BMF, 19.11.1993, IV C 3 - S 7100 a - 30/93

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das innergemeinschaftliche Verbringen nach § 1 a Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 a Nr. 1 UStG wie folgt zu behandeln:

 

I. Allgemeines

(1) Das innergemeinschaftliche Verbringen eines Gegenstandes gilt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 a Nr. 1 UStG als Lieferung und unter den entsprechenden Voraussetzungen des § 1 a Abs. 2 Nr. 1 UStG als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt. Ein innergemeinschaftliches Verbringen liegt vor, wenn ein Unternehmer

  • einen Gegenstand seines Unternehmens aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates (Ausgangsmitgliedstaat) zu seiner Verfügung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (Bestimmungsmitgliedstaat) befördert oder versendet und
  • den Gegenstand im Bestimmungsmitgliedstaat nicht nur vorübergehend verwendet.

Der Unternehmer gilt im Ausgangsmitgliedstaat als Lieferer, im Bestimmungsmitgliedstaat als Erwerber.

(2) Ein innergemeinschaftliches Verbringen, bei dem der Gegenstand vom Inland in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, ist nach § 3 Abs. 1 a Nr. 1 UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. Diese Lieferung gilt nach § 6 a Abs. 2 Nr. 1 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 a UStG nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG steuerfrei ist. Ein innergemeinschaftliches Verbringen, bei dem der Gegenstand aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangt, gilt nach § 1 a Abs. 2 Nr. 1 UStG als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt. Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb sind nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes und ohne Umsatzsteuer, zu bemessen (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG). § 3 c UStG ist bei einem innergemeinschaftlichen Verbringen nicht anzuwenden.

 

II. Voraussetzungen

(1) Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers vom Ausgangsmitgliedstdaat in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. Es ist unerheblich, ob der Unternehmer den Gegenstand selbst befördert oder ob er die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen läßt.

(2) Ein innergemeinschaftliches Verbringen setzt voraus, daß der Gegenstand im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet war und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Gegen stand von dem im Ausgangsmitgliedstaat gelegenen Unternehmensteil erworben, hergestellt oder in diesen Mitgliedstaat eingeführt, zur Verfügung des Unternehmers in den Bestimmungsmitgliedstaat verbracht und anschließend von dem dort gelegenen Unternehmensteil auf Dauer verwendet oder verbraucht wird.

Beispiel 1:

Der französische Unternehmer F verbringt eine Maschine aus seinem Unternehmen in Frankreich in seinen Zweigbetrieb nach Deutschland, um sie dort auf Dauer einzusetzen. Der deutsche Zweigbetrieb kauft in Deutschland Heizöl und verbringt es in die französische Zentrale, um damit das Bürogebäude zu beheizen.

F bewirkt mit dem Verbringen der Maschine nach § 1 a Abs. 2 Nr. 1 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland. Das Verbringen des Heizöls ist in Deutschland eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 a Nr. 1 i.V.m. § 6 a Abs. 2 Nr. 1 UStG.

(3) Weitere Voraussetzung ist, daß der Gegenstand zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung durch den Unternehmer in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. Diese Voraussetzung ist immer dann erfüllt, wenn der Gegenstand in dem im Bestimmungsmitgliedstaat belegenen Unternehmensteil dem Anlagevermögen zugeführt oder dort als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff verarbeitet oder verbraucht wird.

(4) Eine nicht nur vorübergehende Verwendung liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand mit der konkreten Absicht in den Bestimmungsmitgliedstaat verbringt, ihn dort (unverändert) weiterzuliefern (z.B. Verbringen auf ein Auslieferungslager). Es ist in diesen Fällen nicht erforderlich, daß der Unternehmensteil im Bestimmungsmitgliedstaat die abgabenrechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte (§ 12 AO) erfüllt. Verbringt der Unternehmer Gegenstände zum Zwecke des Verkaufs außerhalb einer Betriebsstätte in den Bestimmungsmitgliedstaat und gelangen die nicht verkauften Waren unmittelbar anschließend wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurück, kann das innergemeinschaftliche Verbringen aus Vereinfachungsgründen auf die tatsächlich verkaufte Warenmenge beschränkt werden.

Beispiel 2:

Der niederländische Blumenhändler N befördert im eigenen LKW Blumen nach Köln, um sie dort auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. Die nicht verkauften Blumen nimmt er am selben Tag wieder mit zurück in die Niederlande.

N bewirkt in Bezug auf die verkauften Blumen ein...

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