Leitsatz (amtlich)

Die Absetzungen auf Anzahlungen nach § 14 Abs. 3 BHG 1964 setzen voraus, daß die Wirtschaftsgüter bei ihrer Anschaffung Anlagevermögen desjenigen Steuerpflichtigen werden, der die Absetzungen auf Anzahlungen in Anspruch genommen hat.

 

Normenkette

BHG 1964 § 14 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig war bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1966 der in Liquidation befindlichen Revisionsklägerin (KG), ob ihr auf Anzahlungen für die Anschaffung von 7 Maschinen die Sonderabschreibungen nach § 14 Abs. 3 BHG 1964 (BGBl I 1964, 674, BStBl I 1964, 510) zustehen.

Die KG betrieb bis zu ihrer Auflösung am 30. September 1967 eine Fabrik. Seit dem 1. Oktober 1967 werden ihre Betriebsräume von einer neugegründeten GmbH & Co. KG, an der der bisherige Gesellschafter der KG maßgebend beteiligt ist, zum Betrieb einer Fabrik benutzt. Auf die im Dezember 1966 bestellten 7 Maschinen leistete die KG noch vor dem 31. Dezember 1966 Anzahlungen und zwar an die Firma Z. durch Hingabe von Akzepten in Höhe von 680 400 DM und an die Firma Sch. durch Hingabe von Akzepten in Höhe von 177 000 DM und durch Bankzahlung in Höhe von 70 000 DM. Die KG veräußerte die Maschinen, von denen fünf erst nach Auflösung der KG und zwei am 29. September 1967, also einen Tag vor der Auflösung, geliefert wurden, an die GmbH & Co. KG.

Der Revisionsbeklagte (FA) ließ die von der KG auf die Anzahlungen nach § 14 Abs. 3 BHG vorgenommenen Sonderabschreibungen, die zu einem Verlust von 317 945 DM in der Bilanz vom 31. Dezember 1966 führten, nicht zu, weil die Maschinen zu keiner Zeit Anlagevermögen der KG geworden seien und die Firma Sch. die Akzepte erst im Dezember 1967 verwertet habe.

Das FG schloß sich der Auffassung des FA an.

Die KG stützt ihre Revision im wesentlichen auf den Wortlaut des § 14 Abs. 3 BHG. Nach ihrer Auffassung genüge es, daß die KG am Bilanzstichtage vom 31. Dezember 1966 Anzahlungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter in der Absicht gemacht habe, daß sie Anlagevermögen einer in Berlin gelegenen Betriebstätte würden. Es sei nicht erforderlich, daß sie tatsächlich zu irgendeinem späteren Zeitpunkt zu ihrem Anlagevermögen gehörten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Nach § 14 Abs. 1 BHG können Steuerpflichtige, die den Gewinn aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, bei denen die im Abs. 2 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen ..., erhöhte Absetzungen bis zur Höhe von 75 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vornehmen.

Nach § 14 Abs. 2 BHG ist Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 1,

daß die Wirtschaftsgüter

1. zum Anlagevermögen einer in Berlin (West) belegenen Betriebstätte gehören und,

2. soweit sie zum beweglichen Anlagevermögen gehören, mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder herstellung in einer in Berlin (West) belegenen Betriebstätte verbleiben.

Nach § 14 Abs. 3 BHG können die erhöhten Absetzungen bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten im Wirtschaftsjahr der Anzahlung und den beiden folgenden Wirtschaftsjahren geltend gemacht werden.

Nicht nur aus dem Wortlaut der wiedergegebenen Vorschriften, sondern auch aus dem Begriff und Sinn und Zweck von Sonderabschreibungen ergibt sich zunächst ohne Berücksichtigung des § 14 Abs. 3 BHG, daß nur diejenigen Steuerpflichtigen die erhöhten Absetzungen geltend machen können, bei denen die bezeichneten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Abschreibung zum Anlagevermögen gehören. Der erkennende Senat hat allerdings im Urteil IV 13/63 U vom 18. Februar 1965 (BFH 82, 322, BStBl III 1965, 362), das sich mit der Frage befaßt, ob die Vergünstigung vom anschaffenden Steuerpflichtigen auch dann in Anspruch genommen werden könne, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der Dreijahresfrist veräußert werde, aber in einer Berliner Betriebstätte wenn auch eines anderen Unternehmers verbleibe, zum Ausdruck gebracht, daß der die erhöhte Abschreibung in Anspruch nehmende Steuerpflichtige des § 14 Abs. 1 BHG nicht mit dem Steuerpflichtigen identisch zu sein braucht, der das Wirtschaftsgut während des dreijährigen Zeitraums des § 14 Abs. 2 Nr. 2 BHG in einer Berliner Betriebstätte benutzt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß ein Steuerpflichtiger bei der Gewinnermittlung eines bestimmten Wirtschaftsjahrs eine erhöhte Abschreibung auf ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens vornehmen dürfe, das zu keinem Zeitpunkt zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Denn aus § 14 Abs. 1 BHG ergibt sich eindeutig, daß die erhöhte Abschreibung nur derjenige Steuerpflichtige beanspruchen kann, der anderenfalls eine normale AfA vornehmen dürfte. Denn die erhöhte Abschreibung ist nur eine Vorwegnahme künftiger AfA.

In dieses eindeutige und klare System der erhöhten Abschreibung paßt § 14 Abs. 3 BHG nicht hinein, weil er die erhöhte Abschreibung der Abs. 1 und 2 bereits auf Anzahlungen für Anschaffungskosten gewährt und damit die Voraussetzungen für die in Bezug genommenen erhöhten Abschreibungen insofern ändert, als die Wirtschaftsgüter im Jahr der Anzahlung und der erhöhten Abschreibungen noch nicht zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehören müssen. Die entscheidende Frage ist nun, ob die erhöhte Abschreibung des § 14 Abs. 3 BHG davon abhängig ist, daß die bestellten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt des späteren Anschaffungsvorgangs zum Betriebs- und Anlagevermögen desjenigen Steuerpflichtigen werden, der die erhöhten Abschreibungen auf die von ihm geleisteten Anzahlungen vorgenommen hat, oder ob dieser Steuerpflichtige die erhöhten Abschreibungen auf seine Anzahlungen auch dann behält, wenn er seinen Lieferungsanspruch vor der Lieferung an einen anderen Berliner Unternehmer veräußert, sei es, daß er diese Veräußerung schon bei der Bestellung oder jedenfalls am Bilanzstichtag beabsichtigte oder diesen Entschluß erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs faßte, dessen Gewinn er durch die erhöhte Abschreibung auf die Anzahlungen gemindert hat. Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß § 14 Abs. 3 BHG nicht alle Voraussetzungen für die erhöhten Abschreibungen auf Anzahlungen enthält und nur Anzahlungen auf solche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens betreffen kann, die bei ihrer späteren Anschaffung die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 und 2 BHG erfüllen. Die erhöhte Abschreibung auf die Anzahlung ist also z. B. rückgängig zu machen, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut nicht zum Anlagevermögen eines Steuerpflichtigen mit einer ordnungsmäßigen Buchführung gehört oder nicht mindestens drei Jahre im Anlagevermögen einer Berliner Betriebstätte benutzt wird.

Es muß der KG zugegeben werden, daß aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 BHG nicht mit Sicherheit entnommen werden kann, ob der Steuerpflichtige, der die erhöhte Abschreibung auf die Anzahlungen vorgenommen hat, und der Steuerpflichtige, bei dem der spätere Anschaffungsvorgang eintritt, identisch sein müssen. Der Senat hat aber in Übereinstimmung mit dem FG keinen Zweifel, daß aus dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 BHG gefolgert werden muß, daß diese Frage zu bejahen ist. Denn die bezeichnete Vorschrift kann keinen anderen Sinn haben, als eine Vorwegnahme der in § 14 Abs. 1 und 2 geregelten Abschreibung zu ermöglichen. Treten also beim Steuerpflichtigen, der die Vergünstigung des § 14 Abs. 3 BHG in Anspruch genommen hat, zu keiner Zeit die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 und 2 BHG ein, so kann von einer Vorwegnahme von Abschreibungen keine Rede mehr sein. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 BHG würde dann ein selbständiges Abschreibungsrecht begründen, ohne daß der Steuerpflichtige zu irgendeinem Zeitpunkt zu einer Abschreibung auf die angeschafften Wirtschaftsgüter berechtigt wäre. Zu einer so weitgehenden Begünstigung besteht nach dem Sinn und Zweck des § 14 BHG keine Veranlassung.

Die KG meint zwar, man könne das Abschreibungsrecht des § 14 Abs. 3 BHG auf diejenigen Steuerpflichtigen beschränken, die wenigstens am Bilanzstichtag die Absicht hatten, die Wirtschaftsgüter später zu ihrem Anlagevermögen zu machen und damit die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 und 2 BHG zu erfüllen. Abgesehen davon, daß eine solche Absicht schwer nachprüfbar wäre, würde im Ergebnis eine Abschreibung auf einen Lieferungsanspruch unabhängig von der späteren Lieferung gewährt werden, was mit dem engen Zusammenhang zwischen § 14 Abs. 3 BHG und § 14 Abs. 1 und 2 BHG unvereinbar wäre. Eine Förderung solcher Vorgänge bei Steuerpflichtigen, die zu keiner Zeit die begünstigten Wirtschaftsgüter in ihr Betriebsvermögen übernehmen, kann der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats nicht gewollt haben. Zu ihr besteht auch keine wirtschaftliche Veranlassung.

Dem FG ist darin zuzustimmen, daß die beiden Maschinen, selbst wenn sie bereits am 29. September 1967 in die Verfügungsbefugnis der KG gelangten, nicht zum Anlagevermögen der KG wurden, weil die KG am nächsten Tag ihren Betrieb einstellte und am 29. September 1967 feststand, daß diese Maschinen zur Veräußerung bestimmt waren und damit nicht mehr Anlagevermögen wurden.

Ob die Hingabe der Akzepte im Streitjahr schon Anzahlungen darstellten, braucht nicht entschieden zu werden.

 

Fundstellen

BStBl II 1972, 108

BFHE 1972, 18

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