Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Betriebsausgaben, die der Betriebsveräußerung zuzuordnen sind, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags

 

Leitsatz (NV)

Beratungskosten, die nach § 16 Abs. 2 EStG zu den Veräußerungskosten rechnen, dürfen den Gewerbeertrag nicht mindern. Wie der Veräußerungsgewinn, so bleibt auch der Veräußerungsverlust beim Gewerbeertrag unberücksichtigt.

 

Normenkette

GewStG § 7; EStG § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten zu 1 und 2 (Kläger), ein Vater und dessen Sohn, waren Gesellschafter einer im Jahr 1976 erloschenen Kommanditgesellschaft (KG). Der Kläger zu 1 war persönlich haftender Gesellschafter, der Kläger zu 2 Kommanditist der KG.

Zum 31. Januar 1976 veräußerte die KG ihren Geschäftsbetrieb an ein . . .unternehmen. Die Verhandlungen über die Veräußerung begannen im Jahre 1975. Zu den Verhandlungen zogen die Kläger einen Steuerberater hinzu. Dessen Tätigkeit bezog sich im wesentlichen auf die Ermittlung des Firmenwerts des Unternehmens, die Teilnahme an den Verkaufsverhandlungen und auf die mögliche Verteilung des zu erlösenden Verkaufspreises in bar und einen Rentenanteil und die damit zusammenhängenden steuerlichen Fragen. Den Vertrag über die Veräußerung unterzeichneten die Kläger am 1. und 10. Dezember 1975. Das vereinbarte Beratungshonorar betrug 6 765 DM. In der Bilanz zum 31. Dezember 1975 wies die KG das Beratungshonorar als ,,sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten" aus. Gleichzeitig berücksichtigte sie das Honorar bei der Gewinnermittlung des Jahres 1975 gewinnmindernd.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) einen berichtigten Gewerbesteuermeßbescheid 1975, in dem er das Beratungshonorar nicht zum Abzug als Betriebsausgabe zuließ.

Nach vergeblichem Einspruch erhoben die Kläger Klage mit der Begründung, hinsichtlich des Beratungshonorars seien die Voraussetzungen für einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht gegeben. Im übrigen habe die KG das Honorar auch dann zahlen müssen, wenn es nicht zu einem Verkauf gekommen wäre.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage wegen eines in der Revision nicht mehr streitigen Punktes ab und gab ihr im übrigen statt. Es ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Gewerbeertrag des Streitjahres 1975 ist vom FG zu Unrecht um 6 765 DM gekürzt worden. Das Beratungshonorar durfte als Betriebsausgabe, die der Betriebsveräußerung zuzuordnen war, den Gewerbeertrag nicht mindern.

Der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs unterliegt nicht der Gewerbesteuer (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Mai 1962 I 78/61 S, BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438; vom 23. November 1988 X R 1/86, BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376). Was zum Veräußerungsgewinn gehört, richtet sich nach § 16 EStG (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1963 VI 336/62 U, BFHE 79, 42, BStBl III 1964, 248; Glanegger / Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 7 Rdnr. 14 a. E.). Danach sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auch die Veräußerungskosten zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 2 EStG). Das streitige Honorar gehört zu den Veräußerungskosten. Das ergibt sich aus den unbestrittenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) und ist auch hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung nicht zweifelhaft. Die Aufwendungen verlieren ihre Eigenschaft als Veräußerungskosten nicht dadurch, daß sie möglicherweise anders zu beurteilen wären, wenn es nicht zu einer Veräußerung gekommen wäre.

Bereits aus dem Charakter der Beratungskosten ergibt sich, daß sie bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unberücksichtigt bleiben müssen. Zu dem Ergebnis führt aber noch eine weitere Überlegung:

Ist der Veräußerungsgewinn auf den Stichtag der Veräußerung zu ermitteln, d. h. sind die Veräußerungskosten in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem auch der Ertrag aus der Betriebsveräußerung zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1988 IV R 70/86, nicht veröffentlicht; Rödder, Der Betrieb - DB - 1988, 151; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 16 Anm. 52), gehören sie bereits nach § 16 Abs. 2 EStG in das Jahr 1976 und nicht in das Streitjahr.

Sollten Erträge und Aufwendungen (Veräußerungskosten) aus einer Betriebsveräußerung für sich zu sehen und jeweils in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen sein, in dem sie nach den allgemeinen Grundsätzen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen wären (vgl. Böddinghaus / Klevemann, DB 1987, 120) ergäbe sich im Streitjahr 1975 ein (anteiliger) Veräußerungsverlust von 6 765 DM. Auch er dürfte den Gewerbeertrag nicht mindern, denn wie der Veräußerungsgewinn, so bleibt auch der Veräußerungsverlust beim Gewerbeertrag unberücksichtigt (von Twickel in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 GewStG, Rdnr. 129; Müthling / Fock, Gewerbesteuergesetz, § 7 Anm. 5, 2; Lenski / Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 7 Rdnr. 124).

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 801

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