Leitsatz

Ein Arbeitnehmer kann den Verlust seiner Beteiligung an der ihn beschäftigenden Firma grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften abziehen. Der wirtschaftliche Verlust der Kapitalbeteiligung betrifft allein die Vermögensebene des Arbeitnehmers.

 

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer, der schon früher leitende Funktionen bei verschiedenen Banken inne hatte, wurde Februar 1999 zum Vorstandsmitglied der H-AG bestellt und bezog ab diesem Zeitpunkt regelmäßig Gehalt. Zu seinen Aufgaben gehörte die Entwicklung eines Unternehmenskonzepts für eine Internetbank. Im Juli 1999 schloss er mit seinem Arbeitgeber einen Vorstandsdienstvertrag ab, in dem dieser dem Arbeitnehmer unwiderruflich anbot, bis zu 150.000 Inhaberstückaktien zum Preis von 1 EUR zu erwerben. Mit Zeichnungsschein vom 21.7.1999 zeichnete der Kläger 100.000 Inhaberstückaktien. Das Amtsgericht eröffnete im Mai 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG. Der Insolvenzverwalter teilte Mitte Dezember 2001 mit, es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass seine Aktien auch nur teilweise werthaltig werden könnten. Daraufhin machte der Arbeitnehmer mit seiner Einkommensteuer-Erklärung 2001 u. a. 100.000 EUR Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit für den verlorenen Kapitalanteil an der AG geltend. Das Finanzamt lehnte die steuermindernde Berücksichtigung ab.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG führt der wirtschaftliche Verlust der Kapitalbeteiligung wegen der Insolvenz der AG im Jahr 2001 nicht zu Werbungskosten bei den Lohneinkünften, sondern betrifft allein die Vermögensebene des Arbeitnehmers. Der wirtschaftliche Verlust des Aktienvermögens ist steuerlich irrelevant, da weder eine wesentliche Beteiligung des Arbeitnehmers im Sinne von § 17 EStG vorlag noch ein sog. Spekulationsgeschäft. Die Beteiligung hat zwar nach den gesamten Umständen zum einen dazu gedient, die eigene Position im Vorstand der AG zu erlangen bzw. zu sichern. Es ist aber zum anderen auch davon auszugehen, dass das Interesse des Vorstandsmitglieds im Umfeld des damaligen "Neuen Marktes" in nicht unerheblichem Umfang auch auf mögliche erhebliche Wertsteigerungen der Beteiligung gerichtet war.

Soweit der Arbeitnehmer geltend macht, die Rechtsprechung des BFH zum Verlust einer GmbH-Beteiligung eines Arbeitnehmers könne wegen der erheblichen gesellschaftsrechtlichen Unterschiede zwischen AG und GmbH im Streitfall keine Anwendung finden, führt diese Argumentation nicht weiter. Schließlich kann nicht übersehen werden, dass der Erwerb von Aktien gewöhnlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt, so dass die damit verbundenen Aufwendungen regelmäßig nicht den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Arbeitnehmer eine Beteiligung an seiner Arbeitgeberin erwirbt, selbst wenn er damit auch seine Arbeitnehmertätigkeit fördert.

 

Hinweis

Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Arbeitnehmer den Verlust seiner Beteiligung an der ihn beschäftigenden Firma grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften abziehen kann (selbst dann nicht, wenn er geltend macht, die Möglichkeit einer Wertsteigerung der Beteiligung habe von vorneherein nicht bestanden). Der BFH versagt den Werbungskostenabzug im Übrigen auch dann, wenn der Verlust des Stammkapitals bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eintritt. Da das BVerfG Verfassungsbeschwerden gegen diese Rechtsprechung nicht angenommen hat, ist das letzte Wort in der Sache wohl gesprochen: Es bleibt in aller Regel beim Abzugsverbot (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.12.2007, 2 BvR 1003/07; BFH, Beschluss v. 22.2.2007, VI B 99/06, BFH/NV 2007 S. 1297).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.10.2008, 1 K 6139/05 B

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