Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Darlegung einer Verletzung rechtlichen Gehörs; nicht fristgemäße Schriftsätze unbeachtlich

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Darlegung einer Gehörsverletzung in Gestalt einer Überraschungsentscheidung als Verfahrensmangel ist darzutun, was die Beteiligten bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten und dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.

2. Der gerügte Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn die rechtskundig vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit hatten, sich zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem FG neu eingebrachten Gesichtspunkt zu äußern oder - weil insoweit unvorbereitet - einen Vertagungsantrag mit Schriftsatznachlass zu stellen.

3. Die in nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsätzen enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich.

 

Normenkette

AO § 42; FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 155; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 295

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.12.2007; Aktenzeichen 3 K 1896/05)

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, liegt der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels auch nicht vor.

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den gerügten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) in Gestalt einer Überraschungsentscheidung nicht hinreichend dargelegt. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten und Beschwerdegegners in der Beschwerdeerwiderung Bezug. Die Kläger haben nicht dargetan, was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten und dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Mai 2007 VI B 119/06, BFH/NV 2007, 1697, m.w.N.); auch fehlt der Vortrag, weshalb angesichts des vom Finanzgericht in der mündlichen Verhandlung eingebrachten Gesichtspunkts des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 der Abgabenordnung) nicht eine entsprechende Gehörsverletzung gerügt wurde oder warum dies nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 2007 IX B 234/06, BFH/NV 2007, 1179).

Im Übrigen liegt der gerügte Gehörsverstoß auch nicht vor, denn die rechtskundig vertretenen Kläger hatten in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit, sich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern oder einen Vertagungsantrag mit Schriftsatznachlass zu stellen. Das ist unterblieben, die Kläger haben vielmehr rügelos zur Sache verhandelt (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung).

Die darüber hinaus in dem nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsatz vom 27. Juni 2008 enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83, unter 3., m.w.N.). Abgesehen davon ist auch die (vermeintliche) Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht hinreichend dargelegt; dazu reicht nämlich der bloße Hinweis nicht aus, der BFH habe in ähnlich gelagerten Fällen einem Immobilienkauf zwischen Eheleuten die steuerliche Anerkennung nicht versagt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2035060

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