Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtvorlage der Prozessvollmacht
Leitsatz (NV)
Wenn im Beschwerdeverfahren vor dem BFH trotz Aufforderung durch die Geschäftsstelle des betreffenden Senats die Prozessvollmacht nicht vorgelegt wird, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. § 88 Abs. 2 ZPO gilt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht.
Normenkette
FGO § 62; ZPO § 88 Abs. 2
Tatbestand
I. Das Urteil wurde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) am 6. November 1999 zugestellt.
Am 8. Dezember 1999 haben die Rechtsanwälte S & Partner in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (S-GbR) unter Berufung auf eine noch nachzureichende Prozessvollmacht für die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2000 (zugestellt am 14. Januar 2000) hat die Geschäftsstelle des erkennenden Senats die S-GbR aufgefordert, die Prozessvollmacht im Original bis zum 8. Februar 2000 vorzulegen. Gleichzeitig wurde auf den verspäteten Eingang der Nichtzulassungsbeschwerde und auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen.
Hierauf hat die S-GbR bis heute nicht reagiert.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die Beschwerde ist unzulässig, da die Bevollmächtigung der S-GbR nicht durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht der Klägerin nachgewiesen worden ist (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die ―rechtzeitige― Vorlage einer Prozessvollmacht betrifft die Wirksamkeit der Rechtsmitteleinlegung und ist Sachentscheidungs- und Prozesshandlungsvoraussetzung (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 62 Rz. 2, m.w.N.). Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 Satz 2 FGO). § 88 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO), der für den Anwaltsprozess eine Ausnahme vorsieht, ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht entsprechend anwendbar (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. Februar 1987 II R 213/84, BFHE 149, 19, BStBl II 1987, 392).
Wird die Vollmacht nicht vorgelegt, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. Der vorherigen Setzung einer Ausschlussfrist gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO bedarf es nicht. Es genügt nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass das Gericht den Betroffenen auf den Mangel hinweist, d.h. ihn zur Vorlage der Vollmacht auffordert (BFH-Beschluss vom 26. Januar 1999 VII B 239/98, BFH/NV 1999, 823).
2. Die Beschwerde ist darüber hinaus auch verspätet eingelegt worden. Nach § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Finanzgericht (FG) einzulegen.
Die Frist begann mit der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils am 6. November 1999 an die Klägerin und endete am Montag, dem 6. Dezember 1999 (zur Fristberechnung vgl. § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 ZPO und §§ 186 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die am 8. Dezember 1999 beim FG eingegangene Beschwerde ist danach verspätet erhoben worden.
Gründe für eine Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Fristversäumnis (§ 56 FGO) sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
3. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht zwar gegenüber der Klägerin. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind jedoch dem vollmachtlosen Vertreter, der S-GbR, aufzuerlegen, weil sie das erfolglose Revisionsverfahren veranlasst hat (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rz. 67, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 426243 |
BFH/NV 2000, 1210 |