Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgemäß unterschriebenes Urteil und zulassungsfreie Revision

 

Leitsatz (NV)

In der Urteilsausfertigung ist die Unterschrift der beteiligten Richter auch ohne den Zusatz ,,gez." jedenfalls dann ordnungsgemäß wiedergegeben, wenn die maschinenschriftlich gefertigten Namen nicht in Klammern gesetzt sind.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde von seiner damaligen Ehefrau, der Beigeladenen, 1983 geschieden. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Februar 1984 dem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1982 der Beigeladenen entnommen hatte, daß sich die Ehegatten 1979 dauernd getrennt hätten, hob er die für 1980 und 1981 bestandskräftig ergangenen Zusammenveranlagungen mit Bescheid vom 29. Juni 1984 auf und veranlagte den Kläger für die Streitjahre 1980 bis 1982 mit Bescheiden vom 26. Juli 1984 einzeln zur Einkommensteuer.

Nach erfolglosem Einspruch trug der Kläger mit der Klage vor, es habe noch kein dauerndes Getrenntleben im steuerrechtlichen Sinne vorgelegen, und machte hierzu nähere Ausführungen.

Die Klage, mit der beantragt worden war, die Einzelveranlagungsbescheide aufzuheben und das FA zu einer Veranlagung nach der Splitting-Tabelle zu verpflichten, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Bekundungen der als Beteiligte vernommenen Beigeladenen für glaubhaft, daß der Kläger die gemeinsame Wohnung Ende 1979 unter Mitnahme seiner persönlichen Einrichtungsgegenstände, seines Arbeitszimmers und seiner sonstigen Gebrauchsgegenstände endgültig verlassen und dort nie mehr übernachtet habe. Hieraus und aus der Tatsache, daß die Ehegatten schon während des ganzen Jahres 1979 vermieden hätten, sich in den gemeinsamen Räumen zu treffen, könne geschlossen werden, daß sie sich bewußt auf Dauer getrennt hätten. Auch eine Wirtschaftsgemeinschaft habe nicht mehr bestanden, da wirtschaftliche Fragen, die die Ehegatten betroffen hätten, nicht gemeinsam erörtert und einvernehmlich gelöst, sondern nur noch Unterhaltsleistungen seitens des Klägers erbracht worden seien. Darauf, ob und wo der Kläger in den Streitjahren einen eigenen Hausstand außerhalb der Familienwohnung unterhalten habe, komme es nicht an.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs. Er macht geltend, die Beweiswürdigung durch das FG sei von der Aussage der Beigeladenen nicht gedeckt. Außerdem habe der Antrag auf Vernehmung der jetzigen Ehefrau nicht übergangen werden dürfen. Der diesbezügliche Beweisantrag sei im angefochtenen Urteil insofern unzutreffend wiedergegeben worden, als nicht nur der Beginn, sondern auch der Abschluß der Einrichtung der Räume . . . Straße im Januar 1980 unter Beweis gestellt worden sei. Die Vernehmung der im Termin zur mündlichen Verhandlung präsenten Zeugin hätte ergeben, daß im Jahre 1979 noch nicht einmal das Arbeitsmaterial umgelagert worden sei, so daß die Klage zumindest für das Jahr 1980 hätte Erfolg haben müssen.

Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung, da die Rechtsfrage zu klären sei, ob eine Zusammenveranlagung auch dann in Betracht komme, wenn Ehegatten lediglich einen Monat nicht dauernd getrennt gelebt hätten. Schließlich sei § 315 der Zivilprozeßordnung (ZPO) verletzt, weil sich die maschinenschriftliche Wiedergabe der Namen der Richter nicht auf der letzten Seite des Urteils, sondern erst hinter der Rechtsbehelfsbelehrung befinde und nicht den Zusatz ,,gez." enthalte. Auch die Vorschriften der §§ 156 bis 165 ZPO, § 94 der Finanzgerichtsordnung (FGO) seien nicht beachtet worden, da das Protokoll weder in der mündlichen Verhandlung genehmigt, noch zugestellt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht zulässig.

Sofern die Revision nicht zugelassen wird, ist sie nur statthaft, wenn ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt wird. Der erkennende Senat hat die Revision mit Beschluß vom heutigen Tage VI B 101/87 nicht zugelassen; Verfahrensmängel i. S. von § 116 FGO hat der Kläger nicht dargelegt.

1. Die eine zulassungsfreie Revision begründenden Verfahrensmängel sind in § 116 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 FGO abschließend aufgezählt. Zu diesen gehören nicht die Verletzung der Vorschriften über die Protokollführung und die Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts durch Übergehen von Beweisangeboten. Auch bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs findet die Revision nur auf Zulassung statt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November 1985 VI R 13/82, BFHE 145, 125, BStBl II 1986, 187). Des weiteren kann die zulassungsfreie Revision weder durch die materiell-rechtliche Rüge unzutreffender Beweiswürdigung noch dadurch erreicht werden, daß die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage behauptet wird.

2. Ein Urteil ist nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO), wenn es von den an der Entscheidung beteiligten Richtern nicht unterschrieben worden ist, da dann nur ein Urteilsentwurf vorliegt (BFH-Beschluß vom 19. August 1986 IV R 55/86, BFH / NV 1987, 722). Im Streitfall trägt indessen die bei den Akten befindliche Urschrift des am Schluß der Sitzung verkündeten Urteils die Unterschrift der an der Entscheidung beteiligten Berufsrichter; die ehrenamtlichen Richter brauchen nicht zu unterschreiben (§ 105 Abs. 1 Satz 4 FGO). In der Urteilsausfertigung ist die Unterschrift der beteiligten Richter auch ohne den Zusatz ,,gez." jedenfalls dann ordnungsgemäß wiedergegeben, wenn - wie hier - die maschinenschriftlich gefertigten Namen nicht in Klammern gesetzt sind (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 9. Januar 1980 IV ZB 38/79, Versicherungsrecht - VersR - 1980, 333; Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 11. Februar 1981 2 RU 37/80, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1982, 79). Die Unterschriften der beteiligten Richter decken das angefochtene Urteil auch vollständig, weil sie erst hinter der im Anschluß der Entscheidungsgründe abgedruckten Rechtsbehelfsbelehrung angebracht sind (BFH-Urteil vom 7. Juli 1976 I R 242/75, BFHE 120, 7, BStBl II 1976, 787).

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 510

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