Leitsatz (amtlich)

Beim Billigkeitserlaß von erhöhten Währungsausgleichsbeträgen für Waren, die nach einer DM-Aufwertung aufgrund von Altverträgen eingeführt worden sind, sind nur solche Belastungen des Antragstellers zu berücksichtigen, die Folge der in Frage stehenden Einfuhrgeschäfte waren.

 

Normenkette

EWGV 1608/74 Art. 2 Abs. 2 Buchst. b

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte vom 6.Juli 1973 bis 24.Juni 1974 Mais und vom 20.Oktober bis 31.Dezember 1976 Getreide ein und ließ die Waren zum freien Verkehr abfertigen. Die Abfertigungszollstellen erhoben Währungsausgleichsbeträge. Mit Schreiben vom 16.Juli 1974 bzw. 25.Oktober 1976 beantragte die Klägerin die Erstattung des aufgrund der DM-Aufwertungen vom 29.Juni 1973 bzw. 18.Oktober 1976 erhöhten Teils der von ihr entrichteten Währungsausgleichsbeträge aus Billigkeitsgründen nach der Verordnung (EWG) Nr.1608/74 (VO Nr.1608/74) der Kommission über Sonderbestimmungen für die Währungsausgleichsbeträge vom 26.Juni 1974 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 170/38 vom 27.Juni 1974, Bundeszollblatt --BZBl-- 1974, 786). Nach Durchführung von Betriebsprüfungen lehnten die Beklagten und Revisionsbeklagten (die beteiligten Hauptzollämter --HZÄ--) mit Bescheiden vom 31.Januar 1978 bzw. 8.Juli 1977 die Anträge im wesentlichen mit der Begründung ab, die Klägerin habe zumindest rechnerisch als Folge der DM-Aufwertungen einen Devisengewinn erzielt.

Nach erfolglosen Beschwerden erhob die Klägerin Klagen mit den Anträgen, die angefochtenen Bescheide und die Beschwerdeentscheidungen aufzuheben und die HZÄ zu verpflichten, ihr die auf die streitigen Einfuhren entfallenden erhöhten Teile der Währungsausgleichsbeträge zu erstatten. Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind nicht begründet.

Der rechtliche Ausgangspunkt des FG ist zutreffend. Der Klägerin stand der von ihr geltend gemachte Rechtsanspruch auf Erlaß oder Erstattung des Teils der Währungsausgleichsbeträge, der auf die DM-Aufwertungen vom 29.Juni 1973 bzw. vom 18.Oktober 1976 zurückgeht, nur zu, wenn auch die Voraussetzungen des Buchst.b des Art.2 Abs.2 VO Nr.1608/74 erfüllt waren. Das hat das FG jedoch zu Recht verneint.

Die HZÄ durften eine Billigkeitsmaßnahme i.S. von Art.1 VO Nr.1608/74 nur gewähren, falls die Klägerin nachgewiesen hatte, daß die ungekürzte Erhebung der Währungsausgleichsbeträge für sie zu einer übermäßigen zusätzlichen Belastung führen würde (Art.2 Abs.2 Buchst.b VO Nr.1608/74). Eine solche zusätzliche Belastung liegt aber, wie das FG ohne Rechtsirrtum entschieden hat, deswegen nicht vor, weil die Klägerin für die in Frage stehenden Verkäufe in der Bundesrepublik aufgrund der auf DM lautenden Altkontrakte jeweils ungekürzt aufgewertete DM erhielt. Das bedeutete für sie, die in den Niederlanden ansässig ist, grundsätzlich einen Vorteil, da die Währungsmaßnahmen vom 29.Juni 1973 bzw. 18.Oktober 1976 zwar die DM aufwerteten, den Leitkurs des holländischen Gulden aber nicht betrafen. Dem Nachteil der Erhöhung der Währungsausgleichsbeträge stand also der Vorteil der Erhöhung des Leitkurses der DM im Vergleich mit den Leitkursen der anderen Währungen gegenüber.

Die Klägerin beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf die Entwicklung des Gulden-Kurses, wonach die DM gegenüber dem Gulden in den Einfuhrmonaten zum Teil niedriger, jedenfalls kaum höher notiert habe als vor den Währungsereignissen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 24.November 1981 VII R 58/79 (BFHE 134, 492, 495) entschieden hat, können der Erhebung des erhöhten Satzes des Währungsausgleichsbetrags keine Billigkeitsgründe entgegengesetzt werden, wenn der Einführer nach der Aufwertung deswegen nicht in den Genuß der Aufwertung durch einen günstigeren Umtauschsatz für die Fremdwährung (dort der belgische Franc, hier der niederländische Gulden) gelangte, weil sich der Umtauschsatz dieser Fremdwährung gegenläufig entwickelte. Die Guldenkurse, auf die sich die Klägerin beruft, gehen nicht auf die Währungsmaßnahmen zurück, sondern darauf, daß sich der Gulden im Rahmen der zulässigen Bandbreite auf einem höheren Niveau einpendelte als vor der Währungsmaßnahme. Solche Auswirkungen im Rahmen der Bandbreite können stets eintreten, ohne daß sich daraus Konsequenzen für die Festsetzung und Erhebung von Währungsausgleichsbeträgen ergäben. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, sich mit den entsprechenden Mitteln gegen das Risiko solcher voraussehbaren Wechselkursschwankungen zu sichern oder das Risiko hinzunehmen. Die VO Nr.1608/74 kann nicht dahin ausgelegt werden, daß einem Importeur dieses Risiko ausnahmsweise abgenommen werden sollte, wenn die Neuorientierung einer Verbundwährung mit einer Auf- oder Abwertung einer anderen Verbundwährung durch Veränderung ihrer Austauschrelation im Rahmen der Bandbreite einhergeht.

Das FG ist auch zu Recht der Argumentation der Klägerin nicht gefolgt, daß in Anbetracht der Gesamtkalkulation bei ihrer Geschäftstätigkeit für sie die Erhebung des erhöhten Währungsausgleichsbetrags eine übermäßige Belastung bedeute. Die Frage, ob eine solche Belastung gegeben ist, kann nur aufgrund der Umstände entschieden werden, die unmittelbar und konkret mit dem in Frage stehenden Einfuhrgeschäft zusammenhängen. Sinn einer Billigkeitsmaßnahme nach der VO Nr.1608/74 ist allein, Belastungen eines Antragstellers ausgleichen zu helfen, die Folge der konkreten, den in Frage stehenden Einfuhren zugrunde liegenden Geschäften waren. Es müssen also sowohl Belastungen als auch Vorteile unberücksichtigt bleiben, die sich aus der Währungsmaßnahme für einen Antragsteller aufgrund seiner sonstigen Geschäftstätigkeit ergeben haben, was sich sowohl zugunsten als auch zu Lasten des jeweiligen Antragstellers auswirken kann. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß andernfalls die Antragsteller je nach der Art der von ihnen neben der konkret betroffenen Einfuhr betriebenen Geschäfte in ungerechter Weise ungleich behandelt würden.

Das FG hat daher zutreffend den Devisentermingeschäften, auf die die Klägerin verwiesen hat, keine Bedeutung beigemessen. Diese Geschäfte müssen hier außer Betracht bleiben, weil sie mit den fraglichen Einfuhrgeschäften in keinem direkten Zusammenhang standen. Sie sind nicht von der Klägerin abgeschlossen worden, sondern von ihrer schweizerischen Tochtergesellschaft, und zwar nicht speziell für die in Frage stehenden Einfuhren, sondern rahmenartig für den gesamten Konzern. Das Volumen dieser Devisentermingeschäfte deckte sich auch betragsmäßig nicht mit den DM-Erlösen der Klägerin. Die Einbringung eines Teils der DM- Erträge in die Devisentermingeschäfte der Tochtergesellschaft mit der Folge, daß insoweit der geschilderte Währungsvorteil neutralisiert wurde, stand somit nicht in unmittelbarer Beziehung zu den genannten Einfuhrgeschäften. Die daraus entstandenen wirtschaftlichen Folgen können also im Rahmen der Regelung des Art.2 Abs.2 Buchst.b VO Nr.1608/74 nicht berücksichtigt werden.

Gleiches gilt für das Argument der Klägerin, sie habe dadurch Währungsnachteile erlitten, daß sie vor der DM-Aufwertung Einkaufskontrakte in DM abgeschlossen habe, die sie danach habe erfüllen müssen und mit Hilfe der Erlöse aus den genannten Getreideverkäufen erfüllt habe. Auch hier fehlt, wie das FG richtig ausgeführt hat, die unmittelbare Beziehung zu den Getreidegeschäften. Mit ihren DM-Einkaufskontrakten hat die Klägerin zusätzliche, von den Getreideverkäufen in der Bundesrepublik unabhängige Geschäfte getätigt, die währungsmäßig ein eigenes und zusätzliches Risiko zur Folge hatten. Die durch den Eintritt dieses Risikos entstandenen Nachteile können jedenfalls nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme nach der VO Nr.1608/74 ausgeglichen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60673

BFHE 144, 294

BFHE 1986, 294

HFR 1986, 25-25 (ST)

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