Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Teilwertabschreibung des Mieters an den Kosten für Baumaßnahmen, die er im Interesse des Vermieters am gemieteten Gebäude durchgeführt hat, ist zulässig, wenn der Mietvertrag geändert und eine Verrechnung der Aufwendungen des Mieters auf die Miete dabei ausgeschlossen wird.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1957, ob der Revisionskläger (Steuerpflichtiger - Stpfl. -) in seiner Bilanz vom 31. Dezember 1957 eine Abschreibung in Höhe von 6 918,10 DM auf Herstellungskosten für Bauten auf fremdem Grund und Boden vornehmen kann.

Der Stpfl. mietete in den Verträgen vom 17. April und 10. Mai 1952 vom Deutschen Reich (Britische Zone), vertreten durch den Oberfinanzpräsidenten, das erste Stockwerk eines Gebäudes zum Betrieb eines Lichtspieltheaters wie zum Gebrauch als Prüffeld, Lager und Büro. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und konnte von beiden Vertragsparteien zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der Mietzins von jährlich 4 200 DM wurde nach der Benutzbarkeit des Grundstücks bei Vertragsbeginn festgesetzt. Nach § 8 des Mietvertrages war der Stpfl. zur ersten baulichen Herrichtung des teilweise erheblich kriegsbeschädigten Mietobjekts verpflichtet. Er hatte hierfür die Kosten zu tragen, hatte aber nach § 10 des Mietvertrages einen Erstattungsanspruch gegen den Vermieter nach dem Bauindex von 1936. Nach Vornahme in diesem Sinne erstattungsfähiger Baumaßnahmen war die Miete nach § 3 Abs. 2 des Mietvertrages vom nächsten Zahlungstermin ab nach dem neu geschaffenen Zustand zu berechnen.

Der Stpfl. wendete für die erste bauliche Herrichtung des Mietgegenstandes im Jahre 1952 einen Betrag von 19 843,79 DM auf und bilanzierte ihn in der Bilanz zum 31. Dezember 1952. Hierauf wurde im Einvernehmen mit dem Finanzamt (FA) in den folgenden Jahren eine Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 15 v. H., bemessen nach einer voraussichtlichen Dauer des Mietverhältnisses von sieben Jahren, vorgenommen. Nach Abzug eines wegen durchgeführter Baumaßnahmen erstatteten Betrages von 401,35 DM durch den Vermieter stand der Aktivposten zum 31. Dezember 1956 noch mit 6 918,10 DM zu Buche. Die Abschreibung dieses Betrages auf 0 DM, um die der Streit geht, begründete der Stpfl. im wesentlichen damit, daß mit Wirkung ab 1. April 1957 die Miete den ortsüblichen Sätzen angepaßt und auf 5 359,20 DM erhöht worden sei, wobei seine Aufwendungen bei dieser Mieterhöhung nicht berücksichtigt worden seien. Die von ihm aufgewendeten Herrichtungskosten hätten daher für ihn zum 31. Dezember 1957 ihren Wert verloren. Einen Erstattungsanspruch habe er nach dem neuen Mietvertrag, der ab 1. April 1957 in Kraft getreten sei, nicht gehabt. Auch habe bereits seit 1955 die Absicht bestanden, das Grundstück zu verkaufen. Er sei von Anfang an Bewerber gewesen und habe das Grundstück dann auch im Jahre 1960 gekauft, wobei er jedoch im Kaufpreis seine eigenen Aufwendungen für die Herrichtung des Grundstücks, die vor allen Dingen in der Beseitigung von Bombenschäden, Errichtung der Südwand, Instandsetzung von Fenstern, Türen und Treppen sowie Fußböden bestanden hätten, habe bezahlen müssen. Aus all diesen Gründen habe das Wirtschaftsgut "Aufwendungen am fremden Gebäude" am 31. Dezember 1957 für ihn keinen Wert mehr gehabt.

Die Vorinstanzen sind dem Stpfl. nicht gefolgt. Das Finanzgericht (FG) führt zur Ablehnung des Begehrens des Stpfl. im wesentlichen aus: Der Aktivposten sei Ende 1957 nicht wertlos gewesen. Der Mietvertrag des Jahres 1952 habe am Bilanzstichtag noch im vollen Umfang bestanden. Zwar habe der Stpfl. den neuen Mietvertrag bereits am 26. November 1957 unterzeichnet. Die Unterzeichnung durch die Bundesvermögensstelle sei aber erst am 13. Januar 1958 und die vorbehaltene Genehmigung der Oberfinanzdirektion (OFD) sogar erst am 3. Februar 1958 erfolgt. Da hiernach der zweite Mietvertrag erst Anfang 1958 in Kraft getreten sei, könnten Schlüsse aus ihm auf den 31. Dezember 1957 nicht gezogen werden. Jedenfalls habe am 31. Dezember 1957 noch nicht festgestanden, daß der Mietvertrag zustande kommen und daß § 10 des ersten Mietvertrages, der eine Erstattung der Aufwendungen des Stpfl. vorsehe, im zweiten Vertrag nicht mehr enthalten sein würde. Im übrigen habe der zweite Mietvertrag den ersten Vertrag des Jahres 1952 nicht aufgehoben, sondern nur abgeändert. Die Mieterhöhung sei nach dem Geschäftsraummietengesetz notwendig geworden und habe mit den Aufwendungen des Stpfl. in keinem ursächlichen Zusammenhang gestanden. Das ergebe sich aus dem Schreiben der Bundesvermögensstelle vom 15. März 1957 an den Stpfl. Erst der im Jahre 1958 in Kraft getretene Mietvertrag habe ergeben, daß die Aufwendungen des Stpfl. nicht mit der Miethöhe verbunden und ihm nicht mehr erstattet werden sollten. Es habe auch eine vorherige Kündigung am 13. November 1953 nicht stattgefunden. Laut Schreiben der Bundesvermögensstelle vom 24. Juli 1958 an das FA sei dem Stpfl. lediglich am 13. November 1953 schon bekanntgegeben worden, daß eine Mietangleichung nach dem Geschäftsraummietengesetz erfolgen müsse. Es sei also eine Fortsetzung des Mietvertrages beabsichtigt gewesen. Auch die im Jahre 1956 eingeleiteten Kaufverhandlungen über das Gebäude berechtigten den Stpfl. nicht zu der begehrten Abschreibung, zumal er in seiner Bilanz zum 31. Dezember 1956 selbst an dem Abschreibungssatz von 15 v. H. festgehalten habe. Das gleiche gelte von dem späteren Termin des Zustandekommens des Kaufes mit dem Stpfl., der nach dem 31. Dezember 1957 liege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Stpfl., die nach Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

Dem FG ist darin zu folgen, daß weder der Abschluß des neuen Mietvertrages noch die bereits 1956 eingeleiteten Kaufverhandlungen über das Mietobjekt zu der begehrten Abschreibung der aktivierten Herrichtungskosten berechtigten, weil der Stpfl. auf Grund des neuen Mietvertrages weiterhin im Genuß der Nutzung seiner Aufwendungen hätte bleiben können und weil die Kaufverhandlungen tatsächlich bis zum Bilanzstichtag nicht zum Abschluß kamen.

Dem FG kann aber darin nicht gefolgt werden, daß der zweite Mietvertrag nicht schon Auswirkungen auf die Bewertung am 31. Dezember 1957 hätte haben können. Er war 1957 vom Stpfl. bereits unterzeichnet; die Unterzeichnung durch den anderen Vertragsteil und seine Genehmigung durch die OFD waren nur eine Frage der Zeit. Der Abschluß war mit Sicherheit vorauszusehen. Der Stpfl. konnte zumindest nachteilige Folgen, die sich aus dem Abschluß des neuen Mietvertrages für ihn ergeben würden, in seiner Bilanz zum 31. Dezember 1957 berücksichtigen.

Unter diesen Umständen kommt es darauf an, ob die Mieterhöhung des zweiten Mietvertrages, wenn auch auf Grund des Geschäftsraummietengesetzes durchgeführt, dazu führte, daß der Stpfl., wie er behauptet, für die aktivierten Wertverbesserungen Miete zahlen mußte, ohne daß ihm ein Anspruch auf Erstattung gegen den Vermieter zustand. Wäre das der Fall, so müßte dem Stpfl. die Abschreibung des Betrages zum 31. Dezember 1957 zugebilligt werden. Denn kein Rechtsnachfolger in sein Unternehmen, der ihm seinen Betrieb abkaufen und in den bestehenden Mietvertrag eintreten würde, würde ihm unter diesen Umständen für die von ihm aufgewendeten Herrichtungskosten etwas bezahlen. Man kann auch davon sprechen, daß sich die übernahme der Herrichtungskosten durch den Abschluß des zweiten Mietvertrages unter den vom Stpfl. dargestellten Bedingungen nachträglich als eine Fehlmaßnahme darstellte. Durch Abschluß des neuen Mietvertrages würde, wenn die Darstellung des Stpfl. zutrifft, die von ihm durchgeführte und aktivierte Herrichtung des gemieteten Bauwerkes unentgeltlich auf den Vermieter übergegangen sein. Er nutzt von da ab nicht mehr eigene, sondern fremde Aufwendungen. Das muß dazu führen, die von ihm durchgeführten Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt des Eintritts eines Verlustes abzuschreiben.

Das FG hat sich, da es von anderen rechtlichen überlegungen hinsichtlich der zeitlichen Auswirkung des zweiten Mietvertrages ausging, mit dem entscheidungserheblichen tatsächlichen Vorbringen des Stpfl., das dieser in seiner Revisionsbegründung wiederholt, nicht auseinandergesetzt. Unter diesem sachlichen Gesichtspunkt ist auch noch zu prüfen, ob es sich bei dem Betrag in vollem Umfang um Wertverbesserungen des Gebäudes oder auch um Aufwendungen handelte, die lediglich dem Betrieb des Stpfl. zugute kamen, so daß eine Vermutung dafür spricht, daß diese bei der neuen Mietfestsetzung nicht als Mietobjekt mitberücksichtigt wurden. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter den dargestellten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412227

BStBl III 1966, 670

BFHE 1967, 2

BFHE 87, 2

BB 1966, 111

DStR 1967, 61

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