Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung der Postulationsfähigkeit in einer Gegenvorstellung

 

Leitsatz (NV)

Eine Gegenvorstellung kann zulässig nur durch eine postulationsfähige Person erhoben werden. Die Postulationsfähigkeit eines Antragstellers kann nicht dadurch nachgewiesen werden, daß er sich in Verfahren vor einem Zivilgericht als Rechtsanwalt ausgegeben hat, wenn er nach einem Schreiben einer Rechtsanwaltskammer nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Durch Beschluß vom 27. Dezember 1996 XI B ... verwarf der Bundesfinanzhof (BFH) die Beschwerde der X-GmbH (GmbH) gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG) vom 1. August 1996 als unzulässig, in dem es das FG abgelehnt hatte, der GmbH für die Verfahren ... Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Zur Begründung führte der BFH u. a. aus, der für die GmbH vor dem BFH aufgetretene Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gehöre nicht zu den vertretungsbefugten Personen, die eine Beschwerde wirksam einlegen können.

Der Antragsteller, der sich als "Prozeßbevollmächtigter bei dem Bundesgerichtshof und bei den Oberlandes-, Landes- und Amtsgerichten" bezeichnet, greift den bezeichneten Beschluß des BFH vom 27. Dezember 1996 XI B ... durch ein am 3. Februar 1997 beim BFH eingegangenes Schreiben "vorsorglich" mit "jedem geeigneten Rechtsmittel ... , das eine Änderung der ... bezeichneten Entscheidung" ermögliche, hilfsweise zu einer Abänderung und Berichtigung gemäß §§ 319 bis 321, 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) führe, an. Er bezeichnet sich darin als Antragsteller und Beschwerdeführer.

Zur Begründung macht er u. a. geltend, aus den dem Schriftsatz in Kopie beigefügten Dokumenten ergebe sich, daß er als Prozeßbevollmächtigter nach dem "Überbegriff" gemäß § 78 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 155 und § 62 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vor dem BFH postulationsfähig sei.

 

Entscheidungsgründe

1. Der V. Senat ist nach Abschn. A betreffend den V. Senat i. V. m. Abschn. A Ergänzende Regelungen IV. 1. des Geschäftsverteilungsplans des BFH für 1997 (BStBl II 1997, 104) zuständig, über die Anträge in dem am 3. Februar 1997 eingegangenen Schriftsatz zu entscheiden.

2. Das in dem am 3. Februar 1997 bei dem BFH eingegangenen Schriftsatz enthaltene Begehren des Antragstellers gegen den unanfechtbaren Beschluß des BFH vom 27. Dezember 1996 XI B ... beurteilt der Senat als Gegenvorstellung.

Die Gegenvorstellung ist unzulässig, weil der Antragsteller durch den angegriffenen Beschluß des BFH, der gegen die GmbH gerichtet ist, nicht selbst beschwert ist und weil der für das Verfahren vor dem BFH bestehende Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG auch für das Einreichen einer Gegenvorstellung (BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1996 IX S 3/96, BFH/NV 1996, 926; vom 22. Juni 1995 XI S 15/95, BFH/NV 1996, 164) gilt.

Der Antragsteller hat die Gegenvorstellung nicht wirksam erhoben, weil er nicht zu den in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG abschließend bezeichneten Personen gehört, die wirksam Anträge bei dem BFH stellen können.

Dadurch, daß sich der Antragsteller nach den von ihm vorgelegten Ablichtungen in gerichtlichen Verfahren vor Zivilgerichten als Rechtsanwalt ausgegeben hat, obwohl er nach einem Schreiben der Rechtsanwaltskammer ... an den VII. Senat des BFH als Rechtsanwalt nicht zugelassen ist, hat er die Postulationsfähigkeit nicht nachgewiesen. Er hat auch nicht behauptet, eine andere in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG bezeichnete Tätigkeit ausüben zu dürfen, die ihn dazu berechtigt, ohne postulationsfähigen Vertreter Anträge beim BFH wirksam zu stellen.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (BFH-Beschluß vom 27. Dezember 1994 X B 124/93, BFH/NV 1995, 534).

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 888

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