Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Siedler wird grundsätzlich nicht vor Abschluß des Träger-Siedler-Vertrages wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstückes.

 

Normenkette

StAnpG § 11 Ziff. 4

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat durch Kaufvertrag vom 1. November 1954 ein unbebautes Grundstück erworben. Auflassung erfolgte am 24. Februar 1955, Eintragung im Grundbuch am 18. Mai 1955. Am 12. Oktober 1954 bewilligte die Landestreuhandstelle für Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen der Bfin. zur Finanzierung einer Kleinsiedlung ein Landesdarlehen in Höhe von 10.050 DM. Im Juli 1955 wurde vom Kreisbauamt die Genehmigung zur Errichtung einer Kleinsiedlung erteilt. Am 14. September 1955 schloß die Bfin. mit dem Siedler Kr. einen sogenannten Träger-Siedler-Vertrag ab. Nach § 1 des Vertrages räumt der Träger (Bfin.) dem Siedler eine Anwartschaft auf übertragung der Kleinsiedlung ein. Der Siedler ist verpflichtet, bei den von ihm zu leistenden Arbeiten für die Erstellung der Siedlung den Anweisungen des Trägers zu folgen (ß 2). Mit der übergabe der Siedlung kommt ein Mietverhältnis zustande. Der monatliche Mietpreis beträgt auf Grund der Wirtschaftlichkeitsberechnung 74, 34 DM (§§ 3, 4). Nach § 12 des Vertrages besteht außer der Möglichkeit fristloser Kündigung des Mietverhältnisses gemäß den §§ 553 und 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die Bfin. die Möglichkeit, aus wichtigem Grunde zu kündigen. Ein solcher liegt vor allem dann vor, wenn die Siedler ihren Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachkommen, wenn sich die Angaben der Siedler über ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse als unrichtig herausstellen, wenn die Siedler durch ihr Verhalten den Gemeinschaftsgeist der Siedlung stören oder sich als ungeeignet oder unwürdig erweisen, oder wenn sonst Umstände eintreten oder bekannt werden, die ihrer Zulassung als Kleinsiedler entgegenstehen. Das Siedlungshaus ist am 1. November 1955 bezugsfertig geworden. Durch Kaufvertrag vom 27. November 1956 ist das Siedlungshaus an den Siedler Kr. verkauft worden. Auflassung erfolgte am gleichen Tage, Eintragung des Erwerbers im Grundbuch am 25. März 1957.

Das Finanzamt hat auf den 1. Januar 1955 eine Nachfeststellung des Einheitswertes für das unbebaute Grundstück vorgenommen. Der Einheitswert in Höhe von 400 DM wurde der Bfin. zugerechnet. Der Nachfeststellungsbescheid vom 3. Mai 1955 ist rechtskräftig. Durch Bescheid vom 18. Oktober 1956 nahm das Finanzamt gemäß § 92 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung (AO) eine Berichtigung des Bescheids vom 3. Mai 1955 vor, die sich aber nur auf den mit dem Nachfeststellungsbescheid verbundenen Bescheid über den Grundsteuermeßbetrag bezog. Gegen den Berichtigungsbescheid legte die Bfin. Einspruch mit der Behauptung ein, das Grundstück hätte am Stichtage bereits dem Siedler Kr. als wirtschaftlichem Eigentümer zugerechnet werden müssen. Nach der Auffassung der Bfin. ist das wirtschaftliche Eigentum des Siedlers bereits in dem Zeitpunkte entstanden, in dem der Kleinsiedler als Bewerber für ein bestimmtes Grundstück ausersehen und von der Genossenschaft (Bfin.) angenommen wurde. Denn von diesem Augenblick an sei die Genossenschaft verpflichtet gewesen, ihm das Eigentum an der Kleinsiedlerstelle zu verschaffen. Diese Verpflichtung erfahre durch den Träger-Siedler-Vertrag nur eine Bestätigung. Es komme daher darauf an, wann die Landestreuhandstelle den Bewilligungsbescheid erteilt habe. Dies sei im Oktober 1954 geschehen. Einspruch und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das angefochtene Urteil beruht auf folgenden Erwägungen: Der der Bfin. erteilte Bewilligungsbescheid nebst Siedlerliste begründe noch kein wirtschaftliches Eigentum des Siedlers am Grund und Boden. Auch habe am Stichtage noch kein Treuhandverhältnis im Sinne des § 11 Ziff. 2, 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) zwischen Genossenschaft und Siedler bestanden, auf Grund dessen ihm der Einheitswert zugerechnet werden könne, da der Träger-Siedler-Vertrag erst am 14. September 1955 abgeschlossen und die Genehmigung zum Neubau einer Kleinsiedlung erst im Juli 1955 erteilt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassene Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.

Der berichtigte Bescheid vom 18. Oktober 1956 bezog sich nur auf den Grundsteuermeßbetrag. Der ursprüngliche Einheitswertbescheid wurde durch diese Berichtigung nicht betroffen. Er ist rechtskräftig. Die Bfin. kann daher mit ihren Einwendungen gegen die Zurechnung des Einheitswertes in diesem Verfahren überhaupt nicht gehört werden, es können nur Einwendungen, die sich gegen die Berichtigung des Grundsteuermeßbetrages richten, geltend gemacht werden. Daraus ergibt sich bereits die Notwendigkeit der Zurückweisung der Rb. Im übrigen bestehen gegen die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung über die Zurechnung des Einheitswertes an die Bfin. keine Bedenken. Der Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 27. August 1947 (Gemeinnütziges Wohnungswesen, Organ des Gesamtverbandes Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen, Jahrgang 1950 S. 108) ändert hieran nichts. Er erkennt ausdrücklich an, daß der privatrechtliche Anspruch des Siedlers auf übertragung des Grundstückes erst mit dem Abschluß des Träger-Siedler-Vertrages entsteht. Vorher aber kann jedenfalls kein wirtschaftliches Eigentum des Siedlers angenommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409420

BStBl III 1959, 344

BFHE 1960, 213

BFHE 69, 213

StRK, :11 R 30

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