Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterablehnung

 

Leitsatz (NV)

Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Ablehnungsverfahren entfällt, wenn das Ziel, eine Mitwirkung des als befangen abgelehnten Richters an einer Sachentscheidung zu verhindern, nicht mehr erreicht werden kann.

 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit Schreiben vom 19. Januar 1994, das beim Finanzgericht (FG) am 27. Januar 1994 eingegangen ist, die Untätigkeitsklage wegen Einkommensteuer 1988 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 10. Februar 1994 lehnte der Prozeßbevollmächtigte "in Vollmacht des Klägers und im eigenen Namen" den Berichterstatter beim FG wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß der Berichterstatter dem Prozeßbevollmächtigten gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Ausschlußfrist zur Vorlage einer sich zweifelsfrei auf das vorliegende Klageverfahren beziehenden Prozeßvollmacht gesetzt hatte.

Das FG hat das Befangenheitsgesuch durch Beschluß vom 15. Januar 1994 unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen. Das Verfahren wurde durch Beschluß des Berichterstatters vom selben Tage eingestellt.

Der Prozeßbevollmächtigte hat "in Vollmacht des Klägers" Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der abgelehnte Richter habe an der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs mitgewirkt, ohne vorher eine dienstliche Stellungnahme abgegeben zu haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde gegen den das Ablehnungsgesuch verwerfenden Beschluß ist unzulässig.

Das Rechtsschutzbedürfnis für das Ablehnungsverfahren ist entfallen, nachdem der Kläger am 27. Januar 1994 die Rücknahme der Klage erklärt hat. Das mit der Beschwerde gegen die Verwerfung des Ab lehnungsgesuchs verfolgte Ziel, eine Mitwirkung des als befangen abgelehnten Richters an einer Sachentscheidung in diesem Verfahren zu verhindern, kann nach der Rücknahme der Klage nicht mehr erreicht werden. Die Klagerücknahme führt zur Beendigung des Verfahrens ohne rechtskräftige Entscheidung über das geltend gemachte Recht. Die prozessualen und materiell-rechtlichen Folgen der Rechtshängigkeit werden dadurch rückwirkend beseitigt (Gräber /Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 72 Anm. 30). Der nach Abgabe der Rücknahmeerklärung ergangene Einstellungsbeschluß hat, wenn -- wie im vorliegenden Fall -- kein Streit über die Wirksamkeit der Klagerücknahme besteht, lediglich deklaratorische Bedeutung (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 9. Mai 1972 IV B 99/70, BFHE 105, 246, BStBl II 1972, 543; Gräber/Koch, a. a. O., Anm. 35).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 237

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