Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Angaben in der Steuererklärung als Entnahmehandlung

 

Leitsatz (NV)

1. Hat das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen, führt dieser Verfahrensmangel dann zur Revisionszulassung, wenn er nur einzelne Teile des Vorbringens betrifft, die sich auf das Ergebnis des Verfahrens nicht auswirken.

2. Die Angabe der betrieblich genutzten Flächen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in dem Vordruck Anlage L zur Einkommensteuererklärung beinhaltet nicht die unmißverständliche Aussage, alle über die dort erklärten Eigentumsflächen hinausgehenden früher zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke seien in dem betreffenden Wirtschaftsjahr entnommen worden. Diese Angaben können deshalb nicht als Entnahmehandlung verstanden werden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 126 Abs. 4; EStG § 4 Abs. 1 S. 2

 

Gründe

Es kann dahinstehen, ob das Finanzgericht (FG) gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dadurch verstoßen hat, daß es das Vorbringen der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu einer Entnahmehandlung durch die Angaben in der Anlage L für das Wirtschaftsjahr 1978/79 nicht zur Kenntnis genommen hat. Zwar ist ein Verfahrensmangel dann gegeben, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, daß das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. April 1995 I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, m. w. N.). Ein solcher Verfahrensmangel führt aber dann nicht zur Zulassung der Revision, wenn er nur einzelne Teile des Vorbringens betrifft, die sich auf das Ergebnis des Verfahrens nicht auswirken. Insoweit gelten unter entsprechender Anwendung des §126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Rz. 35, m. w. N.) dieselben Grundsätze wie in anderen Fällen der Verletzung rechtlichen Gehörs (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., §119 Rz. 14).

Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es nicht darauf an, ob die Kläger in der Anlage L für das Wirtschaftsjahr 1978/79 die Flächenangaben unter Übernahme der im fortgeschriebenen Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb erfaßten Grundstücke gemacht haben. Denn diese Angaben bedeuten für sich genommen keine klare und eindeutige Entnahmehandlung, wie sie nach der Rechtsprechung des BFH erforderlich ist (Urteile vom 9. August 1989 X R 20/86, BFHE 158, 316, BStBl II 1990, 128; vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 31. Januar 1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395). Eine solche Handlung liegt nur vor, wenn die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen unmißverständlich gelöst wird (BFH in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260). Die Angabe der betrieblich genutzten Flächen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in dem Vordruck Anlage L beinhaltet nicht die unmißverständliche Aussage, alle über die dort erklärten Eigentumsflächen hinausgehenden früher zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke seien in dem betreffenden Wirtschaftsjahr entnommen worden. Ein solcher Erklärungsinhalt ist der Anlage L nur dann zu entnehmen, wenn zugleich Angaben unter der Rubrik der besonderen Betriebseinnahmen über einen Entnahmewert in der dafür ausdrücklich vorgesehenen Zeile des Vordrucks gemacht werden. Fehlen Angaben zum Entnahmewert, können die eingesetzten Daten zu den Eigentumsflächen auch so verstanden werden, daß ohne weitere Prüfung nur die im Einheitswertbescheid erfaßten Flächen übernommen worden sind oder daß aufgrund einer in früheren Wirtschaftsjahren erfolgten Entnahme ein Grundstück nach Auffassung des Steuerpflichtigen nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört. Zum Entnahmewert sind von den Klägern aber nach ihrem eigenen Vorbringen in der Anlage L für das Wirtschaftsjahr 1978/79 Angaben nicht gemacht worden. In der Vorlage der Erklärung beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) kann demgemäß eine eindeutige und klare Entnahmehandlung nicht gesehen werden, so daß das FG zutreffend von dem Fortbestehen der Eigenschaft der Grundstücke als Betriebsvermögen ausgegangen ist.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 705

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