Entscheidungsstichwort (Thema)

Keiner dem Ingenieurberuf ähnlicher Beruf eines von der Industrie- und Handelskammer zum Kfz-Sachverständigen bestellten Autodidakten bei Erstellung sog. Schadensgutachten; keine Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels, wenn FG-Urteil aus der Sicht des BFH richtig

 

Leitsatz (NV)

1. Durch die neuere BFH-Rechtsprechung ist geklärt, daß ein von der Industrie- und Handelskammer zum Kfz-Sachverständigen bestellter Handwerksmeister keine - auch keine spezialisierte - dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ausübt, wenn er lediglich sog. Schadensgutachten erstellt.

2. Entsprechend § 126 Abs. 4 FGO kann die Revision nicht wegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zugelassen werden, wenn sich das FG-Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 126 Abs. 4

 

Gründe

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -); sie ist durch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt.

Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dazu gehört die (1) Vergleichbarkeit der Ausbildung und (2) die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit (Senatsurteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64). Das gilt nach der BFH-Rechtsprechung (zuletzt in den beiden Senatsurteilen vom 9. Juli 1992 IV R 116/90, BFHE 169, 402, BStBl II 1993, 100 und IV R 132/90, BFH/NV 1993, 357) auch für Kfz-Sachverständige, die wie der Kläger eine Ausbildung, wie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben ist, nicht besitzen. Diese können nachweisen, daß sie vergleichbare Fachtkenntnisse im Wege des Selbststudiums erworben haben. Doch reichen bloße Bestätigungen über die Teilnahme an Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen als Erfolgsnachweis der für eine Ingenieurtätigkeit erforderlichen Kenntnisse nicht aus, vielmehr muß der erfolgreiche Abschluß durch Zeugnisse, Zertifikate oder ähnliche Urkunden nachweisbar sein (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juli 1992 IV R 132/90). Damit kann jedenfalls der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage des Nachweises im autodidaktischen Wege erlangter Kenntnisse - außerhalb der Würdigung der gesamten praktischen Arbeit - keine grundsätzliche Bedeutung mehr beigemessen werden. Das kann - wie hier die Würdigung des vorgelegten Gutachtens und der Bestätigung des Verbandes der unabhängigen Kfz-Sachverständigen e.V. vom 6. Dezember 1989 - jeweils nur im Einzelfall entschieden werden. Geklärt ist zudem, daß ein Kfz-Sachverständiger diesen Nachweis des ingenieurmäßigen Wissens auch anhand eigener praktischer Arbeiten erbringen muß (Urteil des erkennenden Senats vom 10. November 1988 IV R 63/86, BFHE 155, 109, BStBl II 1989, 198), wenn diese Arbeiten einen der Ingenieurtätigkeit vergleichbaren Schwierigkeitsgrad aufweisen und zudem den Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilden (Senatsurteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BFHE 158, 409, BStBl II 1990, 73).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist jedoch aus einem weiteren Grunde nicht klärungsfähig. Das Finanzgericht (FG) hat nämlich unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH auch darauf abgestellt, daß die vom Kläger ausgeübte qualifizierte Arbeit nicht den wesentlichen Teil seiner Berufstätigkeit ausmacht. Da nicht bloß die Ausbildung, sondern auch die ausgeübte praktische Tätigkeit mit dem Katalogberuf vergleichbar sein muß, übt selbst ein von der Industrie- und Handelskammer öffentlich anerkannter und vereidigter Kfz-Sachverständiger keine - auch keine spezialisierte - dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit aus, wenn er lediglich sog. Schadensgutachten erstellt. Das gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 359, und vom 12. Dezember 1991 IV R 65-67/89, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 18 Abs. 1 Nr. 67; vgl. auch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1991, 47, und Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 614) selbst dann, wenn er zwar die erforderlichen Kenntnisse besitzt und daher außer den sog. Schadensgutachten auch solche über Schadensursachen erstellt, aber die hiermit zusammenhängende Beschäftigung nicht den Schwerpunkt der Berufstätigkeit bildet, insbesondere diese qualifizierte Arbeit nicht überwiegt und der ausgeübten Berufstätigkeit nicht insgesamt das Gepräge im Sinne eines dem Katalogberuf ähnlichen Berufes gibt. Für den Kläger hat das FG allerdings nur gewisse mathematisch-technische Kenntnisse festgestellt.

2. Im übrigen kann dahinstehen, ob - worauf der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) abstellt - der Kläger in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), daß das angefochtene Urteil auf Verfahrensmängeln i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen könne, weil das FG seiner Sachaufklärungspflicht nicht genügt, gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt habe. Zweifel an der ordnungsgemäßen Bezeichnung der geltend gemachten Verfahrensmängel ergeben sich daraus, daß der Kläger nicht dargelegt hat, welche weiteren Ermittlungen sich dem FG hätten aufdrängen müssen und das Urteil bei ordnungsgemäßem Verfahren anders ausgefallen wäre, zumal das FG gewisse ingenieurmäßige Kenntnisse des Klägers in einem untergeordneten Teilbereich unterstellt hatte. Denn jedenfalls kann die Revision in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO nicht zugelassen werden (BFH-Beschluß vom 26. Juni 1992 III B 72/91, BFH/NV 1992, 722 m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Anm. 35 m.w.N.; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 115 FGO Anm. 69 m.w.N.), weil nach der dann maßgeblichen Rechtsauffassung des BFH die qualifizierte Arbeit, also die Gutachten betr. Schadensursachen, den Schwerpunkt der Berufstätigkeit bilden muß.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418900

BFH/NV 1994, 629

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