Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Dauer der Bindung an die Ausübung des sog. Veräußererwahlrechts

 

Leitsatz (NV)

Wählt ein Steuerpflichtiger, der seinen Betrieb gegen Leibrente veräußert hat, die Versteuerung der Rentenbezüge als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb, ist er an diese Ausübung des sog. Veräußererwahlrechts jedenfalls so lange gebunden, als die Laufzeit der Rente nicht erheblich über das hinausgeht, was für die Bemessung des Rentenbarwerts im Falle der Sofortversteuerung berücksichtigt worden wäre.

 

Normenkette

EStG § 16

 

Tatbestand

Die am . . . 1911 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte im Jahre 1971 ihren Gewerbebetrieb gegen eine Barzahlung in Höhe von . . . DM und eine wertgesicherte lebenslängliche Rente in Höhe von monatlich . . . DM veräußert (Barwert der Rente im Zeitpunkt der Veräußerung: . . . DM). Im Jahre 1971 und in den folgenden Jahren behandelte sie die Rentenbezüge als laufende nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Für die Streitjahre 1985 bis 1988 - wie bereits erstmalig für das Jahr 1981 - beantragte sie, nur den Ertragsanteil der Rentenbezüge von 20 v. H. der Steuer zu unterwerfen. Die Rentenbezüge seien von Anfang an eine ,,reine Versorgungsrente" gewesen und werden, da der Wert des veräußerten Gewerbebetriebs bei weitem überschritten sei, ohne Gegenleistung gewährt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin sinngemäß vor, die Rechtsfrage, ob ein Steuerpflichtiger bis an sein Lebensende an die Ausübung des sog. Veräußerungswahlrechts (Abschn. 139 Abs. 12 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1990) gebunden sei, habe grundsätzliche Bedeutung. Ihrer Auffassung nach komme eine ,,Umqualifizierung der Einkünfte für die Zukunft aufgrund besserer Erkenntnis" - insbesondere im Hinblick auf die Höhe der zwischenzeitlich aufaddierten Rentenzahlungen - in Betracht.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Eine Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn es lediglich um die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt geht (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196). So liegt es im Streitfall.

Die Klägerin hat die laufende Versteuerung der Rentenbezüge als gewerbliche Einnahmen gewählt. Sie ist in den späteren Jahren an die Ausübung des Wahlrechts gebunden (vgl. BFH-Urteile vom 20. Januar 1959 I 200/58 U, BFHE 68, 500, 504, BStBl III 1959, 192; vom 27. Juli 1977 I R 174/74, nicht veröffentlicht; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 1991, § 16 Anm. 45 d; Jansen in Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 5 EStG Rdnr. 1362; Hörger in Littmann / Bitz / Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 16 Rdnr. 101). Hiergegen hat die Klägerin keine grundsätzlichen Einwendungen vorgetragen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin geht die Laufzeit der Rente auch nicht erheblich über das hinaus, was für die Bemessung des Rentenbarwerts im Falle der Sofortversteuerung berücksichtigt worden wäre. Den zur Berechnung des Kapitalwerts einer lebenslänglichen Leistung verwendeten Vervielfältigern (Anlage 9 zu § 14 des Bewertungsgesetzes) liegen die Daten der ,,Allgemeinen Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland 1960/62" zugrunde; die Höhe des Vervielfältigers richtet sich nach der durchschnittlichen Lebenserwartung, d. h. nach der Zahl der Lebensjahre, die die maßgebende Person nach ihrem Lebensalter aufgrund statistischer Wahrscheinlichkeit noch zu erwarten hat. Nach der genannten Sterbetafel beträgt die mittlere Lebenserwartung bei einem erreichten Alter von 60 Jahren für Frauen 18 Jahre (vgl. Anlage 3 zu den Vermögensteuer-Richtlinien 1972).

 

Fundstellen

Haufe-Index 423067

BFH/NV 1991, 819

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