Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Revision als NZB

 

Leitsatz (NV)

Ein von einem Steuerberater für einen Mandanten eingelegtes und ausdrücklich als Revision bezeichnetes Rechtsmittel kann nicht als Nichtzulassungsbeschwerde ausgelegt werden.

 

Normenkette

FGO §§ 115, 120

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) -- eine GmbH -- gehörte zu einem Firmenverbund und war u. a. in den Jahren 1980 bis 1983 (Streitjahre) in der Baubranche und als Grundstückshändlerin tätig. Nach einer Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) 1991 geänderte Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre 1980 bis 1982, geänderte Feststellungsbescheide gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf den Schluß der Jahre 1980 bis 1982 und geänderte Umsatzsteuerbescheide für alle vier Streitjahre. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide waren erfolglos.

Im anschließenden Klageverfahren beantragte die Klägerin sinngemäß, die angefochtenen Bescheide entsprechend den vor Abschluß der Steuerfahndungsprüfung eingereichten Steuererklärungen zu ändern. Zur Begründung trug sie vor, zur Zeit könne sie die Richtigkeit der Angaben in den Steuererklärungen nicht nachweisen, da die dazu erforderlichen Unterlagen beschlagnahmt und für sie nicht erreichbar seien. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es vertrat die Auffassung, die Klage sei unzulässig, da die Klägerin ihr Klagebegehren nicht ausreichend bezeichnet habe.

Mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 30. Januar 1995 hat die Klägerin fristgerecht gegen das Urteil des FG "Revision" eingelegt. Zur Begründung hat sie sinngemäß vorgetragen: Die Änderungsbescheide seien ergangen, weil das FA die Kostenverrechnungen innerhalb der Firmengruppe nicht anerkannt habe. Die Klägerin habe dem FG im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausführlich dargelegt, daß die Kostenverrechnungen zutreffend gewesen seien. Der Vorwurf des FG, sie habe nicht hinreichend an der Vorlage von Beweismitteln mitgewirkt, sei unberechtigt. Die vor rund 10 Jahren beschlagnahmten Unterlagen der Firmengruppe, zu denen auch die zur substantiierten Klagebegründung erforderlichen Aufzeichnungen gehörten, umfaßten rund 14 000 Aktenordner und befänden sich an verschiedenen Orten. Es sei der Klägerin bis Ende 1994 nicht möglich gewesen, aus diesen Unterlagen die benötigten Beweismittel herauszusuchen. Dies habe sie dem FG auch dargelegt. Das FG hätte das Verfahren deshalb wie beantragt aussetzen müssen. Dann hätte die Klägerin die Klage in absehbarer Zeit unter Vorlage von Unterlagen näher begründen und das FG den Sachverhalt aufklären können. Es sei ein Verfahrensfehler, daß das FG den Sachverhalt nicht aufgeklärt habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Rechtsmittel als Beschwerde auszulegen und die Revision gegen das Urteil des FG zuzu lassen.

Das FA beantragt sinngemäß, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist eine Revision und keine Nichtzulassungsbeschwerde. Es war durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das Rechtsmittel kann nicht als Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 2 FGO ausgelegt werden.

Es wurde für die Klägerin von einem Steuerberater eingelegt und ausdrücklich als Revision bezeichnet. Im Schriftsatz vom 30. Januar 1995 wird die Klägerin als Revisionsklägerin bezeichnet und angekündigt, die Begründung des Rechtsmittels bleibe einer gesonderten Revisionsbegründungsschrift vorbehalten. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 1995 beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist des § 120 Abs. 1 FGO. Tatsachen, die den Schluß zulassen, die Klägerin habe mit Schriftsatz vom 30. Januar 1995 eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wollen und nur aus Versehen das Rechtsmittel als Revision bezeichnet, sind nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.

2. Die Revision ist unzulässig.

Abweichend von § 115 Abs. 1 FGO findet gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100) die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Im Streitfall hat weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen.

Die Revision ist auch nicht gemäß § 116 Abs. 1 FGO ohne Zulassung zulässig. Die Klägerin hat keinen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. dieser Vorschrift gerügt.

3. Der festgesetzte Streitwert entspricht der Differenz zwischen den aufgrund der Steuerfahndungsprüfung festgesetzten Steuerbeträgen und den Steuerbeträgen, die zuvor festgesetzt worden waren. Hinsichtlich der Feststellungen gemäß § 47 KStG hat der beschließende Senat den Streitwert auf 10 v. H. der streitigen Körperschaftsteuer geschätzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421712

BFH/NV 1997, 136

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