Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlüssige Begründung eines Verfahrensfehlers wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs

 

Leitsatz (NV)

1. Um die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs schlüssig zu begründen, muß der Beschwerdeführer vortragen, weshalb die Entscheidung des FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung im übrigen hätte anders ausfallen können, wenn das rechtliche Gehör nicht verletzt worden wäre.

2. Macht der Beschwerdeführer geltend, daß das FG einen Schriftsatz nicht zur Kenntnis genommen habe, so muß er auch den Zugang des Schriftsatzes beim FG darlegen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie war deshalb zu verwerfen.

1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat ihre Beschwerde ausschließlich auf die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs gestützt. Um eine solche Rüge schlüssig zu begründen, hätte sie u. a. vortragen müssen, inwiefern das Finanzgericht (FG) ihr das rechtliche Gehör versagte und weshalb die Entscheidung des FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung im übrigen anders hätte ausfallen können, wenn es das rechtliche Gehör der Klägerin nicht verletzt hätte (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Freiburg 1986, Rdnr. 230). Zu beiden Punkten ist jedoch das Vorbringen in der Beschwerdebegründung unzureichend.

2. Die Klägerin trägt in der Beschwerde begründung selbst vor, daß das FG ihr mit Schreiben des Berichterstatters vom 21. September 1993 die Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln übersandte und eine Stellungnahme bis zum 10. Oktober 1993 anheimstellte. Damit trägt sie selbst vor, daß sie Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Sie gibt keine Gründe an, weshalb ihr eine Stellungnahme nicht möglich gewesen sein sollte. Im Gegenteil behauptet sie, eine Stellungnahme vom 16. Oktober 1993 abgegeben zu haben. Insoweit kann ihr Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden sein.

3. Zwar macht die Klägerin auch geltend, das FG habe ihren Schriftsatz vom 16. Oktober 1993 nicht mehr zur Kenntnis genommen. Auch kann das FG das Recht eines Beteiligten auf rechtliches Gehör dadurch verletzen, daß es einen Schriftsatz nicht zur Kenntnis nimmt. Dies setzt allerdings voraus, daß das FG von dem Schriftsatz wußte und ihn zur Kenntnis nehmen konnte. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Schriftsatz beim FG zumindest vor Bekanntgabe der Entscheidung einging. Entsprechend setzt die schlüssige Begründung der Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs Ausführungen darüber voraus, daß ein vom FG nicht mehr zur Kenntnis genommener Schriftsatz bei demselben vor Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung eingereicht wurde. Die Beschwerdebegründung der Klägerin enthält das entsprechende Vorbringen nicht. Tatsächlich ist nach Akten lage beim FG in der Zeit nach dem Berichterstatterschreiben vom 21. September 1993 und vor der Bekanntgabe des Urteils vom 18. Oktober 1993 kein Schriftsatz (vom 16. Oktober 1993) der Klägerin eingegangen.

4. Schließlich hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt, weshalb ihr Vorbringen aus dem dem Senat unbekannten Schriftsatz vom 16. Oktober 1993 geeignet war, auf der Grundlage der vom FG im übrigen vertretenen Rechtsauffassung eine andere Entscheidung herbeizuführen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423626

BFH/NV 1995, 414

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