Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisionsbegründung erfordert sachliche Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil

 

Leitsatz (NV)

Die Wiederholung einer bereits in der Vorinstanz geäußerten Rechtsauffassung ohne Eingehen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung reicht als Revisionsbegründung nicht aus.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein in Holland ansässiger Unternehmer, lieferte in den Streitjahren von ihr hergestellte Gegenstände an Abnehmer im Inland. Am 26. Oktober 1976 forderte sie der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) auf, für die Jahre 1973 und 1974 bis spätestens 10. November 1976 Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Die Klägerin verweigerte die Abgabe der Steuererklärungen mit dem Hinweis, daß erst geklärt werden müsse, ob die ,,in Frage stehenden Lieferungen und Leistungen überhaupt steuerbar" seien. Das FA schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen; in den Umsatzsteuerbescheiden 1973 und 1974 vom 14. Dezember 1976 setzte es gemäß § 168 Abs. 2 Satz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) Verspätungszuschläge fest.

Die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück. Nach § 167 Abs. 3 i. V. m. § 167 Abs. 4 AO sei die Klägerin verpflichtet gewesen, so führt das FG aus, die Umsatzsteuererklärungen 1973 und 1974 innerhalb der vom FA festgelegten verlängerten Abgabefrist einzureichen. Dies habe die Klägerin nicht getan, sie habe damit die Steuererklärungen verspätet abgegeben. Die von der Klägerin hierfür vorgebrachten Gründe reichten nicht aus, die Versäumnis entschuldbar erscheinen zu lassen (§ 168 Abs. 2 Satz 2 AO). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 167 Abs. 2 AO sei unabhängig von besonderen in Steuergesetzen normierten Erklärungspflichten jeder Steuerbürger zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn er dazu vom FA aufgefordert worden sei. Diese Verpflichtung bestehe gerade auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Auffassung sei, keiner Steuerpflicht zu unterliegen. Denn mit ein Grund für diese Erklärungspflicht sei, dem FA die Möglichkeit zur Prüfung der Frage zu geben, ob Besteuerungstatbestände verwirklicht worden seien oder nicht. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die im Einzelfall angeforderten Steuererklärungen auch abgegeben würden. Das FA habe zu Recht darauf hingewiesen, daß die Klägerin die nach ihrer Auffassung nicht steuerbaren Umsätze als solche hätte erklären und ggf. im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens überprüfen lassen können. Von der Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen befreie diese Auffassung jedenfalls nicht und führe auch nicht dazu, die verspätete Abgabe zu entschuldigen. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, daß sich die Klägerin bereits seit April 1975 von einem inländischen Steuerberater habe vertreten lassen. Auf eine möglicherweise vorhandene Unkenntnis deutschen Steuerrechts könne sich die Klägerin damit nicht berufen.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Revision trägt die Klägerin im wesentlichen vor: Eine Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen 1973 und 1974, wie sie die vom FG herangezogene Vorschrift des § 168 Abs. 2 AO zugrunde lege, habe die Klägerin nicht gesehen, weil sie davon ausgegangen sei, daß sie nichtsteuerbare Umsätze getätigt habe. In der Aufforderung des FA, Umsatzsteuererklärungen abzugeben, habe die Klägerin den Versuch des FA gesehen, die eigene Rechtsauffassung durchzusetzen. Die Klägerin habe von der ihr als zuständig erscheinenden Behörde, dem Zollamt (ZA) N. die Auskunft erhalten gehabt, ihre Lieferungen nach Deutschland seien nichtsteuerbare Umsätze. Erst nachdem seitens der Finanzverwaltung die umsatzsteuerliche Behandlung der Geschäfte in Frage gestellt worden sei, habe sie sich an einen deutschen Steuerberater gewandt. Die Einsicht, daß sie bei einer deutschen Behörde eine falsche Auskunft erhalten haben könnte, falle ihr aus Gründen des ,,gesunden holländischen Menschenverstandes" außerordentlich schwer. Aufgrund des geschilderten Sachverhalts gehe sie davon aus, daß ihr Versäumnis entschuldbar erscheine.

Die Klägerin beantragt, die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für Umsatzsteuer 1973 und 1974 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unzulässig, weil sie in der gesetzlichen Frist nicht ausreichend begründet worden ist (§ 124 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Ablauf der Revisionsfrist zu begründen. In der Revisionsbegründung muß dargelegt werden, weshalb der Rechtsmittelführer dem angefochtenen Urteil nicht zustimmt; dies erfordert eine sachliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der Vorentscheidung (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. Beschlüsse vom 23. April 1971 VI R 254/70, BFHE 102, 217, BStBl II 1971, 588; vom 25. Oktober 1973 V R 38/72, BFHE 110, 324, BStBl II 1974, 13 und vom 2. August 1983 VIII R 109/80, BFHE 139, 181, BStBl II 1983, 711).

Die Klägerin hat ihre Revision nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet, weil die Revisionsbegründungsschrift vom 26. September 1983 nicht erkennen läßt, daß sie sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt. Es wird lediglich die Auffassung wiederholt, die Klägerin habe keine Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen gesehen, weil sie davon ausgegangen sei, daß sie nichtsteuerbare Umsätze getätigt habe. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, aus denen das FG zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Klägerin sich nicht damit entschuldigen könne, sie habe lediglich nichtsteuerbare Umsätze erbracht, geht die Revisionsbegründung nicht ein. Soweit mit den Ausführungen zu der von der Klägerin behaupteten Auskunft des ZA ein weiterer Entschuldigungsgrund i. S. des § 168 Abs. 2 Satz 2 AO geltend gemacht werden sollte, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das - mangels ausreichender Revisionsrügen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) - nicht berücksichtigt werden kann.

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 100

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge