OFD Düsseldorf, 5.11.2001, S 2244 - 51 - St 122 - K

Zum 1.1.1999 wurde die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG durch das StEntIG auf (mindestens) 10 % herabgesetzt. Sie betrifft alle Verkäufe von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die ab dem 1.1.1999 erfolgen. Durch R 140 Abs. 2 EStR wird geregelt, dass dies auch für Beteiligungen gilt, die vor dem 1.1.1999 wegen der bis dahin geltenden Grenze von mehr als 25 % nicht wesentlich beteiligt gewesen sind. Ist also jemand vor dem 1.1.1999 mit mindestens 10 % beteiligt gewesen, führt nach derzeitiger Rechts- und Weisungslage ein Verkauf nach dem 1.1.1999 zur Besteuerung nach § 17 EStG.

Zurzeit mehren sich die Einsprüche, in denen unter Hinweis auf einen Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 8.12.2000, 9 V 85/00 beantragt wird, dass die jeweils für den abgelaufenen VZ geltende Wesentlichkeitsgrenze zu Grund zu legen ist. Das würde bedeuten, dass eine Veräußerung nur dann ab 1999 steuerpflichtig wird, wenn die Beteiligung vor dem 1.1.1999 mehr als 25 % betragen hat. Besonders in den Fällen, in denen jemand 1999 mit weniger als 10 % beteiligt ist und vor dem 1.1.1999 mit weniger als 25 % beteiligt gewesen ist, würde dies eine Nichtberücksichtigung der Veräußerung bedeuten. Es wird zum Teil auch auf den BFH-Beschluss vom 5.3.2001 (IX B 90/00, BStBl 2001 II S. 405 ergangen zum § 23 EStG) hingewiesen. Darin hat der BFH verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verlängerung der Haltefristen bei privaten Veräußerungsgeschäften geäußert. Von Seiten der Beraterschaft wird geäußert, dass auch die R 140 Abs. 2 EStR eine solche Rückwirkung verursache und deswegen auch verfassungsrechtlich bedenklich sei.

Der Deutsche Bundestag hat am 4.3.1999 das StEntIG 1999/2000/2002 und damit die Neuregelung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG beschlossen. Möglicherweise wird man bei Anteilsverkäufen vom 1.1.1999 bis zum 4.3.1999 von einer echten Rückwirkung sprechen können, weil hier bereits eingetretene Sachverhalte nachträglich anders geregelt werden. Anteilsverkäufe nach dem 4.3.1999 sind in Kenntnis der neuen Rechtslage erfolgt. Es stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob bereits mit Erwerb der Anteile und der damit verbundenen Aussicht auf einen späteren steuerfreien Verkauf ein Sachverhalt eingetreten ist, der im Nachhinein anders geregelt wird. Diese Frage wird sicherlich höchstrichterlich zu entscheiden sein.

Auf Anfrage hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen nun mitgeteilt, dass in allen Fällen, bei denen die R 140 Abs. 2 EStR angewendet wurde und bei denen diesbezüglich Einspruch eingelegt wurde, Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann, unabhängig davon, ob der Anteilsverkauf vor oder nach dem Bundestagsbeschluss zum StEntIG 1999/2000/2002 erfolgt ist. Ein Ruhen des Einspruchsverfahrens (mit Zustimmung des Stpfl. kommt allerdings nur in den Fällen in Betracht, in denen der Anteilsverkauf vor dem 4.3.1999 erfolgt ist. Bei Anteilsverkäufen, die nach dem 4.3.1999, also in Kenntnis der neuen Rechtslage, erfolgt sind, ist die bloße Erwartung einer steuerfreien Veräußerung zu einem späteren Zeitpunkt nicht schutzwürdig.

Inzwischen ist auch im Kölner Bereich ein Verfahren vor dem FG anhängig. Es handelt sich bislang um ein AdV-Verfahren. Dies ist allerdings noch kein Grund für ein Ruhen des Einspruchsverfahrens in anderen Einspruchsfällen.

 

Normenkette

EStG § 17

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge