Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen - Erledigung der Hauptsache

 

Leitsatz (NV)

Erledigt sich ein Rechtsstreit wegen Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen in der Hauptsache, nachdem das Finanzamt die Einkommensteuer im Wege der Veranlagung auf 0 DM festgesetzt hat, so entspricht die Kostenteilung je zur Hälfte billigem Ermessen, weil die Frage, welche Anforderungen an die Glaubhaftmachung negativer Einkünfte für Zwecke des Vorauszahlungsverfahrens zu stellen sind, noch nicht höchstrichterlich geklärt erscheint.

 

Normenkette

EStG § 37 Abs. 3 S. 3; FGO §§ 102, 138 Abs. 1-2, § 143 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Streitig war die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen für das zweite bis vierte Kalendervierteljahr 1980. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Anpassung ab. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) nach Durchführung eines Erörterungstermins insoweit statt, als es das FA verpflichtete, die Vorauszahlungen herabzusetzen.

Mit der Revision rügte das FA Verletzung materiellen Rechts, des § 37 Abs. 1 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Während des Revisionsverfahrens führte das FA die Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr durch, mit der die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt wurde. Die Beteiligten haben hierauf übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Nach der den Senat bindenden Erledigungserklärung der Beteiligten ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

Die Kostenentscheidung ist nicht nach § 138 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), sondern nach § 138 Abs. 1 FGO zu treffen. Mit der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung hat das FA nicht dem Klagebegehren i. S. des § 138 Abs. 2 FGO entsprochen. Denn dieses war auf die Herabsetzung von Einkommensteuervorauszahlung gerichtet.

Gemäß § 138 Abs. 1 FGO hat der Senat über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Hierbei ist grundsätzlich vom mutmaßlichen Ausgang des Rechtsstreits im Falle der Nichterledigung auszugehen. Doch braucht das Gericht im Rahmen der Kostenentscheidung nicht schwierige Rechtsfragen zu klären. Wenn sich infolgedessen der mutmaßliche Ausgang des Rechtsstreits nicht hinreichend sicher erkennen läßt, entspricht in der Regel die Kostenteilung billigem Ermessen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Februar 1968 I B 56/57, BFHE 91, 521, BStBl II 1968, 414). So liegt der Fall hier.

Über die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG hatte das FA nach ständiger Rechtsprechung durch Ermessensentscheidung zu befinden, wobei es von einem vorläufig ermittelten Sachverhalt ausgehen konnte (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1981 IV R 81/79, BFHE 134, 415, BStBl II 1982, 446). Vom FG war über die Klage hiergegen im Rahmen von § 102 FGO nur dahingehend zu entscheiden, ob das FA mit der Ablehnung der Anpassung die Grenzen seines Ermessens überschritten oder in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hatte.

Die Entscheidung dieser Fragen erscheint dem Senat offen. Welche Anforderungen an die Glaubhaftmachung negativer Einkünfte für Zwecke des Vorauszahlungsverfahrens zu stellen sind, hat die Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Der hierzu nach dem Streitjahr ergangene Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 14. Mai 1982 IV A 7-S 0353-9/82 (BStBl I 1982, 550) läßt (Tz. 3.5) ,,gegebenenfalls" selbst eine Schätzung durch das Wohnsitz-FA zu. Auch wenn sich das FA zu Recht auf den Standpunkt gestellt haben sollte, daß der Kläger weitere Unterlagen hätte beibringen müssen, erscheint fraglich, ob sich das FA nicht im Erörterungstermin vor dem FG durch eine ,,tatsächliche Verständigung" über den schwierig zu ermittelnden Sachverhalt gebunden haben könnte (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1984 VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354). Wägt man diese Gesichtspunkte gegeneinander ab, erscheint die Kostenteilung je zur Hälfte angemessen.

Der Senat erachtet es für sachdienlich klarzustellen, daß durch die Erledigung des Verfahrens das FG-Urteil gegenstandslos geworden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414191

BFH/NV 1986, 354

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