Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendung der Aufrechnung gegen den Antrag auf Vollstreckungsverfügung gegen die Finanzbehörde

 

Leitsatz (NV)

1. Gegen den Antrag des Gläubigers auf Verfügung der Vollstreckung gegen die Finanzbehörde (§ 152 FGO) kann die Aufrechnung des FA nur im Wege der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) bzw. mit dem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 769 ZPO) geltend gemacht werden.

2. Hat der Antrag des FA auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung Erfolg, so kann die beantragte Vollstreckungsverfügung nicht erteilt werden.

 

Normenkette

FGO § 151 Abs. 1, § 152; ZPO §§ 767, 769

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) haben sich als Prozeßbevollmächtigte in einem finanzgerichtlichen Verfahren den durch Kostenfestsetzungsbeschluß des Finanzgerichts (FG) festgesetzten Kostenerstattungsanspruch ihres Mandanten abtreten lassen. Da der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) sich wegen erklärter Aufrechnung weigerte, den festgesetzten Betrag an sie zu erstatten, stellten die Antragsteller beim FG den Antrag, gemäß § 152 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Vollstreckungsmaßnahmen gegen das FA aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des FG vorzunehmen und die zuständigen Stellen um deren Vornahme zu ersuchen. Das FA beantragte daraufhin im Wege der Vollstreckungsgegenklage, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß für unzulässig zu erklären; ferner stellte es den Antrag, die Vollstreckung gemäß § 769 der Zivilprozeßordnung (ZPO) einstweilen einzustellen.

Durch Beschluß des FG ... wurde die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß bis zur Zustellung des Urteils im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage ohne Sicherheitsleistung eingestellt. Unter Bezugnahme auf die Gründe dieses Beschlusses lehnte das FG im vorliegenden Verfahren durch Beschluß vom selben Tage den Antrag der Antragsteller auf Verfügung der Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ab.

Mit der Beschwerde halten die Antragsteller an ihrem Antrag auf Verfügung der Vollstreckung gemäß § 152 FGO fest. Sie machen im wesentlichen geltend, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Aufrechnung durch das FA gegen ihren Kostenerstattungsanspruch mit einer Gegenforderung wirksam sei, obwohl diese auf einem Verwaltungsakt beruhe, dessen Vollziehung ausgesetzt sei.

Wegen der Begründung des FG in der von ihm in bezug genommenen Entscheidung zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung und der dagegen - auch im vorliegenden Verfahren - vorgebrachten Einwendungen der Antragsteller verweist der Senat auf seinen Beschluß vom heutigen Tag VII B 191/92 (BFH/NV 1994, 218).

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Wie der Senat im Beschluß vom 20. Dezember 1983 VII B 73/83 (BFHE 139, 494, BStBl II 1984, 205) entschieden hat, kann bei der Entscheidung über den Antrag des Gläubigers auf Vollstreckung gegen eine Finanzbehörde nach §§ 151 Abs. 1, 152 FGO die Einwendung der Aufrechnung durch den Schuldner nicht berücksichtigt werden. Die Aufrechnungserklärung des FA ist somit für sich gesehen nicht geeignet, die Versagung der beantragten Vollstreckungsverfügung zu rechtfertigen. Da die Einwendung der Aufrechnung den durch das Urteil (hier: Kostenfestsetzungsbeschluß) festgesetzten Anspruch selbst betrifft, kann sie nach § 151 Abs. 1 FGO in sinngemäßer Anwendung des § 767 ZPO nur im Wege der Vollstreckungsabwehrklage bzw. - im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes - mit dem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstrekkung nach § 769 ZPO geltend gemacht werden. Wird die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß einstweilen eingestellt, so ist - wie der Senat durch Beschluß vom 24. November 1987 VII B 148/86 (BFH/NV 1988, 574) entschieden hat - eine bereits ergangene Vollstreckungsverfügung nach § 152 Abs. 1 FGO aufzuheben, da die Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 151 FGO entfallen sind (ebenso: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 152 FGO Tz. 3 am Ende).

Im Streitfall hat das FA die gegen den Kostenerstattungsanspruch der Antragsteller erklärte Aufrechnung mit Steuerforderungen gemäß § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. § 767 und § 769 ZPO mit der Vollstreckungsabwehrklage und mit dem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß geltend gemacht. Sowohl die Klage als auch das Antragsverfahren hatten Erfolg. Das FG hat im Hinblick auf die von ihm beschlossene einstweilige Einstellung der Vollstreckung - hinsichtlich derer der Senat mit Beschluß vom heutigen Tage VII B 191/92 die Beschwerde der Antragsteller als unbegründet zurückgewiesen hat - im vorliegenden Verfahren den Antrag der Antragsteller auf Verfügung der Vollstreckung gemäß § 152 FGO abgelehnt. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Wenn - wie oben ausgeführt (Senat in BFH/NV 1988, 574) - die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung dazu führt, daß eine bereits erlassene Vollstreckungsverfügung gegen die Finanzbehörde aufzuheben ist, so muß sie auch zur Folge haben, daß einem bisher noch nicht beschiedenen Antrag auf Erlaß der Vollstreckungsverfügung - jedenfalls für die Dauer der vorläufigen Entscheidung gemäß § 769 ZPO - nicht entsprochen werden kann. Sollte die Vollstreckungsabwehrklage des FA entgegen dem Urteil des FG, gegen das der Senat die Revision zugelassen hat, im Revisionsverfahren ohne Erfolg bleiben, so steht es den Antragstellern frei, erneut die Verfügung der Vollstreckung gemäß § 152 FGO zu beantragen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 249

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