OFD Magdeburg, Verfügung v. 22.9.2006, S 2244 - 43 - St 214

Anwendung des § 17 EStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes im Liquidationsfall und im Veräußerungsfall bei Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft

 

1. Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft

Bei der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft sind nach § 52 Abs. 4b Nr. 2 und Abs. 34a Satz 1 EStG das Halbeinkünfteverfahren und die auf 1 % abgesenkte Beteiligungsgrenze grundsätzlich ab dem zweiten Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft, an der die Anteile bestehen, für das neue Recht gilt, anzuwenden. D.h. bei Körperschaften mit Kalenderjahr gleichem Wirtschaftsjahr fallen Veräußerungsgewinne oder -verluste ab dem Veranlagungszeitraum 2002 unter neues Recht.

Diese Grundsätze sind auf Kapitalgesellschaften, die sich in der Liquidation befinden, nicht übertragbar.

Die Anwendungsvorschriften zum § 17 EStG und § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG für den Anteilseigner setzen den Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres der Kapitalgesellschaft, für das das neue KSt-Recht anzuwenden ist, voraus.

Im Liquidationsfall bestimmt jedoch § 11 KStG – abweichend von dem Grundsatz, dass die Bemessungsgrundlage für die KSt das Einkommen i.S.v. § 8 Abs. 1 KStG ist, welches sich nach einkommensteuerlichen Grundsätzen ermittelt (u.a. ist der Gewinn nach Wirtschaftsjahren zu ermitteln) –, dass bei Auflösung und Abwicklung der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung unterliegt („Besteuerungszeitraum”). Maßgeblich ist hier also nicht der in einem oder mehreren Wirtschaftsjahr(en), sondern der im Besteuerungszeitraum ermittelte Gewinn.

Es stellte sich daher die Frage, in welchem Verhältnis Besteuerungszeitraum und Wirtschaftsjahr in Liquidationsfällen zueinander stehen. Die Referatsleiter hatten hierzu entschieden, dass es im Abwicklungszeitraum kein Wirtschaftsjahr gibt (vgl. BMF-Schreiben vom 26.8.2003, IV A 2 – S 2760 – 4/03, BStBl 2003 I S. 434). Dies bedeutet, dass die Anwendungsregelungen des § 52 Abs. 4b Nr. 2 und Abs. 34a EStG nicht anwendbar sind, da diese ein Wirtschaftsjahr voraussetzen.

Vielmehr ist § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des StSenkG für die erstmalige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens sowie der abgesenkten Beteiligungsgrenze maßgebend. Danach fallen sowohl Auflösungsgewinne oder -verluste i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG als auch Gewinne oder Verluste aus Anteilsveräußerungen, die während der Liquidation einer inländischen Kapitalgesellschaft anfallen, bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 unter neues Recht. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG nicht bereits dann vorliegt, sobald die zivilrechtlichen Auflösungsgründe nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG – im VZ 2001 – erfüllt sind. Vielmehr muss feststehen, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen kann sowie, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen werden und welche im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Aufgabekosten der Gesellschafter zu tragen hat.

Zwischen der Behandlung der Liquidation auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und der Behandlung auf der Ebene des Anteilseigners besteht somit eine Verknüpfung. Denn auf der Ebene der aufgelösten Kapitalgesellschaft ist nach § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG ebenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2001 stets neues Recht anzuwenden. Nur das auf den Zeitraum vor dem 1.1.2001 entfallende Liquidationsergebnis kann nach § 34 Abs. 14 Satz 2 KStG antragsbedingt noch nach altem Recht versteuert werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass als Liquidation in diesem Sinne aber nur solche Fälle zu verstehen sind, in denen eine – freiwillige – Auflösung und Abwicklung tatsächlich durchgeführt oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Wird dagegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, findet eine Abwicklung nicht statt und die Regelungen des § 11 KStG sind nicht anzuwenden. In diesen Fällen sind die speziellen Regelungen des § 52 Abs. 4b Nr. 2 und Abs. 34a Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG für die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens und der maßgeblichen Beteiligungshöhe von 1 % zu beachten. Danach ist ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft mit Kalenderjahr gleichem Wirtschaftsjahr (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) im VZ 2001 nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige stets eine Beteiligung von unter 10 % inne hatte. Ist die Beteiligung höher als 10 % kann das Halbeinkünfteverfahren im VZ 2001 jedoch nicht angewendet werden.

Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 15.3.2005, 2 K 1437/03, EFG 2005 S. 1347 entschieden, dass im Fall der Auflösung und Liquidation einer Kapitalgesellschaft der steuerrechtliche Gewinnermittlungszeitraum nach § 11 Abs. 1 KStG als Wirtschaftsjahr zu verstehen ist. Dies hat zur Folge, dass auf Gewinne oder Verluste aus der Auflösung der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG das Halbeinkünfteverfahren entspre...

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