Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterprüfung; Erleichterungen für Bewerber mit Behinderungen

 

Leitsatz (NV)

Bewerbern mit Behinderungen kann im Rahmen der Steuerberaterprüfung eine Erleichterung durch Schreibzeitverlängerungen für die Fertigung der Aufsichtsarbeiten gewährt werden. Darüber hinaus kann der Behinderung nicht durch einen abweichenden Maßstab bei der Bewertung der Prüfungsleistung Rechnung getragen werden.

 

Normenkette

StBerG § 37; DVStB § 18 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 13 K 4/06)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) beantragte mit ihrer Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2005 zugleich die Verlängerung der Bearbeitungszeit für die Anfertigung der Aufsichtsarbeiten gemäß § 18 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB), wofür sie zunächst eine privatärztliche Bescheinigung, später auch ein amtsärztliches Zeugnis vorlegte, mit denen Legasthenie attestiert bzw. die Verlängerung der Bearbeitungszeit befürwortet wurde. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzministerium) gewährte daraufhin für die Fertigung der Aufsichtsarbeiten eine Prüfungsverlängerung von einer Stunde pro Tag.

Im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung erzielte die Klägerin eine Gesamtnote von 4,66, woraufhin ihr mitgeteilt wurde, dass sie die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe. Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Bewertung der mit 4,5 benoteten Aufsichtsarbeit aus den Gebieten der Buchführung und des Bilanzwesens und machte geltend, dass für diese Arbeit zu den gegebenen 41 Punkten noch weitere 16 Punkte vergeben werden müssten. Nachdem das seitens der Klägerin beantragte verwaltungsinterne Überdenkungsverfahren zur Vergabe von zwei weiteren Punkten durch die Prüfer geführt hatte, was jedoch an der Note nichts änderte, wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Das FG urteilte, dass außerdem noch drei zusätzliche Punkte für die Arbeit zu vergeben seien, was aber zu insgesamt 46 Punkten und damit zu keiner besseren Note als 4,5 führe. Wegen der ärztlich bescheinigten Legasthenie sei der Klägerin mit der Schreibzeitverlängerung ein angemessener Ausgleich gewährt worden; eine weitere Berücksichtigung in Form eines abweichenden Bewertungsmaßstabs könne die Klägerin nicht beanspruchen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO--) stützt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, weshalb der Senat auf die Mängel bezüglich der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung der Zulassungsgründe nicht näher eingehen muss.

Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob Legasthenie eines Bewerbers nicht nur durch Gewährung einer Schreibzeitverlängerung gemäß § 18 Abs. 3 DVStB, sondern auch zusätzlich im Rahmen der einzelnen Prüfungsarbeiten zu berücksichtigen sei, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich nur so beantworten lässt, wie es das FG getan hat. Die maßgebenden Vorschriften über das Prüfungsverfahren sehen nicht vor, dass bei der Bewertung der Prüfungsleistungen der Bewerber unterschiedliche Maßstäbe unter Berücksichtigung ihrer individuellen Leistungsfähigkeit angelegt werden, was in Anbetracht der Variationen individueller Leistungsfähigkeit und Veranlagungen und deren fehlender Messbarkeit auch gar nicht möglich wäre. Nach § 18 Abs. 3 DVStB können allein im Rahmen des Verfahrens ärztlich attestierte Behinderungen Berücksichtigung finden, indem den Bewerbern durch Schreibzeitverlängerung eine Erleichterung gegenüber den anderen Bewerbern gewährt wird. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden; die Anlegung gleicher Bewertungsmaßstäbe bei behinderten und nicht behinderten Prüflingen ist keine Verletzung, sondern ein Gebot der Chancengleichheit und stellt erst recht keine Diskriminierung behinderter Prüflinge dar.

Im Übrigen wäre die von der Beschwerde bezeichnete Frage in einem Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig, weil es sich --wie das FG zutreffend erkannt hat-- nicht feststellen lässt, ob das Fehlen von Ausführungen in der Prüfungsarbeit zu bestimmten Teilen der Prüfungsaufgabe auf die ärztlich bescheinigte Legasthenie zurückzuführen ist.

 

Fundstellen

BFH/NV 2008, 1888

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