Leitsatz (amtlich)

Die Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Strukturgesetzes tritt nicht ein, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb als solcher erworben wird; dies gilt auch dann, wenn der Erwerber im Zusammenhang damit innerhalb eines Jahres den gesamten, ihm vor dem Erwerb gehörenden, aus Stückländereien bestehenden landwirtschaftlich genutzten Grund und Boden veräußert.

Niedersächsisches Gesetz über Befreiung von der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der Struktur land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 25. März

 

Normenkette

GrEAgrarGND 1/1/1; GrEAgrarGND 1/1/4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erwerb eines geschlossenen Hofes nach Verkauf von Stückländereien gemäß § 1 Abs. 1 des niedersächsischen Gesetzes über Befreiungen von der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der Struktur land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 25. März 1959 - Strukturgesetz - (Niedersächsisches GVBl 1959 S. 57, BStBl 1959 II S. 50) zur Freistellung von der Grunderwerbsteuer führen kann.

Der Bf. ist unstreitig Landwirt. Er war vor dem hier streitigen Erwerb Eigentümer von rund 8 ha zerstreut gelegener Stückländereien. Er verkaufte diese Grundstücke an mehrere Erwerber. Durch notariellen Vertrag vom 20. Dezember 1958, der am 15. Januar 1959 behördlich genehmigt wurde, erwarb der Bf. einen rund 50 km von seinem bisherigen Grundbesitz entfernt liegenden 11,4446 ha großen Hof mit aufstehenden Gebäuden zum Preise von ... DM.

Nachdem das Finanzamt den Bf. für den vorerwähnten Grundstückserwerb zur Grunderwerbsteuer herangezogen hatte, beantragte der Bf. im Wege des Einspruchs erfolglos, von der Grunderwerbsteuer freigestellt zu werden, da er durch den Grundstückserwerb im Zusammenhang mit dem Verkauf der Stückländereien einen förderungswürdigen Beitrag zur Agrarstrukturverbesserung im Sinne des Strukturgesetzes geleistet habe.

In der Einspruchsentscheidung stellte sich das Finanzamt auf den Standpunkt, daß dem Bf. Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Strukturgesetzes nicht gewährt werden könne, da der Bf. weder einen Hofplatz mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden eines ausgesiedelten Betriebes noch ein Grundstück in einem Flurbereinigungsverfahren erworben habe. Da somit die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht vorlägen, sei das Finanzamt nicht verpflichtet, eine Zweckdienlichkeitsbescheinigung des Kulturamtes anzufordern.

Die Berufung führte, nachdem das Finanzamt den Erwerb daraufhin überprüft hatte, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Strukturgesetzes erfüllt sind, ebenfalls nicht zum Erfolg. Das Finanzgericht gab der Berufung deshalb nicht statt, weil es der Ansicht war, durch den Erwerb habe der bisherige Betrieb des Bf. nicht verbessert werden können.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die trotz Erinnerung durch den Senat nicht begründet worden ist, kann keinen Erfolg haben.

Den Ausführungen des Bf. im Schriftsatz vom 10. Oktober 1959 und seiner Berufungsbegründung ist zu entnehmen, daß er glaubt, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Strukturgesetzes durch den Verkauf des zersplitterten Grundbesitzes an Landwirte, die damit ihre Betriebe aufstockten, erfüllen zu können. Zu Recht hat das Finanzgericht diese Meinung als mit dem Gesetz unvereinbar angesehen. Nach Buchst. a der erwähnten Befreiungsvorschrift kann ein Grundstückserwerb nur dann auf Antrag von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen werden, wenn durch den Erwerb unter anderem die Agrarstruktur unmittelbar verbessert wird. Eine derartige Verbesserung setzt voraus, daß der Grundbesitz eines Landwirtes eine flächenmäßige Veränderung erfährt. Durch den bloßen Wechsel des Eigentümers eines Hofes kann die vom Gesetzgeber beabsichtigte Agrarstrukturverbesserung nicht erreicht werden.

Daß der Wechsel in der Person des Eigentümers eines Hofes nicht genügt, um die Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu erfüllen, folgt auch aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Strukturgesetzes. Wenn dort verlangt wird, daß der Erwerber im Zusammenhang mit dem Grunderwerb ein betriebswirtschaftlich ungünstiges Grundstück veräußert, so setzt dies voraus, daß er zur Zeit des Erwerbs Eigentümer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit einem ungünstig gelegenen Grundstück ist, dessen Verkauf in Verbindung mit dem Erwerb die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Betrieb verbessert. Der Bf. hat diesen Betrieb, auf den es nach dem Gesetz allein ankommen kann, durch den Verkauf nicht nur eines oder mehrerer, sondern aller Grundstücke, deren Eigentümer er früher war, aufgegeben, nicht aber seine betriebswirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Betrieb verbessert.

Da der Grunderwerb mangels einer flächenmäßigen Veränderung die Agrarstruktur nicht beeinflussen konnte und damit eine der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung fehlt, haben die Vorinstanzen zu Recht davon abgesehen, von dem zuständigen Kulturamt eine Stellungnahme dazu einzuholen, ob der Erwerb den im Gesetz bezeichneten Zwecken dienlich ist.

Entgegen der Auffassung des Bf. ist es nach dem Strukturgesetz ohne Bedeutung, ob er durch den Verkauf von Grund und Boden an Land- oder Forstwirte zur Aufstockung von deren land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben anderwärts mittelbar zur Agrarstrukturverbesserung beigetragen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410868

BStBl III 1963, 461

BFHE 1964, 384

BFHE 77, 384

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