Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Gegenüberstellung von Sachverständigen anläßlich der mündlichen Erläuterung eines Gutachtens

 

Leitsatz (NV)

Für die Beantwortung der Frage, ob das FG verpflichtet ist, zu der von ihm angeordneten mündlichen Erläuterung eines Gutachtens durch den Gerichtsgutachter von den Beteiligten benannte Privatgutachter hinzuzuziehen, kommt es darauf an, ob das Sachverständigengutachten aus der Sicht des FG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Mängel aufweist, die eine Gegenüberstellung der Gutachter erforderlich machen.

 

Normenkette

FGO § 82; ZPO § 411 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Gründe

Die Rüge der vorweggenommenen Beweiswürdigung ist nicht begründet. Dem Finanzgericht (FG) stellte sich nicht die Frage, ob die von den Klägern und Beschwerdeführern (Klägern) benannten Sachverständigen als Zeugen einen bestimmten Lebenssachverhalt würden bekunden können, sondern ob es notwendig war, diese Sachverständigen -- wie von den Klägern in der mündlichen Verhandlung beantragt -- in einer weiteren mündlichen Verhandlung dem Vorsitzenden des Gutachterausschusses gegenüberzustellen.

Hat das Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt, so ist es gehalten, selbständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob es dem Gutachten folgen darf und weshalb es dies tut (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. November 1981 IV R 103/79, BFHE 135, 6, BStBl II 1982, 258, m. w. N.). In schwierigen Fällen kann es geboten sein, ein weiteres Gutachten einzuholen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 6. März 1986 III ZR 245/84, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1986, 605). Dabei steht die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts. Die Ablehnung eines dahingehenden Beweisantrags wird nur dann einen Verfahrensfehler begründen, wenn sich dem Gericht die Notwendigkeit dieser weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 1995 8 B 167/94, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 310, § 98 VwGO, Nr. 48). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das vorliegende Gutachten grobe Mängel aufweist, die es zur Sachverhaltsfeststellung als ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 26. Januar 1988 VIII R 29/87, BFH/NV 1988, 789). Ähnliche Grundsätze müssen für die Beurteilung der Frage gelten, ob das FG verpflichtet ist, zu der von ihm angeordneten mündlichen Erläuterung des Gutachtens von den Beteiligten benannte Privatgutachter hinzuzuziehen. Auch hier kommt es darauf an, ob das Sachverständigengutachten aus der Sicht des FG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Mängel aufweist, die auch durch die Erläuterung des Gutachtens allein nicht behoben werden können, sondern es erforderlich machen, die Privatgutachter dem gerichtlichen Gutachter gegenüberzustellen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze war das FG nicht verpflichtet, die von den Klägern benannten Sachverständigen zur Erläuterung der Wertermittlung des Gutachterausschusses durch dessen Vorsitzenden hinzuzuziehen. Das FG konnte ermessensfehlerfrei darauf abstellen, daß die von den Klägern beauftragten Privatgutachter bis zum Ende der mündlichen Verhandlung keine konkreten Vergleichsverkäufe benannt hatten. Das gilt insbesondere für das Gutachten des Architekten X, das dem FG zur Entkräftung der Wertermittlung des Gutachterausschusses vorgelegt worden war. Es gab für das FG daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß eine Gegenüberstellung der Sachverständigen zu sichereren Erkenntnissen führen würde.

In Anbetracht dieser Umstände konnte das FG auch berücksichtigen, daß die von den Klägern beauftragten Sachverständigen Y und Z einerseits sowie der Sachverständige X andererseits bei ihren Wertermittlungen keinen Abschlag für einen Reparaturrückstau vorgenommen hatten und daß, wenn man von den von ihnen für richtig gehaltenen qm-Preisen die bereits im Jahre 1981 veranschlagten Reparaturkosten abzog, in etwa die vom Gutachterausschuß zugrunde gelegten qm-Preise übrigblieben.

Auch die weiteren Rügen (Unterlassen einer weiteren Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen, Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und Versagung rechtlichen Gehörs) sind unbegründet.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421323

BFH/NV 1996, 622

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