Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Begründung einer NZB; verspätetes Vorbringen

 

Leitsatz (NV)

1. Das Interesse der Allgemeinheit an der Beantwortung einer Rechtsfrage wird durch den Vortrag, eine aufgeworfene Rechtsfrage sei vom BFH noch nicht beantwortet worden, nicht ausreichend begründet.

2. Eine am Ende der Begründungsfrist fehlende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache kann später nicht nachgeholt werden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte in sämtlichen Streitjahren steuerpflichtige Umsätze aus Vermietung und Verpachtung sowie in einigen der Streitjahre steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb einer ... und einer ...

Da der Kläger für die Kalenderjahre 1984 bis 1986 keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben hatte, setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Umsatzsteuer für diese Jahre unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers in den Umsatzsteuervoranmeldungen im Jahre 1988 aufgrund von Schätzungen fest.

Der Kläger gab die Umsatzsteuererklärungen für 1984 im Mai 1989, für 1985 im September 1989 und für 1986 im Februar 1990 ab. Für die Jahre 1987 und 1988 reichte er die Umsatzsteuererklärungen im August bzw. Oktober 1990 ein.

Da die in den Umsatzsteuererklärungen geltend gemachten Vorsteuerbeträge in allen Streitjahren niedriger waren als die Summe der Vorsteuerbeträge in den Voranmeldungen des jeweiligen Jahres -- teilweise erheblich niedriger --, ging das FA insoweit von Steuerhinterziehung durch den Kläger aus und setzte für den Zeitraum vom Erlaß der Umsatzsteuerschätzungsbescheide 1984 bis 1986 bzw. vom Abschluß der Veranlagungsarbeiten für 1987 und 1988 an bis zur Zahlung der sich aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärungen ergebenden Abschlußzahlungen Hinterziehungszinsen gegen den Kläger fest.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Kläger habe durch die Angabe höherer als der wirklich abziehbaren Vorsteuerbeträge und ab 1986 zusätzlich durch Angabe niedrigerer als der wirklich erzielten steuerpflichtigen Umsätze zumindest billigend in Kauf genommen, daß die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in voller Höhe festgesetzt worden seien. Für die hierdurch hinterzogenen Steuern habe das FA zu Recht Hinterziehungszinsen festgesetzt. Es habe den Kläger auch nicht unzulässigerweise im Besteuerungsverfahren zu einer Selbstbelastung gezwungen, die im Strafverfahren gegen ihn verwendet werden könne. Bei der Erhebung von Hinterziehungszinsen handele es sich nicht um eine Strafmaßnahme.

Hiergegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) stützt.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im angestrebten Revisionsverfahren klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513). Hierzu gehört insbesondere die Darlegung, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die mit der Beschwerde herausgestellten Rechtsfragen umstritten sind.

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger stellt in der Beschwerdeschrift vom 6. Juni 1994 hauptsächlich dar, weshalb das Urteil des FG nach seiner Ansicht rechtsfehlerhaft ist. Lediglich im vorletzten Absatz bemängelt er, daß das FG nicht auf die Fragen eingegangen sei, welche Bedeutung der in § 18 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) geregelten Umsatzsteuerabschlußzahlung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zukommt und ob trotz des Hinweises auf den Vordrucken für die Umsatzsteuererklärung, die Daten würden für die Besteuerung erhoben, es zulässig ist, daß die Daten dazu verwendet werden, Hinterziehungszinsen festzusetzen. Es fehlt jedoch die Darlegung dessen, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen diese Rechtsfragen umstritten oder aus anderen Gründen klärungsbedürftig sind.

Zur Begründung des Allgemeininteresses reicht der Vortrag, daß eine aufgeworfene Rechtsfrage vom BFH noch nicht beantwortet ist, nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, widerstreitende Meinungen in Rechtsprechung und Litertur im einzelnen darzulegen (vgl. Senatsbeschluß vom 24. November 1993 V B 146/93, nicht ver öffentlicht; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 152 und 153). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

c) Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 16. September 1994 ist nicht zu berücksichtigen.

Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde dürfen nur die innerhalb der nicht verlängerbaren (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291) Monatsfrist nach Zustellung der Vorentscheidung (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) vom Beschwerdeführer dargelegten oder bezeichneten Gründe beachtet werden (vgl. BFH-Beschluß vom 6. August 1986 II B 53/86, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858). Nach Ablauf der Beschwerdefrist sind nur Erläuterungen und Vervollständigungen von rechtzeitig geltend gemachten Zulassungsgründen zulässig (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 55). Eine am Fristende fehlende Darlegung i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO kann später nicht mehr nachgeholt werden (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Januar 1989 V B 4/88, BFH/NV 1989, 791).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 804

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