Leitsatz

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zum sog. Dividendenstripping fest (Bestätigung des Senatsurteils vom 15.12.1999, I R 29/97, BFH/NV 2000, 793).

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 50c Abs. 8 S. 2 EStG 1987, § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AO i.d.F. des StÄndG 2001

 

Sachverhalt

Es ging um eine GmbH, welche das Geschäft eines Börsenmaklers betrieb.

Im Streitjahr 1988 tätigte diese GmbH verschiedene Wertpapiergeschäfte an der Börse. Sie tätigte Dividendengeschäfte "Alt gegen Alt"): Sie kaufte in zeitlicher Nähe zum jeweiligen Dividendenstichtag (= Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Ausschüttung) von einem inländischen Kreditinstitut dividendenberechtigte Aktien ("cum Dividende"). Jeweils am Tag nach dem Dividendenstichtag (Ex-Tag) verkaufte sie Aktien desselben Emittenten in derselben Anzahl (nunmehr "ex Dividende").

Sie tätigte überdies Geschäfte "Alt gegen Jung": Sie kaufte ebenfalls in zeitlicher Nähe zum jeweiligen Dividendenstichtag Aktien "cum Dividende" und verkaufte am selben Tag noch nicht dividendenberechtigte Aktien (junge Aktien) desselben Emittenten in derselben Anzahl. Der Verkauf erfolgte überwiegend an denselben Kontrahenten, z.T. auch an andere inländische Kreditinstitute, jeweils im Auftrag von im Ausland ansässigen Kunden (Banken und sonstige). In allen Fällen wurde der GmbH die beschlossene Dividende gutgeschrieben. Aus den Verkaufsgeschäften ergab sich jeweils ein Veräußerungsverlust. Für die GmbH ergab sich jeweils eine Courtage.

Das FA erkannte die Wertpapiergeschäfte nicht an. Es war der Ansicht, sowohl Erwerb und Veräußerung der Aktien als auch die Dividendenzuflüsse seien unbeachtlich. Die Anrechnung der KSt und KapESt sei zu versagen.

Der anschließenden Klage gab das FG statt (Hessisches FG, Urteil vom 30.08.2005, 4 K 2557/99, Haufe-Index 1480245, EFG 2006, 277).

 

Entscheidung

Der BFH hat das kurzerhand und unter Verweis auf sein Urteil vom 15.12.1999, I R 29/97 (BFH/NV 2000, 793) durch Beschluss gem. § 126a FGO bestätigt. Auch die gesamte FG-Rechtsprechung war dem gefolgt. Es kam lediglich dadurch zu zwischenzeitlichen Irritationen, dass der XI. Senat des BFH die Revision gegen eines dieser FG-Urteile auf Beschwerde des FA hin zugelassen und angedeutet hatte, anderer Ansicht als der I. Senat zu sein (BFH, Beschluss vom 14.01.2004, XI B 137/02, BFH/NV 2004, 638). Diese Irritationen sind jetzt endgültig ausgeräumt; der XI. Senat des BFH war für die in Rede stehenden Fragen nicht zuständig.

 

Hinweis

1. Dieser Beschluss des BFH datiert schon aus dem Jahr 2007 und wurde erst jetzt nachträglich zur "amtlichen" Veröffentlichung bestimmt – und das auf Wunsch des BMF, das die Entscheidung im BStBl abdrucken will und zugleich seine bisherige Verweigerungshaltung gegenüber der Rechtsprechung in Gestalt des Nichtanwendungserlasses vom 06.10.2000 (BStBl I 2000, 1392) aufzugeben beabsichtigt.

2. In Anbetracht dessen sei nur kurz repliziert:

Fast jahrzehntelang "wogte" der Streit darum, ob das sog. Dividendenstripping, also das taggleiche und taggenaue Hin-und-her-"Traden" von Aktien cum Dividende und ex Dividende zur "Umgehung" der fehlenden Berechtigung (namentlich) von Ausländern zur Anrechnung von KSt unter der Ägide des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens.

Die Finanzverwaltung verneinte bei solchen Gestaltungen zum einen den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Zum anderen sah sie darin einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S.v. § 42 AO.

Beide Angriffspunkte wurden vom BFH anders beurteilt und daran hält der BFH nach wie vor uneingeschränkt fest:

Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO) wurde bejaht. Der Erwerber erlangt bei der Veräußerung von alten Aktien cum Dividende der Erwerber auch dann wirtschaftliches Eigentum an diesen, wenn er noch am selben Tag junge Aktien desselben Emittenten ex Dividende an den Veräußerer der alten Aktien verkauft. Gleiches gilt beim Ankauf von Aktien cum Dividende und anschließendem zeitnahen Rückverkauf gleicher oder gleichwertiger Aktien ex Dividende.

Und der Missbrauchsvorwurf scheitert (im Wesentlichen) an § 50c EStG a.F. Die allgemeine Missbrauchsverhinderungsvorschrift des § 42 AO wird durch die spezialgesetzliche Missbrauchsverhinderung des § 50c EStG a.F. verdrängt. Folglich ist es nicht dem Steuerpflichtigen anzulasten, wenn diese Regelung hier und dort zu kurz griff und Besteuerungslücken beließ. Auch die sog. Börsenklausel in § 50c Abs. 8 S. 2 EStG 1987 i.d.F. bis zum StandOG änderte daran nichts; denn diese erfasste "über die Börse" ausgeführte Geschäfte unabhängig von der Motivation der Beteiligten und von etwaigen Individualabsprachen. Es musste sich nicht um börsentypische Geschäfte handeln, bei denen die Handelspartner anonym bleiben. Es schadete nicht einmal, wenn ein zugelassener Börsenmakler selbst als Erwerber der Anteile auftritt.

3. Der BFH betont, dass die zwischenzeitliche Neuschöpfung des § 42 Abs. 2 AO gleichermaßen "stu...

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