Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Darf bei getrennter Veranlagung gemäß § 26 Abs. 2 Ziff. 2 EStG 1957 der im bisherigen Steuerbescheid festgesetzte Steuerbetrag nach Satz 3 dieser Vorschrift nicht unterschritten werden, so ist der Unterschiedsbetrag zwischen der bisherigen Steuer und der Summe der sich auf Grund der getrennten Veranlagung ergebenden beiden Steuerbeträge im Verhältnis dieser beiden Steuerbeträge auf die Ehegatten aufzuteilen.

 

Normenkette

EStG § 26 Abs. 2 Ziff. 2 S. 3; AO § 222 Abs. 1 Nr. 1, § 218 Abs. 4

 

Tatbestand

Die beschwerdeführenden Eheleute sind als Gesellschafter an einer aus drei Gesellschaftern bzw. Gesellschafterinnen bestehenden KG beteiligt. Sie sind für 1954 durch einen im Januar 1956 unanfechtbar gewordenen Einkommensteuerbescheid nach einem Gewinn aus der KG von insgesamt 171.114 DM gemäß § 26 EStG alter Fassung zu einer Einkommensteuer von 72.458 DM (nach Abzug von 57 DM Kapitalertragsteuer verbleibende Einkommensteuer von 72.401 DM) zusammen veranlagt worden. Nach Berichtigung der die KG betreffenden Gewinnfeststellung gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO wurde die ursprüngliche Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer 1954 unter Beibehaltung der Zusammenveranlagung auf der Grundlage eines Gewinns aus der KG von insgesamt 171.653 DM im Verfahren nach § 218 Abs. 4 AO durch Bescheid vom 8. Mai 1957 geändert und nunmehr eine Einkommensteuer von 72.808 DM (./. 57 DM Kapitalertragsteuer = 72.751 DM) veranlagt.

Auf ihre Einsprüche wurden die Bf. auf Grund der inzwischen in Kraft getretenen Vorschrift des § 26 Abs. 2 Ziff. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 und insbesondere Satz 3 EStG 1957 getrennt veranlagt. Da hiernach bei dem gegebenen Sachverhalt die getrennte Veranlagung nicht zu einer Unterschreitung des ursprünglich unanfechtbar festgesetzten Steuerbetrages von 72.458 DM führen darf, sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß dieser Betrag auf die Bf. zu verteilen ist.

Die Vorinstanzen haben damit die Vorschrift des § 26 EStG 1957 als solche zutreffend ausgelegt und angewendet. Die Bf. bestreiten das auch nicht. Ihre Rbn. wenden sich vielmehr gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung, insbesondere gegen die in ihr vorgesehene begrenzte steuerliche Auswirkung der getrennten Veranlagung.

 

Entscheidungsgründe

Die Rbn. sind unbegründet.

Sie wenden sich dagegen, daß der Gesetzgeber an der Rechtskraft der ursprünglichen Steuerfestsetzung des im Januar 1956 unanfechtbar gewordenen Steuerbescheids festhält und nach § 26 Abs. 2 Ziffern 2 und 3 EStG 1957 bei einem Sachverhalt, wie er hier gegeben ist, die Unterschreitung dieser Steuer verbietet. Damit wenden sie sich im Ergebnis gegen die Rechtsgültigkeit der in Abs. 5 des § 26 EStG 1957 vom Gesetzgeber getroffenen Regelung, nach der die Berichtigung vor dem 21. Februar 1957 rechtskräftig gewordener Steuerbescheide nicht mit der Begründung verlangt werden kann, daß § 26 EStG in den vor dem 21. Februar 1957 angewendeten Fassungen nichtig sei. Die Rechtsgültigkeit dieser Bestimmung hat aber der erkennende Senat in seiner Entscheidung IV 66/59 U vom 12. Mai 1959 (BStBl 1959 III S. 290, Slg. Bd. 69 S. 75), an der er festhält, bejaht. Auf diese Entscheidung sowie auf die in ihr zitierte Rechtsprechung wird Bezug genommen.

Die Rbn. sind daher als unbegründet zurückzuweisen, allerdings mit folgender Massgabe:

Nach Einlegung der Rbn. ist die die KG betreffende Gewinnfeststellung auf Grund einer im Oktober / November 1959 durchgeführten Betriebsprüfung abermals gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO berichtigt worden. Die Gewinnanteile der Bf. erhöhten sich und betragen nunmehr:

Bf. ---------------------------- 120.518 DM Bfin. -------------------------- 55.353 DM.Mit Rücksicht hierauf sowie aus dem unten angeführten Grunde ist eine anderweitige Verteilung des Steuerbetrages von 72.458 DM auf die Bf. erforderlich, und zwar in folgender Weise:

----------------------------------- Bf. ----- Bfin. Einkommensteuer bei getrennter Veranlagung --------------------- 40.883 DM 22.453 DM Der streitige Unterschiedsbetrag beträgt demnach jetzt: Bisherige Einkommensteuer ---------------------------- 72.458 DM ./. Einkommensteuer des Bf. wie oben ------------------------ 40.883 DM ./. Einkommensteuer der Bfin. wie oben ------------------------ 22.453 DM 63.336 DM Unterschiedsbetrag -------------------------- 9.122 DM.Die Vorinstanzen haben der Verteilung des streitigen Unterschiedsbetrages zwischen der Summe der bei getrennter Veranlagung sich ergebenden Steuerbeträge und der bisherigen, auf Grund der Zusammenveranlagung festgesetzten Steuer auf beide Ehegatten das Verhältnis der Einkommensbeträge zugrunde gelegt. Eine solche Aufteilung entspricht nicht der Tarifgestaltung des EStG, da sie insoweit zu einer proportionalen Besteuerung führt, während der Gesetzgeber eine progressive Besteuerung vorgeschrieben hat. Bei der von den Vorinstanzen angewandten Methode, würden die Einkommen beider Ehegatten hinsichtlich des Unterschiedsbetrages von 9.122 DM mit dem gleichen Prozentsatz besteuert werden. Das widerspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers.

Der streitige Unterschiedsbetrag ist deshalb nach dem Verhältnis der sich bei getrennter Veranlagung ergebenden Steuerbeträge aufzuteilen:

----------------------- 9.122 x 40.883 Auf den Bf. entfallen: --------------- = 5.888 DM, -------------------------- 63.336 ----------------------- 9.122 x 22.453 auf die Bfin. entfallen: ------------- = 3.234 DM. -------------------------- 63.336 Demnach ergeben sich für die Bf. folgende Steuerbeträge: ------------------------------ Bf. ------- Bfin. Einkommensteuerschuld bei getrennter Veranlagung wie oben ---------- 40.883 DM 22.453 DM + anteiliger Unterschiedsbetrag gemäß § 26 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 3 EStG 1957 -------------- 5.888 DM - 3.234 DM Einkommensteuerschuld 1954 --- 46.771 DM 25.687 DM ./. Kapitalertragsteuer ---------- 29 DM ---- 28 DM verbleibende Einkommensteuerschuld --------- 46.742 DM 25.659 DM.Demgemäß sind die Rbn. mit der Maßgabe als unbegründet zurückzuweisen, daß die auf die Ehegatten entfallenden Steuerschulden wie vorstehend festgesetzt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410177

BStBl III 1961, 550

BFHE 1962, 781

BFHE 73, 781

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