Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe einer gerichtlichen Entscheidung durch Niederlegung beim Postamt

 

Leitsatz (NV)

1. Der Vermerk des Postzustellers in der Postzustellungsurkunde, die Mitteilung über die Niederlegung beim Postamt sei in den Briefkasten des Adressaten eingelegt worden, begründet vollen Beweis der beurkundeten Tatsachen.

2. Zum Beweis der Unrichtigkeit dieser Tatsachen ist der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs erforderlich. Hierzu reicht weder das bloße Bestreiten noch die Behauptung aus, die Nachricht nicht vorgefunden zu haben, ebensowenig die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, insbesondere dann nicht, wenn diese keine eigene Sachdarstellung enthält und lediglich auf einen Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten Bezug nimmt.

 

Normenkette

FGO § 53; VwZG § 3 Abs. 2; ZPO §§ 182, 195 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hatte einen Beweisbeschluß erlassen, aufgrund dessen der Beschwerdeführer als Zeuge gehört werden sollte. Den Termin zur Beweisaufnahme hatte es auf den 17. Januar 1991, 13.30 Uhr, angesetzt und die Ladung des Beschwerdeführers mit Postzustellungsurkunde angeordnet. Die Sendung mit der Ladung ist ausweislich der Postzustellungsurkunde von dem Zusteller beim Postamt . . . niedergelegt worden. Der Zusteller hat weiter beurkundet, er habe eine entsprechende Benachrichtigung in den Hausbriefkasten des Beschwerdeführers eingelegt.

Der Beschwerdeführer erschien in dem Termin nicht. Daraufhin erließ das FG den Beschluß, daß dem Beschwerdeführer die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. Zugleich setzte das FG ein Ordnungsgeld von . . . DM und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von . . . Tagen gegen den Beschwerdeführer fest.

Hiergegen wendet sich dieser mit der Beschwerde, die er wie folgt begründet: Er habe von einer Ladung zum Termin am 17. Januar 1991 keine Kenntnis gehabt. Auch wenn die Ladung durch Niederlegung zugestellt worden sein sollte, habe er von einer solchen nichts gewußt, zumal er eine entsprechende Benachrichtigung nicht erhalten habe. Im übrigen sei seine Ehefrau als Hausfrau fast den ganzen Tag zu Hause. Ihr sei der angefochtene Beschluß (im Wege der Ersatzzustellung) übergeben worden.

Der Beschwerdeschrift ist eine als eidesstattliche Versicherung bezeichnete Erklärung des Beschwerdeführers beigefügt. Sie hat folgenden Inhalt: ,,Die Angaben in dem Schriftsatz meines Verfahrensbevollmächtigten vom 12. 2. 1991 werden eidesstattlich versichert."

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das FG war gemäß § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 380 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) befugt, dem Beschwerdeführer wegen seines Nichterscheinens Kosten aufzuerlegen und gegen ihn Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen.

a) Das FG hatte den Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen (§ 82 FGO i. V. m. § 377 Abs. 2 ZPO). Es ist davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer die Ladung im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung rechtswirksam bekanntgegeben worden war (§ 82 FGO i. V. m. § 377 Abs. 1 ZPO; § 53 FGO i. V. m. § 3 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - und §§ 182, 195 Abs. 2 ZPO). In der Postzustellungsurkunde hat der Postzusteller vermerkt, er habe weder den Beschwerdeführer in seiner Wohnung noch andere für diesen empfangsberechtigte Personen angetroffen und habe unter der Anschrift des Beschwerdeführers die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung - wie bei gewöhnlichen Briefen üblich - in den Hausbriefkasten eingelegt. Ein anderer Postbediensteter hat die Niederlegung beim Postamt . . . mit Datum vom 13. Dezember 1990 bestätigt. Dem Vorstehenden ist zu entnehmen, daß den Anforderungen des § 182 ZPO für eine wirksame Ersatzzustellung genügt wurde.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers, er habe eine Benachrichtigung von der Niederlegung nicht erhalten, sind nicht geeignet, die Angaben des Postzustellers in der Postzustellungsurkunde als unrichtig zu erweisen.

Die Postzustellungsurkunde begründet als öffentliche Urkunde i. S. des § 418 Abs. 1 ZPO (§ 155 FGO) den vollen Beweis der in ihr bekundeten Tatsachen, zu denen im Streitfall auch die Einlegung der Nachricht über die Niederlegung in den Briefkasten des Beschwerdeführers gehört (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Januar 1988 VII B 165/87, BFH/NV 1988, 790 m. w. N.). Zwar ist nach § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der durch die Postzustellungsurkunde bezeugten Tatsachen zulässig. Dazu ist aber der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs erforderlich. Es genügt nicht das bloße Bestreiten des von dem Postbediensteten dargelegten Geschehensablaufs und die Behauptung, die Nachricht über die Niederlegung im Briefkasten nicht vorgefunden zu haben (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1988, 790).

Auch die vorliegende eidesstattliche Versicherung (vgl. § 294 ZPO) erbringt keinen Gegenbeweis i. S. v. § 418 Abs. 2 ZPO (BFH-Beschluß vom 14. November 1977 VIII B 52/77, BFHE 124, 5, BStBl II 1978, 156 m. w. N.), insbesondere deshalb nicht, weil sie keine eigene Sachdarstellung enthält und lediglich auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten Bezug nimmt (vgl. hierzu Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 13. Januar 1988 IV a ZB 13/87, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2045).

b) Den Darlegungen des Beschwerdeführers sind ferner keine Tatsachen zu entnehmen, die als genügende Entschuldigung i. S. des § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO (§ 82 FGO) gelten und deshalb eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen könnten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417997

BFH/NV 1992, 321

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