Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablauf der Festsetzungsfrist erfaßt auch Vorbehaltsbescheide

 

Leitsatz (NV)

Nach § 169 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt gemäß § 164 Abs. 4 AO 1977 auch dann, wenn die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist. Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 vier Jahre.

 

Normenkette

AO 1977 § 164 Abs. 4, § 169 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Das Verfahren betraf ursprünglich Umsatzsteuer 1983 und 1984. Der Senat hat mit Beschluß vom heutigen Tag das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1984 abgetrennt.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begehrte, die Umsatzsteuerfestsetzung 1983 dahin zu ändern, daß eine Eigenverbrauchsbesteuerung für die von seinem Unternehmertelefon geführten Privatgespräche nicht vorgenommen wird. Das Finanzamt -- FA -- lehnte dies durch Bescheid vom 16. Februar 1990 und die Einspruchsentscheidung vom 21. März 1990 ab. In der Einspruchsentscheidung führte das FA u. a. aus, eine Änderung für 1983 sei aufgrund der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht möglich. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam sei, könne die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -- AO 1977 --). Der Vorbehalt entfalle, wenn die Festsetzungsfrist ablaufe (§ 164 Abs. 4 AO 1977). Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 betrage diese vier Jahre. Sie beginne nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht worden sei. Die Umsatzsteuererklärung 1983 sei beim FA am 9. Juli 1984 eingegangen. Somit sei die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1988 eingetreten.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und das FA unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte verpflichtet, die Umsatzsteuer für 1983 auf 11 506,11 DM festzusetzen.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der es Festsetzungsverjährung geltend macht.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Rechtsfehlerhaft hat das FG das FA zur Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1983 verpflichtet, ohne den Ablauf der Festsetzungsfrist zu beachten.

Nach § 169 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt nach § 164 Abs. 4 AO 1977 auch dann, wenn -- wie vorliegend -- die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist. Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 vier Jahre (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 16. Oktober 1986 V B 64/86, BFHE 148, 10, BStBl II 1987, 95). Sie begann im Streitfall nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 i. V. m. § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1980 mit Ablauf des Jahres 1984; denn der Kläger hatte die Umsatzsteuererklärung 1983 am 9. Juli 1984 beim FA eingereicht. Die Festsetzungsfrist endete mit Ablauf des Jahres 1988. Der Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung ging am 29. Dezember 1989 beim FA ein. Da zu diesem Zeitpunkt die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten war, durfte der Umsatzsteuerbescheid 1983 nicht mehr geändert werden. Die darauf gerichtete Klage war abzuweisen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 83

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