Leitsatz (amtlich)

Gegen den Beschluß des ersuchten Richters, durch den ein zur Beweisaufnahme nicht erschienener Zeuge in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sowie zu einer Ordnungsstrafe und ersatzweise zu einer Haftstrafe verurteilt worden ist, ist die Beschwerde an den BFH nur gegeben, wenn zuvor die Entscheidung des um die Zeugenvernehmung ersuchenden FG herbeigeführt worden ist.

 

Normenkette

FGO §§ 82, 128 Abs. 1, § 133 Abs. 1; ZPO § 380 Abs. 1, 3, §§ 400, 576 Abs. 1

 

Tatbestand

Durch den vom gemäß § 82 FGO, § 362 ZPO ersuchten Gericht erlassenen Beschluß sind

1. der Beschwerdeführer zu 1. zu einer Ordnungsstrafe von 300 DM, ersatzweise zu einer Haftstrafe von 3 Tagen,

2. die Beschwerdeführerin zu 2. zu einer Ordnungsstrafe von 150 DM, ersatzweise zu einer Haftstrafe von 2 Tagen, und

3. beide Beschwerdeführer verurteilt worden, die durch den Termin am 17. April 1974 entstandenen Kosten als Gesamtschuldner zu tragen,

weil sie, obwohl nach Ansicht des ersuchten Gerichts ordnungsgemäß als Zeugen geladen, dem Termin über die Beweisaufnahme am 17. April 1974 unentschuldigt ferngeblieben sind.

Die diesem Beschluß beigefügte Rechtsmittelbelehrung lautet wie folgt:

"Gegen diesen Beschluß ist nach § 128 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung die Beschwerde zulässig. Sie ist bei dem ... Finanzgericht in ... schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen, gerechnet vom Ende des Tages an, an dem der Beschluß zugestellt wird, einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der genannten zwei Wochen beim Bundesfinanzhof eingeht.

Im übrigen wird auf die Vorschriften der §§ 128 bis 132 Finanzgerichtsordnung verwiesen."

Mit der Beschwerde machen beide Beschwerdeführer geltend, sie seien nicht unentschuldigt ferngeblieben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden sind unzulässig.

1. Auf Grund § 82 FGO ist auf die Beweisaufnahme § 380 ZPO sinngemäß anwendbar. Gemäß § 380 Abs. 1 ZPO ist ein ordnungsgemäß geladener Zeuge, der nicht erscheint, ohne daß es eines Antrages bedarf, in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sowie zu einer Ordnungsstrafe in Geld und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen; Abs. 3 dieser Vorschrift läßt gegen diese Beschlüsse die Beschwerde zu.

Für den Zivilprozeß wird von der herrschenden Meinung die Beschwerde gegen eine solche Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters (§ 400 ZPO) erst nach Herbeiführung einer Entscheidung des Prozeßgerichts (§ 576 Abs. 1 ZPO) für zulässig gehalten (Beschluß des RG v. 25. Februar 1908 VIII 18/08, RGZ 68, 66; Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 380 Anm. III; Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, § 380 Anm. B III; Thomas-Putzo, Zivilprozeßordnung, 7. Aufl., § 380 Anm. 3 b; Bergerfurth, Juristenzeitung 1971, S. 84, 87; anderer Meinung Landgericht - LG - Frankenthal, Beschluß vom 9. Februar 1961 I T 34/61, NJW 1961, 1363).

Eine dem § 576 Abs. 1 ZPO vergleichbare Vorschrift ist § 133 Abs. 1 FGO (vgl. auch § 151 VwGO). Im Hinblick auf die Anwendung dieser Vorschrift sind die vom LG Frankenthal (a. a. O.) gegen die herrschende Meinung im Zivilprozeß erhobenen Bedenken ohne Bedeutung. Gemäß Abs. 3 des § 380 ZPO ist zwar gegen Beschlüsse im Sinne der Absätze 1 und 2 die Beschwerde statthaft. Für das Verfahren über die Beschwerde gelten jedoch für den Bereich der Finanzgerichtsbarkeit die Regeln der §§ 128 bis 133 FGO (vgl. Beschluß des BFH vom 12. Juni 1969 V B 6/69, BFHE 96, 17, BStBl II 1969, 526 und Urteil des BFH vom 14. Juli 1971 I R 9/71, BFHE 103, 121 [123], BStBl II 1971, 808. [809]). Die gemäß § 82 FGO sinngemäß anzuwendende Regelung des § 380 Abs. 3 ZPO (vgl. auch § 128 Abs. 1 FGO) wird durch die Regelung des § 133 Abs. 1 FGO durchbrochen. Danach kann gegen die Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) beantragt werden; FG in diesem Sinne ist das beauftragende oder das ersuchende Gericht (vgl. § 576 Abs. 1 ZPO: Prozeßgericht). Gegen dessen Entscheidung ist nach § 128 FGO die Beschwerde gegeben. Eine unmittelbare Beschwerde gegen den Beschluß des ersuchten Richters wird durch die Sondervorschrift des § 133 Abs. 1 FGO ausgeschlossen.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 660

BFHE 1975, 7

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