Auf den ersten Blick sollte man eigentlich meinen, dass die gleichen Überlegungen, die der BFH für eine mittelbare Beteili­gung auf der Seite des Betriebsunternehmens ange­stellt hat, auch für die Seite des Besitzunternehmens gelten. Ob eine mittelbare Beteiligung an einer Besitzpersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft zur Beurteilung einer personellen Verflechtung herangezogen werden kann oder ob dem das sog. Durchgriffsverbot entgegensteht, wurde vom IV. Senat des BFH aber in der Vergangenheit verneint.

[1]

Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH konnte eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an der Besitzgesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft bestand, mangels Mitunternehmerstellung dieser Gesellschafter in der Besitzgesellschaft nicht zu einer personellen Verflechtung führen, weil der Besitzgesellschaft wegen des sog. Durchgriffsverbots weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden konnten.

 
Hinweis

Änderung der Rechtsprechung

Unter Änderung der Rechtsprechung hat der IV. Senat des BFH[2] entschieden, dass auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitzpersonengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen ist.

Wenn die Herrschaft über das Betriebsunternehmen nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung beruhen muss, sondern auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft als Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden kann, muss dies nach Ansicht des BFH auch für eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an dem Besitzunternehmen jedenfalls insoweit gelten, als dieses eine Personengesellschaft ist. Danach ist zur Beurteilung einer personellen Verflechtung die mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitzpersonengesellschaft gleich zu behandeln mit einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Betriebsgesellschaft.

 
Praxis-Beispiel

Mittelbare Beteiligung an der Besitzgesellschaft

Die X-GmbH, an der A und B zu je 50 % beteiligt sind, ist einzige Kommanditisten der KG 1. Die KG 1 hat der KG 2 ein Gebäudegrundstück verpachtet. A und B sind zu je 50 % als Kommandisten an der KG 2 beteiligt. Nach neuer Rechtsprechung liegt eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung zwischen der KG 1 und der KG 2 vor.

Die geänderte Rechtsprechung des IV. Senats ist isoweit nachteilig, als dadurch der KG 1 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG versagt wird.

Der vom IV. BFH-Senat vollzogenen Rechtsprechungsänderung haben der I. und III. Senat zugestimmt. Der I. Senat geht allerdings davon aus, dass die Rechtsprechungsänderung nur für den Fall gilt, dass die Besitzgesellschaft eine Personengesellschaft ist (im Streitfall eine KG). Bei einer Besitzkapitalgesellschaft könnten wegen des Trennungsprinzips ("Durchgriffsverbot") weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebs-GmbH noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion der Besitzkapitalgesellschaft "zugerechnet" werden.

Der I. Senat des BFH wird also an seiner bisherigen Rechtsprechung[3]

festhalten, wonach es zwischen Schwesterkapitalgesellschaften an einer personellen Verflechtung fehlt, also keine kapitalistische Betriebsaufspaltung vorliegt (Beispiel: Die X-GmbH verpachtet der Y-GmbH ein Gebäudegrundstück. Sowohl an der X-GmbH als auch der Y-GmbH sind A und B zu je 50 % beteiligt). Die X-GmbH bezieht zwar aus der Grundstücksverpachtung gewerbliche Einkünfte (§ 8 Abs. 2 KStG), da keine kapitalistische Betriebsaufspaltung vorliegt, steht ihr die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu[4].

 
Praxis-Tipp

Vertrauensschutzregelung

Die Finanzverwaltung hat angeordnet, dass aus Vertrauensschutzgründen eine Beteiligung an einer Besitzpersonengesellschaft, die ausschließlich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu berücksichtigen ist. Die Rechtsprechung des I. Senats des BFH zur fehlenden personellen Verflechtung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften ist dagegen weiterhin anzuwenden.

[5]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge