nach §7 Abs. 1 StBerG eingeräumte Ermessen nicht verletzt. Wie der erkennende Senat im Urteil in BFHE 139, 481, BStBl II 1984, 118 näher ausgeführt hat, wird durch die in den angegriffenen Verwaltungsakten ausführlich begründete Rechtsentscheidung der Verwaltung, daß der Kläger in der Vergangenheit die Voraussetzungen einer unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen erfüllt hat, die daraus folgende Ermessensentscheidung, ihm für die Zukunft die unerlaubten Steuerberatungsleistungen zu untersagen, schon so vorgeprägt, daß es einer näheren Begründung der Ermessensausübung nur bedurft hätte, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles vorlägen. Ein derartiger Ausnahmetatbestand war -- wie auch das FG angenommen hat -- im Streitfall nicht gegeben.

Mit der Untersagungsverfügung entsprach das FG -- wie oben (vgl. 2.) ausgeführt -- dem Schutzzweck des StBerG (§§2, 3, 4 und §5 Abs. 1, insbesondere Satz 2 StBerG), im Interesse der Steuerrechtspflege den Steuerfiskus und das rechtsuchende Publikum vor unbefugten Steuerberatungsleistungen, die die Gefahr der unsachgemäßen Beratung in sich tragen, zu schützen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Untersagungsverfügung -- wie der Kläger meint -- auch dazu diente, die zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen zugelassenen Berufsträger vor unerwünschter Konkurrenz zu bewahren, und sie deshalb ermessensfehlerhaft ist. Wie ausgeführt (vgl. oben 2.) kann das Vorbringen des Klägers, daß er seine Beratungsleistungen durch Steuerberater und diesen unterstellte Steuerfachgehilfen erbringe und deshalb die Gefahr der unsachgemäßen steuerlichen Beratung nicht bestehe, den Umfang der gemäß §4 Nr. 7 StBerG kraft Gesetzes nur beschränkten Beratungsbefugnis nicht erweitern. Für das FA bestand weder Anlaß noch Verpflichtung, die Qualität der steuerlichen Beratung durch den Kläger und seine Beauftragten im einzelnen zu überprüfen. Es brauchte deshalb dieses Vorbringen des Klägers bei seiner Untersagungsverfügung nicht zu berücksichtigen, ohne daß dadurch die Ermessensentscheidung fehlerhaft wäre.

Zutreffend hat das FG auch erkannt, daß das FA nicht aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben gehindert war, die Untersagung der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen auszusprechen. Auch die langjährige Duldung der umfassenden Steuerberatungsleistungen des Klägers für seine Mitglieder und deren Angehörige durch die Finanzverwaltung hinderte das FA nicht, dem Kläger aufzugeben, seine Beratungsleistungen für die Zukunft auf den gesetzlich zulässigen Umfang zu beschränken. Ein etwaiger Vertrauenstatbestand für den Kläger ist -- unabhängig davon, ob dieser angesichts der klaren Rechtslage nach §4 Nr. 7 StBerG schutzwürdig wäre -- jedenfalls seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr gegeben. Denn seit dieser Zeit ist der Kläger -- wie sich aus der Beschwerdeentscheidung der OFD ergibt -- durch die Finanzverwaltung wiederholt auf die gesetzliche Beschränkung seiner Steuerberatungsbefugnis sowie auf die Möglichkeit hingewiesen worden, diese ggf. durch Gründung einer Steuerberatungsgesellschaft in eine unbeschränkte Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen umzuwandeln. Der Kläger hat auf diese Hinweise aber nicht reagiert. Nach §155 Abs. 4 Sätze 1 und 2 StBerG wäre eine vom Kläger als Berufsvertretung i.S. des §4 Nr. 7 StBerG gegründete Steuerberatungsgesellschaft, die am 16. Juli 1989 anerkannt war, auch dann weiter anerkannt geblieben, wenn sie zur Übernahme der Mandanten (Mitglieder) dieser Vereinigung gegründet worden wäre (vgl. Urteil des Senats vom 17. September 1991 VII R 20/90, BFHE 165, 557, BStBl II 1992, 156, zugleich mit Hinweisen auf die rechtlichen Zweifel des Senats hinsichtlich der Anerkennung von derartigen Steuerberatungsgesellschaften, die erst nach diesem Stichtag gegründet bzw. anerkannt worden sind). Da dem Kläger jedenfalls hinreichend Zeit verblieb, sich auf die angekündigte Beschränkung seiner steuerberatenden Tätigkeit einzustellen, vermag der Senat in der angefochtenen Untersagungsverfügung einen Ermessensfehler nicht zu erkennen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1999, 216

DStRE 1998, 981

HFR 1999, 200

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