Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnung durch Rechnung oder Gutschrift

 

Leitsatz (NV)

1. Die Grundsatzfragen zur Abrechnungsbefugnis und Abrechnungsweise durch Rechnung oder Gutschrift sind durch die BFH-Rechtsprechung bereits beantwortet.

2. Die Frage, ob ein vom Leistungsempfänger vorbereitetes Abrechnungspapier die Rechtsqualität einer Rechnung dadurch erhält, daß der Leistende es unterzeichnet und dem Leistungsempfänger gibt, war im Streitfall revisionsrechtlich nicht klärbar.

 

Normenkette

UStG 1980 § 14 Abs. 4-5; FGO § 115

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) handelt mit ... anlagen. Mit Kaufvertrag vom 7. Oktober 1985 kaufte sie von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Anlage zum Preis von ... DM. Zusätzlich erhielt sie die Option auf den Erwerb von drei Zusatzgeräten zu einem Gesamtpreis von ... DM bis Oktober 1985. Die Anlage sollte nach X oder Y/Hafen geliefert werden. Die Klägerin machte von ihrer Option Gebrauch und erwarb auch die drei Zusatz geräte.

Die GbR beförderte die Anlage vereinbarungsgemäß nach Y und übergab sie dort. Einzelheiten der Übergabe, insbesondere die Frage, ob die Übergabe vor oder im Frei hafengelände erfolgte, sind umstritten.

Vor der Übergabe hatte der Geschäftsführer der Klägerin ein als "Gutschrift" überschriebenes Abrechnungspapier gefertigt, das er bei Übergabe von dem Zeugen M (für die GbR) unterschreiben ließ und wieder an sich nahm. Ob auf dem Papier zu diesem Zeitpunkt bereits neben dem angegebenen Gesamtpreis von ... DM die Umsatzsteuer offen ausgewiesen war oder ob der Umsatzsteuerausweis erst nachträglich eingefügt wurde, ist umstritten.

Am 19. Dezember 1985 versandte eine Spedition die Anlage im Auftrag der Klägerin in die Vereinigten Staaten.

Die GbR behandelte die Lieferung der Anlage in ihrer Umsatzsteuererklärung als steuerfreie Ausfuhrlieferung. Die Klägerin dagegen machte in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1985 Vorsteuerbeträge in Höhe von ... DM aus dem Erwerb der Anlage geltend. Nachdem die GbR von den für sie zuständigen Finanzbehörden im Herbst 1987 über die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch die Klägerin in Kenntnis gesetzt worden war, widersprach sie der Gutschrift mit Schreiben vom 2. Mai 1989. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) änderte daraufhin die Umsatzsteuerfestsetzung für 1985 und lehnte den Vorsteuerabzug ab.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, das Abrechnungspapier vom 18. Dezember 1985 sei keine Rechnung i. S. von § 14 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. März 1982 V R 107/79 (BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309) sei im Streitfall die Unterschrift des Zeugen M unter dem Papier nicht für die Bestimmung des Ausstellers der Abrechnung maßgeblich. Die GbR habe der Klägerin keine Abrechnung erteilt. Allein durch die Unterschrift könne das als Gutschrift bezeichnete Papier auch nicht in eine Rechnung der GbR umgewandelt werden.

Es könne offenbleiben, ob der gesonderte Umsatzsteuerausweis auf dem Papier erst nach Unterschrift des Zeugen eingefügt worden sei.

Das Abrechnungspapier sei keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Gutschrift i. S. von § 14 Abs. 5 UStG 1980. Denn die Klägerin habe nicht die Abrechnungslast getragen. Abrechnungsverpflichtet sei grundsätzlich -- wie auch im Streitfall die GbR -- der leistende Unternehmer, weil er die Kenntnis der Abrechnungsgrundlagen habe. Daher könne auch offenbleiben, ob die GbR noch im Mai 1989 einer Gutschrift wirksam habe widersprechen können.

Im übrigen sei es auch nicht zu einer Über tragung der Abrechnungsbefugnis auf den Leistungsempfänger gekommen, was im Streitfall möglich gewesen wäre, weil beide Vertragsparteien aufgrund des Kaufvertrags vom 7. Oktober 1985 die Abrechnungsgrundlagen gekannt hatten. Die erforderliche ausdrückliche Übertragung der Abrechnungs befugnis könne insbesondere nicht in der bloßen Unterschrift des Zeugen M unter das Abrechnungspapier vom 18. Dezember 1985 gesehen werden.

Mit der Beschwerde beantragt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und Verfahrensfehlern.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob ein vom Leistungsempfänger vorbereitetes Abrechnungspapier dadurch die Rechtsqualität einer Rechnung erhält bzw. erhalten kann, daß der die zivilrechtliche Abrechnungslast tragende Leistende dieses Abrechnungspapier unterzeichnet und dem Leistungsempfänger gibt, kommt nicht in Betracht, weil ein Klärungsbedarf -- jedenfalls im Streitfall -- nicht besteht.

FG und Beteiligte -- letztlich auch die Klägerin -- gehen davon aus, daß durch die BFH-Rechtsprechung bereits die Grundsatzfragen zur Abrechnungsbefugnis und Abrechnungsweise durch Rechnung oder Gutschrift beantwortet sind. Nach dem vom FG herangezogenen Urteil in BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309 richtet sich die Abrechnungsbefugnis durch Rechnung oder Gutschrift nach der zivilrechtlichen Abrechnungslast, die regelmäßig beim Leistenden liegt. Die Entscheidung weist auch darauf hin, daß die Unterschrift unter dem Abrechnungspapier nicht das maßgebliche Kriterium zur Bestimmung des Ausstellers einer Abrechnung ist. Im Beschluß vom 28. April 1983 V R 139/79 (BFHE 138, 267, BStBl II 1983, 525) hat der BFH ferner ausgeführt, daß der zur Abrechnung über den Leistungsaustausch Verpflichtete sich im Abrechnungsverfahren dritter Personen bedienen darf, grundsätzlich nicht aber seines am Leistungsaustausch beteiligten Geschäftspartners. Im Hinblick auf die gesetzliche Zuweisung unterschiedlicher Verantwortlichkeiten an die Aussteller von Rechnungen einerseits und Gutschriften andererseits durch das UStG muß aber gerade dann, wenn sich der Abrechnungsverpflichtete seines Geschäftspartners als "Schreibhilfe" bedient, nach der Entscheidung stets gesichert sein, daß die gefertigte Abrechnung schon äußerlich als Abrechnungs urkunde des Abrechnungsverpflichteten erscheint. Wird dies nicht beachtet und ergeben sich Zweifel an der Echtheit der Urkunde bzw. an der Person, die mit dem Papier abrechnet, trägt derjenige die Feststellungslast, der zu seinen Gunsten aus dem Abrechnungspapier Rechte herleiten will. Schließlich können nach dem Urteil vom 27. September 1979 V R 78/73 (BFHE 129, 92, BStBl II 1980, 228) Ergänzungen und Berichtigungen der Abrechnung über den Leistungsaustausch nur von demjenigen vorgenommen werden, der diese Abrechnung erteilt hat. Nach dem Beschluß vom 17. April 1980 V S 18/79 (BFHE 130, 348, BStBl II 1980, 540) kann der Leistungsempfänger den in einer ihm erteilten Abrechnung enthaltenen Gesamtkaufpreis selbst dann nicht mit rechtlicher Wirkung in einen Nettokaufpreis und die darauf entfallende Umsatzsteuer aufteilen, wenn diese Änderung der Rechnung im Beisein des leistenden Unternehmers vorgenommen wird, es sei denn, dieser macht sich die Änderung in einer aus dem Abrechnungspapier selbst hervorgehenden Weise zu eigen.

Abgesehen davon, daß damit die aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzlich bereits geklärt sind, könnten diese Fragen als Streitfragen in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil offenbar die Beteiligten über die einer Abrechnung der Anlagenlieferung zugrunde liegenden Abrechnungslast uneinig sind und das FG -- aufgrund seines rechtlichen Standpunktes zu weiteren Fragen der Ausführung des Umsatzes -- keine Feststellungen getroffen hat.

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), zuzulassen. Die Klägerin macht insofern geltend, das FG gehe in tatsächlicher Hinsicht davon aus, daß sie zuvor eine Abrechnung in Gestalt einer Gutschrift gefertigt und in den Rechtsverkehr gebracht habe, bevor der Zeuge M dieses Papier unterschrieben habe. Diese tatsächliche Feststellung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil sie, die Klägerin, nie vorgetragen habe, der GbR eine Gutschrift zu Abrechnungszwecken erteilt zu haben. Ihr Geschäftsführer habe vielmehr in der Beweisaufnahme vorgetragen, die Klägerin habe die Abrechnungspapiere generell -- und auch im Streitfall -- schon so vorbereitet, wie sie für ihre Buchführung benötigt werden. Sie habe also nur vorgetragen, ein vorbereitetes Abrechnungspapier übergeben zu haben, das seine Rechtsqualität erst mit der Unterzeichnung durch den Leistenden und Rückgabe erhalten habe.

Eine verfahrensfehlerhafte tatsächliche Feststellung ist insofern nicht ersichtlich. Das FG hat sich zutreffend darauf gestützt, daß die Klägerin selbst ihr sog. vorbereitendes Abrechnungspapier mit "Gutschrift" überschrieben hat. Zudem ist diese "Gutschrift" auf dem Geschäftspapier mit Briefkopf der Klägerin festgehalten worden.

Die Entscheidung ergeht im übrigen ohne weitere Angabe von Gründen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundes finanzhofs).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 553

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