Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung bei Treuhandverhältnissen mit Auslandsbezug

 

Leitsatz (NV)

Wertpapiere und Sparkassenbücher, die bei der Einreise in das Inland entdeckt werden, können in eine Schätzung durch Vermögenszuwachsrechnung einbezogen werden. Der Einwand, die Wertpapiere und Sparkassenbücher würden lediglich für einen ausländischen Treugeber gehalten, kann nur dann erfolgversprechend erhoben werden, wenn sämtliche Einzelheiten des Treuhandverhältnisses dargelegt und nachgewiesen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 90 Abs. 2, § 159 Abs. 1, § 162

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Ehemann (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1974 bis 1983 in . . . einen Veranstaltungsdienst.

Die Zollfahndungsstelle X fand am 25. Januar 1984 bei dem Sohn der Kläger, als dieser mit dem Pkw einreiste, Wertpapiere sowie Sparkassenbücher ausländischer Banken. Die daraufhin eingeschaltete Steuerfahndung nahm Einkommensteuerverkürzungen in den Jahren 1974 bis 1983 an. Die Gewinnminderungen errechnete sie anhand einer Vermögenszuwachsrechnung, in die sie die bei dem Sohn vorgefundenen Wertpapiere und Sparkassenbücher einbezog. Der unaufgeklärte Fehlbetrag wurde als zusätzliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf den Streitzeitraum verteilt. Auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden erhöht.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erließ entsprechende Einkommensteueränderungsbescheide für 1974 bis 1982 und einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 1983. Der Einspruch war für die Jahre 1979 bis 1983 erfolglos; für die Jahre 1974 bis 1978 führte er als Folge einer Minderung der Umsatzsteuernachforderungen zu einer Heraufsetzung der Einkommensteuerforderungen. Mit der Klage begehren die Kläger, die zu versteuernden Einkommen niedriger festzusetzen.

Sie haben außerdem Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag abgelehnt und ausgeführt: Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Einlassung der Kläger, daß die bei dem Sohn aufgefundenen Wertpapiere der A-AG (Treugeber) gehört hätten, sei nicht glaubhaft. Das Treuhandverhältnis sei nicht nachgewiesen (§ 159 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet.

Das FG hat die beantragte PKH zu Recht abgelehnt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Die Kläger wenden sich vorwiegend mit tatsächlichen Erwägungen gegen die Einbeziehung der bei ihrem Sohn vorgefundenen Wertpapiere und Sparkassenbücher in die Vermögenszuwachsrechnung. Sie haben im finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemacht, die genannten Papiere seien größtenteils der A-AG zuzurechnen. Für die Richtigkeit ihrer Darstellung haben sie sich auf das Zeugnis ihres Sohnes und auf eine schriftliche Bestätigung des Managing-Directors der A-AG vom 8. Oktober 1984 berufen. Das FG hat dieses Vorbringen zu Recht als nicht ausreichend angesehen.

Zwar ist dem FG im PKH-Verfahren im allgemeinen - auch in Schätzungssachen - eine abschließende Würdigung verwehrt; eine im Hauptsacheverfahren anzustellende Beweiswürdigung darf nicht vorweggenommen werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Februar 1987 III B 169 u. 170/86, BFH/NV 1987, 322; vom 13. Juni 1988 IV B 114/86, BFH/NV 1988, 804). Im Streitfall ist jedoch die Besonderheit zu beachten, daß die Kläger ein Treuhandverhältnis zu der A-AG behaupten. Sie unterliegen damit der erhöhten Nachweispflicht aus § 159 Abs. 1 Satz 1 AO 1977; können sie den Nachweis des behaupteten Treuhandverhältnisses nicht führen, sind ihnen die Sachen und Rechte zuzurechnen. Hinzu kommt hier, daß das Treuhandverhältnis zugunsten der im Ausland ansässigen A-AG eingegangen sein soll und die genannten Papiere aus dem Ausland in das Inland verbracht wurden. Es geht sonach um einen Sachverhalt mit Auslandsbezug, den die Kläger unter Ausschöpfung aller ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten aufzuklären haben (§ 90 Abs. 2 AO 1977). Die Kläger genügen der erhöhten Nachweispflicht nicht allein dadurch, daß sie die Zeugenvernehmung ihres Sohnes angeboten und die Erklärung vom 8. Oktober 1984 vorgelegt haben. Die Kläger hätten das Treuhandverhältnis nach Möglichkeit durch Vorlage des Original-Treuhandvertrags nachweisen müssen. Sie hätten ferner die wirtschaftlichen Hintergründe des Treuhandverhältnisses in allen Einzelheiten darlegen und unter Beweis stellen müssen. Die im Beschwerdeverfahren nachgereichte eidesstattliche Versicherung des Sohnes vom 12. Juli 1989 mit Schilderung seines Verhältnisses zu S ersetzt die erforderliche Darstellung allenfalls teilweise. Die ebenfalls nachgereichte Vollmacht der A-AG auf den Sohn der Kläger vom 12. Januar 1984 könnte zwar einen Anhalt für den Abschluß eines Treuhandauftrags sein, ist indessen, da nur in Kopie vorgelegt, ohne Beweiswert und trägt auch nicht zur Erhellung der wirtschaftlichen Hintergründe bei.

Das FG ist davon ausgegangen, daß der Sohn, auch soweit er Konten im eigenen Namen unterhalten und Geschäfte im eigenen Namen getätigt hat, für Rechnung der Kläger handelte. Demgegenüber wird in der Beschwerdebegründung erstmals ,,vorsorglich" geltend gemacht, die Wertpapiere und Konten könnten ,,äußerstenfalls" dem Sohn zugerechnet werden. Die Kläger werden Gelegenheit haben, diesen Gesichtspunkt im Klageverfahren näher zu erläutern. Mit einem bloßen Hinweis auf eine solche Möglichkeit genügen sie ihrer Darlegungspflicht nicht. Das FG hatte ausgeführt, dem Sohn hätten nach seiner Einlassung Eigenmittel zur Tätigung von Eigengeschäften gefehlt. Die eidesstattliche Versicherung des Sohnes enthält keinen Hinweis auf die angedeutete Möglichkeit.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416682

BFH/NV 1990, 616

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