Entscheidungsstichwort (Thema)

Armut als Wiedereinsetzungsgrund

 

Leitsatz (NV)

Ist bei Einlegung der Revision der Vertretungszwang nicht beachtet, kommt eine Wiedereinsetzung auch unter dem Gesichtspunkt der Armut des Klägers nicht in Betracht, wenn dieser nicht spätestens mit der Revisionseinlegung alle Voraussetzungen für die Entscheidung über einen Prozeßkostenhilfeantrag geschaffen hat.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Gründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932 i.d.F. des Gesetzes vom 3. Dezember 1987, BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800). Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie offensichtlich im Streitfall, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen (Prozeßhandlungsvoraussetzung; vgl. dazu Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 45 II 1, S. 249), so ist die betreffende Prozeßhandlung - im Streitfall die Einlegung der Revision - unwirksam.

Nichts anderes ergäbe sich selbst dann, wenn der Hinweis des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) in seinem Schreiben vom 22. Juni 1988, er könne sich keinen Anwalt leisten, als Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) zu verstehen wäre; denn der Kläger könnte auch durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen keine zulässige Revision mehr einlegen.

Das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 10. Dezember 1987 ist dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 12. Februar 1988 zugestellt worden. Die einmonatige Revisionsfrist (§ 120 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) endete, da der 12. März 1988 ein Samstag war, mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -), also am 14. März 1988. Nach Ablauf der Revisionsfrist ist eine im übrigen ordnungsgemäße Revision nur noch zulässig, wenn die Fristversäumnis unverschuldet war und deshalb die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO vorlagen.

Armut kommt als Wiedereinsetzungsgrund in bezug auf die versäumte Revisionsfrist nur dann in Betracht, wenn der Beteiligte innerhalb der Frist neben anderem auch ein PKH-Gesuch eingereicht hat, sofern er nicht auch hieran ohne sein Verschulden gehindert war (z. B. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1983 II S 2/83, BFHE 138, 526, BStBl II 1983, 644, m.w.N.). Auch eine schuldlose Verhinderung des Klägers während der Revisionsfrist unterstellt, hätte er jedenfalls spätestens in seinem Schreiben vom 14. März 1988 PKH beantragen müssen. Dies ist nicht geschehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 251

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