Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinreichende Aussicht auf Erfolg einer beabsichtigten Rechtsverfolgung

 

Leitsatz (NV)

1. Im Sinne des PKH-Verfahrens ist die Rechtsverfolgung hinreichend erfolgversprechend, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.

2. Der Vorsteuerabzug setzt einen Bezug für das Unternehmen voraus.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117-118; UStG 1973 § 15

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte Prozeßkostenhilfe (PKH). Das FG lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Hiergegen richtet sich die vom Antragsteller erhobene Beschwerde, die trotz Ankündigung nicht begründet wurde. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für seinen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dabei ist eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten nicht erlaubt. Demnach ist die Rechtsverfolgung hinreichend erfolgsversprechend, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Februar 1990 VIII B 39/85, BFH/NV 1990, 785; vom 6. April 1990 III S 5/88, BFH/NV 1991, 56; ständige Rechtsprechung). Soweit in Besteuerungsverfahren Schätzungen vorzunehmen sind, kommt es für die Gewährung der PKH wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatbestandsmerkmale der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BFH-Beschluß in BFH/NV 1991, 56).

Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Danach obliegt es dem Rechtsuchenden, durch substantiiertes, in sich schlüssiges Vorbringen, durch vollständige Beweisantritte und durch weitere Mitwirkung im Rahmen des § 118 Abs. 2 ZPO an der Herbeiführung der Entscheidungsreife im PKH-Verfahren mitzuwirken (BFH-Beschlüsse vom 25. August 1989 VI B 173/88, BFH/NV 1990, 187, und vom 7. September 1989 X B 53/89, BFH/NV 1990, 260). Im PKH-Verfahren kommt nur in Ausnahmefällen eine Zeugenvernehmung in Betracht, nämlich dann, wenn sich anders nicht klären läßt, ob und inwieweit die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung gegeben sind (BFH-Beschluß in BFH/NV 1990, 260).

2. Hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung läßt sich aufgrund der Sachdarstellung des Antragstellers und der vorhandenen Unterlagen, wie das FG zutreffend erkannt hat, nicht feststellen.

a) Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten ist PKH für den Vorsteuerabzug für die 1976 angeschaffte Einbauküche nicht zu gewähren.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 kann der Unternehmer die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen, sofern er diese Leistungsbezüge nicht i. S. des § 15 Abs. 2 UStG 1973 zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet oder in Anspruch nimmt. Mit der Anknüpfung des Vorsteuerabzugs an Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer ,,für sein Unternehmen" ausgeführt worden sind, schließt § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 den Vorsteuerabzug für Leistungen, die insgesamt nicht für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, also nicht für seine unternehmerische, sondern eine anderweitige Betätigung bestimmt sind, aus. Die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmen hat der Unternehmer zu treffen. Hierbei reicht es aus, daß der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Die Bestimmungsfreiheit des Unternehmers findet jedoch dort ihre Grenzen, wo der vorgesehenen Verwendung für das Unternehmen nach den Umständen des einzelnen Falles nur eine so unwesentliche Bedeutung zukommt, daß der Gegenstand insgesamt als Teil des unternehmensfremden Bereichs anzusehen ist, oder wo der Bezug einer Leistung nach den gesamten Umständen allein für die ,,private" (nichtunternehmerische) Nutzung bestimmt ist. In Zweifelsfällen muß der Unternehmer die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs darlegen. Die Nachweisführung hängt weitgehend von der Art des Unternehmens und der Art des bezogenen Gegenstandes ab (Senatsurteil vom 18. Dezember 1986 V R 176/75, BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350).

Da sich die Küche im überwiegend privat genutzten Wohnhaus des Antragstellers befand und bei der Betriebsprüfung im Jahre 1982 unstreitig privat benutzt wurde, durfte das FA davon ausgehen, daß die Küche bereits im Jahre 1976 für nichtunternehmerische Zwecke des Antragstellers angeschafft wurde. Hieran ändert nichts der Umstand, daß in dem Haus noch eine zweite privat benutzte Küche war. Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, im weiteren Verlauf des Klageverfahrens nachzuweisen, daß die Küche zunächst nicht privat genutzt wurde, sondern Ausstellungszwecken diente. Dem genügt die Klagebegründung nicht in ausreichendem Umfang. Der Antragsteller wird zur Glaubhaftigkeit seines Antrags auch darlegen müssen, wie er die Entnahme der Küche umsatzsteuerrechtlich behandelt hat.

Der bestandskräftige Umsatzsteuerbescheid für 1976 konnte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert werden. Die Vorschrift ist nach Art. 97 § 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) anwendbar. Für die Frage, ob Tatsachen oder Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift nachträglich bekanntwerden, kommt es auf den Kenntnisstand der Personen an, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Das Wissen des Außenprüfers ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Veranlagungsstelle grundsätzlich nicht zuzurechnen (BFH-Urteile vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672, und vom 20. April 1988 X R 40/81, BFHE 153, 437, BStBl II 1988, 804). Nicht entscheidend ist danach, ob dem Prüfer bei der Außenprüfung des Jahres 1978 die maßgebenden Tatsachen bekannt waren. Daß diese Umstände den zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Personen beim Erlaß des Bescheides vom 3. Mai 1979 bekannt gewesen wären, trägt der Antragsteller selbst nicht vor.

§ 173 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 steht der Änderung bei summarischer Beurteilung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift können abweichend von § 173 Abs. 1 AO 1977 Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.

Der Antragsteller, der in Deutschland studiert hat und seit vielen Jahren im Inland ein Im- und Exportunternehmen betrieb, mußte wissen, daß er für die Anschaffung privat genutzter Gegenstände keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann. Daß gleichwohl keine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen sollte, ist nicht hinreichend wahrscheinlich.

b) Es ist ebenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich, daß der Antragsteller die auf den Pkw . . . entfallende Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1973 als Vorsteuerbetrag abziehen kann. Er hat nicht schlüssig aufgeführt und belegt, daß der Pkw für sein Unternehmen eingeführt worden ist, wie es diese Vorschrift forderte. Eine ,,Einfuhr für sein Unternehmen" war nicht gegeben, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand nur wirtschaftlich nutzte (durch Verwendung zum Bewirken von Umsätzen), ohne ihn auch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne seinem inländischen Unternehmensbereich einzugliedern. Eine solche Eingliederung liegt vor, wenn der Unternehmer im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt oder wenn die Lieferung an den Abnehmer nach § 3 Abs. 7 UStG 1973 als bewirkt gilt (Senatsurteil vom 24. April 1980 V R 52/73, BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615). Daß diese Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Dagegen spricht, daß der Pkw auf seine damalige Ehefrau zugelassen wurde.

c) Auch hinsichtlich des . . . anhängers ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, daß die Klage Erfolg haben wird. Es handelt sich hierbei um einen typischerweise privat verwendeten Gegenstand, den der Antragsteller, wie er selbst einräumt, auch privat nutzte. Der Transport von Gegenständen für das Unternehmen des Antragstellers ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ein . . . transporter eignet sich hierfür wenig. Zudem ist ungeklärt, wie der Transport vor der Anschaffung des Anhängers durchgeführt worden sein soll. Daß der Antragsteller ernsthaft einen Handel mit . . . anhängern beabsichtigt hätte und im Rahmen von Verkaufsbemühungen den Anhänger in nennenswertem Umfang zu Vorführzwecken eingesetzt hätte, hat er nicht hinreichend substantiiert dargetan und belegt. Die von ihm vorgelegten, von ihm angeblich versandten Rundschreiben besagen insoweit nichts; zumal der Antragsteller die eingeräumte private Verwendung auch nicht als Eigenverbrauch erklärt hat.

d) Zu den übrigen Punkten (Kleidungsstücke, Eigenverbrauch und Aufwendungen für Werbung und Bewirtung) hat der Antragsteller weder seine Klage noch seinen Antrag auf PKH begründet. Insoweit genügt er nicht den Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO (vgl. oben unter 1.).

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 635

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