Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblicher Grundstückshandel und Aussetzung der Vollziehung bei untypischem Sachverhalt

 

Leitsatz (NV)

Ein untypischer Sachverhalt und die aufgeworfenen beschwerderechtlichen Fragen zum Beginn eines gewerblichen Grundstückshandels, zur Einlagefähigkeit bisher vermieteter Grundstücke vor der ersten Verkaufshandlung und zur Bedeutung der Drei-Objekt-Grenze bei Bagatellgeschäften sowie bei Verkäufen an Verwandte, die im summarischen Verfahren nicht geklärt werden können, rechtfertigen es, die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2, 3 Sätze 1, 3; EStG § 15

 

Verfahrensgang

FG Berlin (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen 7 K 4064/03)

 

Tatbestand

I. Die Antragsteller sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 1997 und 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Sie machten für die Streitjahre Verluste aus gewerblichem Grundstückshandel des Antragstellers geltend. Die Verluste führte der Antragsteller darauf zurück, dass er Grundstücke vor ihrem Verkauf in den nach einer Gewerbeanmeldung gegründeten gewerblichen Grundstückshandel einlegte. Grundstücksverkäufe tätigte der Antragsteller vor der behaupteten Einlage nicht, sondern erst im Jahre 2000 durch Geschäfte mit einem geringen Volumen. Der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) erkannte die geltend gemachten Verluste nicht an. Die Klage hatte keinen Erfolg. Einen Monat nach Bekanntgabe des Urteils des Finanzgerichts (FG) endete die bis dahin gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Einkommensteuerbescheide. Die Antragsteller legten gegen das FG-Urteil Nichtzulassungsbeschwerde ein und erhielten zu deren Begründung Fristverlängerung bis 30. September 2005. Außerdem begehrten sie beim FA AdV. Nach Ablehnung der AdV haben sie beim Bundesfinanzhof (BFH) einen entsprechenden Antrag gestellt.

In einem umfänglichen Schriftsatz legen sie ihre ernstlichen Zweifel an dem angefochtenen Urteil und die ihrer Ansicht nach gegebenen Revisionszulassungsgründe dar.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, die AdV bzw. soweit das FA bereits Aufrechnungen vorgenommen hat, die Aufhebung der darin liegenden Vollziehung ab Fälligkeit der folgenden Steuern:

Einkommensteuer 1997

Zinsen zur Einkommensteuer 1997

Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer 1997

Einkommensteuer 1998

Zinsen zur Einkommensteuer 1998

Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer 1998

Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag ist begründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsakts ganz oder teilweise gemäß § 69 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO aussetzen oder die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (z.B. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; seit BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182 ständige Rechtsprechung).

2. Im Streitfall bestehen insofern ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, als angesichts des untypischen Sachverhalts und des Vorbringens der Antragsteller nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde zur Zulassung der Revision führt und die sich ggf. anschließende Revision Erfolg hat. Die durch den Sachverhalt und das Vorbringen der Antragsteller aufgeworfenen beschwerderechtlichen Fragen zum Beginn eines gewerblichen Grundstückshandels, zur Einlagefähigkeit von bisher vermieteten Grundstücken vor der ersten Verkaufshandlung des Steuerpflichtigen, der geltend macht, als gewerblicher Grundstückshändler tätig zu sein, und zur Bedeutung der Drei-Objekt-Grenze bei Bagatellgeschäften sowie bei Verkäufen an Verwandte können im summarischen Verfahren nicht geklärt werden. Ihre Beantwortung bleibt dem Beschwerdeverfahren vorbehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1444468

BFH/NV 2005, 2250

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