Leitsatz

Wird die lohnsteuerrechtliche Freigrenze für die Aufwendungen bei Betriebsveranstaltungen von 110 EUR pro Arbeitnehmer überschritten, liegt umsatzsteuerrechtlich eine Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor.

 

Sachverhalt

Eine Steuerberatungsgesellschaft führte Betriebsveranstaltungen durch, bei denen sie pro Arbeitnehmer Aufwendungen von mehr als 200 EUR getragen hat. Sie unterwarf diese Aufwendungen zwar der pauschalen Lohnsteuer, nicht aber der Umsatzsteuer, da sie von im überwiegenden betrieblichen Interesse getragenen Aufwendungen ausging. Das Finanzamt unterwarf die Aufwendungen nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG der Umsatzsteuer, da die lohnsteuerrechtliche Grenze von 110 EUR überschritten war und somit nicht von einem überwiegenden betrieblichen Interesse auszugehen sei (Abschn. 12 UStR). Der gegen den Bescheid erhobene Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Das Gericht sah die Klage als unbegründet an. Entgegen der Auffassung der Steuerberatungsgesellschaft ist die lohnsteuerrechtliche Freigrenze für die Beurteilung von Betriebsveranstaltungen entsprechend auch bei der Umsatzsteuer anzuwenden.

Eine Leistung an das Personal nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist bei richtlinienkonformer Auslegung nicht steuerbar, wenn die Zuwendung des Unternehmers im Hinblick auf besondere Umstände geboten ist. Damit entfällt die Steuerbarkeit, wenn die Befriedigung des privaten Bedarfs der Arbeitnehmer durch die mit der Maßnahme verfolgten betrieblichen Zwecke überlagert wird. Dabei ist zu beachten, dass die lohnsteuerrechtlichen Abgrenzungskriterien für die Frage, wann bei einer Betriebsveranstaltung Arbeitslohn vorliegt, mit den umsatzsteuerrechtlichen Abgrenzungskriterien nahezu deckungsgleich sind.

Das Gericht hält es aus Gründen der Praktikabilität für erforderlich, die Frage des eigenbetrieblichen Interesses bei Betriebsveranstaltungen für Zecke der Umsatzsteuer ebenfalls nach einer betragsmäßigen Grenze zu beurteilen. Eine Prüfung der unternehmensbezogenen und regionalen Besonderheiten in jedem Einzelfall ist nicht durchführbar. Es sind auch keine anderen objektiven Kriterien ersichtlich, nach denen im Hinblick auf Betriebsveranstaltungen eine Prüfung mit angemessenem Aufwand durchgeführt werden könnte. Da die lohnsteuerrechtliche Freigrenze von 110 EUR klar überschritten wurde, liegt eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung gegenüber dem Personal vor.

 

Hinweis

Das Finanzgericht hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Aus dem Umsatzsteuerrecht ergibt sich keine absolute Wertgrenze für die Beurteilung, wann noch ein überwiegendes betriebliches Interesse des Unternehmers bei der Durchführung solcher Betriebsveranstaltungen vorliegt. Zwar mag die Anwendung fester Grenzen für die Praxis eine Vereinfachung darstellen, ob eine solch starre Grenze aber in allen Fällen - unter Außerachtlassung individueller Gesichtspunkte - zu einem umsatzsteuerrechtlich zutreffenden Ergebnis führen kann, muss wohl abschließend der BFH entscheiden. Allerdings lagen in dem vom Finanzgericht entschiedenen Fall keine überzeugenden Gründe vor, weshalb Aufwendungen von mehr als 200 EUR pro Arbeitnehmer in diesem Fall von überwiegendem betrieblichen Interesse sein sollten.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 06.05.2010, 5 K 3950/07 U

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