Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die taxe mobiliere sur revenus immobiliers etrangers des belgischen Steuerrechts, die für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen im Ausland erhoben wird, ist keine Steuer im Sinne des § 9 Ziff. 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 9 Ziff. 2, § 49 Ziff. 6, § 12/3; KStG § 12 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Bgin. ist eine societe anonyme des belgischen Rechts (Aktiengesellschaft) mit dem Sitz in Belgien. Sie bezog im Jahre 1955 Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung von bebautem, in der Bundesrepublik gelegenem Grundbesitz. Mit ihnen ist sie gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 1 KStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Streitig ist, ob sie bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1955 einen Betrag von 32.982 HFR = 2.783 DM als Werbungskosten abziehen darf. Es handelt sich bei dieser belgischen Steuer um die sogenannte taxe mobiliere sur revenus immobiliers etrangers (t. m.), die für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, das im Ausland gelegen ist, erhoben wird.

Das Finanzamt ließ den streitigen Betrag nicht als Werbungskosten zum Abzug zu, weil es sich bei der belgischen Steuer um eine Personensteuer handle, die nach deutschem Steuerrecht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht abgezogen werden dürfe. Die t. m. sei im Verzeichnis der ausländischen Steuern, die der deutschen Einkommensteuer entspreche (EStR 1956/57, Anlage 12), ausdrücklich genannt.

Mit ihrer Sprungberufung machte die Bgin. geltend, die t. m. gründe sich im Streitfall auf das ausländische unbewegliche Vermögen. Es handle sich dabei um eine dem belgischen Steuerrecht eigentümliche Steuer, die der deutschen Gewerbeertragsteuer entspreche und wie diese als Sachsteuer abzugsfähig sein müsse.

Das Finanzgericht gab der Sprungberufung statt. Es führte aus, die t. m. werde ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerträgers zu einem für alle gleichgelagerten Fälle gleichen Satz erhoben und sei daher nach deutschem Steuerrecht als Sachsteuer zu beurteilen. Sie sei auch nicht bei der Heranziehung der Bgin. zur unbeschränkten Steuerpflicht in Belgien angerechnet, sondern als Unkostenfaktor bei der Errechnung des Einkommens abgezogen worden. Dem stehe nicht entgegen, daß die t. m. auch auf inländische Einkünfte aus beweglichem Vermögen erhoben werde und in dieser Eigenschaft als Personensteuer anzusehen sei.

Hiergegen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts, der - wie bei der Veranlagung - die Auffassung vertritt, die t. m. entspreche der deutschen Einkommensteuer. Außerdem könnten bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur öffentliche Abgaben als Werbungskosten berücksichtigt werden, die nach dem Recht des Belegenheitsstaates erhoben würden. Andernfalls würde in das deutsche Besteuerungsrecht eingegriffen und das Aufkommen in unzulässiger Weise durch ausländische Steuern gemindert.

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren nach § 287 Ziff. 2 AO beigetreten. Er kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, daß die t. m. nach ihrem Zweck und ihrer rechtlichen Gestaltung Bestandteil der belgischen Einkommensteuer sei. Sie verfolge in ihrem organischen Zusammenwirken mit den anderen Arten der belgischen Einkommensbesteuerung auf einem Teilgebiet dasselbe Ziel wie die deutsche Einkommensteuer und Körperschaftsteuer.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Da die Bgin. beschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, findet bei ihrer Veranlagung § 49 Ziff. 6 EStG 1955 Anwendung (vgl. § 15 KStDV 1955). Dabei sind im Rahmen des § 9 EStG Werbungskosten zu berücksichtigen. Soweit der Abzug von Steuern als Werbungskosten in Frage steht, muß berücksichtigt werden, daß Werbungskosten grundsätzlich nur Aufwendungen sind, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen angesehen werden können. Der äußere kausale Zusammenhang zwischen einer Aufwendung und der Einnahmen erzielenden Tätigkeit genügt noch nicht (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 79/55 U vom 15. November 1957, BStBl 1958 III S. 103, Slg. Bd. 56 S. 262). Da Steuern nicht unter diesen engeren Werbungskostenbegriff fallen, können sie nur unter der ausdehnenden Voraussetzung des § 9 Ziff. 2 EStG als Werbungskosten in Frage kommen. Danach ist erforderlich, daß es sich um Steuern vom Grundbesitz oder um sonstige Abgaben handelt, soweit sich diese auf Gebäude beziehen. Bei diesen Steuern kann es sich, wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, nur um Sachsteuern handeln.

Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob nach § 9 Ziff. 2 EStG auch ausländische Steuern vom Grundbesitz abzugsfähig sind. Der Einwand des Vorstehers des Finanzamts, durch den Abzug ausländischer Steuern bei der Ermittlung der inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen als Werbungskosten werde in unzulässiger Weise in das deutsche Besteuerungsrecht eingegriffen, hat beachtliches Gewicht. Der Streitfall bietet indessen keinen Anlaß, diese Frage abschließend zu entscheiden, da die t. m. - selbst wenn man auch ausländische Steuern für abzugsfähig hält - nicht als Steuer vom Grundbesitz im Sinne von § 9 Ziff. 2 EStG beurteilt werden kann. Sie gleicht vielmehr der deutschen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden dürfen (ß 12 Ziff. 3 EStG, § 12 Ziff. 2 KStG).

Die belgische Einkommensbesteuerung beruht, soweit es um das hier zu beurteilende Jahr 1955 geht, auf einem System von Ertragsteuern (impots cedulaires), wobei für jede Einkunftsart oder für verschiedene Gruppen von Einkünften und Erträgen eine besondere Steuer erhoben wird. Von natürlichen Personen, juristischen Personen und Personengesellschaften werden folgende Schedularsteuern erhoben: Die contribution fonciere von den Einkünften aus unbeweglichem inländischen (belgischen) Grundvermögen mit einem proportionalen Steuersatz, die taxe professionelle (t. p.) von Einkünften aus Handel und Gewerbe, aus freier und aus selbständiger Berufstätigkeit mit einem progressiven Steuersatz und die t. m. von Einkünften aus beweglichem Vermögen (Zinsen, Dividenden u. a.) und aus unbeweglichem Vermögen im Ausland nach einem proportionalen Steuersatz. Neben diesen Ertragsteuern wird von den natürlichen Personen nach einem progressiven Steuersatz eine zusätzliche persönliche Steuer vom Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (impot complementaire personnel) erhoben. Rechtsgrundlage sind die "Lois Coordonnees aux impots sur les revenus" vom 15. Januar 1948, die neben dem Gesetz über die Nationale Krisenabgabe die belgische Einkommensbesteuerung im wesentlichen abschließend regeln. Zur Vermeidung von Doppelbelastungen durch mehrere Ertragsteuern besteht die Möglichkeit, den Teil des Einkommens, der bereits einer Ertragsteuer unterlag, vom steuerpflichtigen Einkommen abzusetzen.

Diese Grundsätze stimmen mit der Darstellung der Bgin. und des Bundesministers der Finanzen überein. Sie ergeben sich ferner aus den im Schrifttum vorliegenden systematischen Darstellungen des belgischen Steuerrechts (Schriftenreihe "Internationale Steuern" Belgien; IWB F. 5 Belg. Gr. 2 S. 7 ff.).

Der Senat ist mit dem Bundesminister der Finanzen der Auffassung, daß die t. m., die für Einkünfte aus ausländischem Grundvermögen erhoben wird, für die Frage, ob sie abzugsfähige Sachsteuer auf das Grundvermögen oder nicht abzugsfähige Personensteuer ist, nicht anders beurteilt werden kann als die übrigen Schedularsteuern des belgischen Rechts, für die die Bgin. den Personensteuercharakter zum Teil selbst zugesteht. Einer isolierten Betrachtungsweise der t. m. steht entgegen, daß diese nach ihrem systematischen Zusammenhang mit den übrigen Schedularsteuern die belgische Einkommensbesteuerung ausmacht. Ohne die Heranziehung der Einkünfte aus unbeweglichem Grundvermögen im Ausland wäre die Einkommensbesteuerung unvollständig. Aus dem systematischen Zusammenhang der t. m. mit den übrigen Schedularsteuern ergibt sich aber auch, daß durch sie nicht etwa nur ein Teil der Einkünfte eines Steuerpflichtigen mit einer besonderen Steuer belastet werden soll, sondern daß sie zusammen mit den übrigen Steuerarten die Einkünfte einer bestimmten Person in ihrer Gesamtheit erfassen will. Sie wird also - im Gegensatz zur deutschen Gewerbeertragsteuer - gerade mit Rücksicht auf die Person des Steuerpflichtigen erhoben.

Der Sachsteuercharakter der t. m. auf Einkünfte aus ausländischem Grundvermögen kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß diese bei der Versteuerung der gewerblichen Einkünfte mit der t. p. nicht angerechnet wird. Daß diese Anrechnung unterbleibt, erklärt sich aus der besonderen Art, wie die einzelnen Schedularsteuern nach belgischem Recht erhoben werden. Soweit nicht - wie bei den natürlichen Personen - die persönliche Zusatzsteuer erhoben wird, findet im belgischen Steuerrecht eine Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht statt. Vielmehr ist mit der Erhebung der t. m. für die Einkünfte aus dem ausländischen Grundvermögen die Besteuerung für diese abgeschlossen. Sie können nicht noch einmal mit einer Schedularsteuer, z. B. der t. p., belegt werden. Sind die Einkünfte aus dem ausländischen Grundvermögen in den Gewinn der Kapitalgesellschaft eingegangen, so müssen sie bei der Ermittlung der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb wieder ausgeschieden werden. Bei dieser Art der Besteuerung ist es folgerichtig, daß eine Anrechnung der t. m. auf die t. p. - anders als bei der deutschen Kapitalertragsteuer - nicht in Betracht kommt.

Da die Vorinstanz diese Grundsätze verkannt hat, war ihre Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da das Finanzamt mit Recht den Abzug des streitigen Betrags versagt hat, war die Sprungberufung der Bgin. gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1955 als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410961

BStBl III 1964, 5

BFHE 1964, 11

BFHE 78, 11

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