Leitsatz

Abzugsvoraussetzung für Umzugskosten als Werbungskosten ist, dass durch den Umzug der Weg zur Arbeitsstätte wesentlich verkürzt wird oder sich die Arbeitsbedingungen in sonstiger Weise wesentlich verbessern. Im Urteilsfall lag die Wegstreckenverkürzung unter einer Stunde täglich. Dafür lagen Gründe für die wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor.

 

Sachverhalt

Ehegatten wurden in 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die EF befand sich ab August 1998 im Erziehungsurlaub. Im Jahr 2000 nahm sie beim bisherigen Arbeitgeber wieder eine nichtselbständige Tätigkeit als halbtags beschäftigte Ärztin auf. Die EF musste mehrfach monatlich Bereitschaftsdienste leisten, die von 16 Uhr bis zum folgenden Morgen dauerten. Gelegentlich musste die EF wegen Notfällen kurzfristig im Krankenhaus erscheinen. Im September 1998 erwarben die Eheleute eine Doppelhaushälfte und veräußerten die bisherige Eigentumswohnung. Beide Wohnungen waren ungefähr gleich groß. Durch den Umzug verringerte sich die Entfernung der EF zur Arbeitsstätte von bislang 18 auf 2 km. Die Fahrzeitersparnis bei einer Hin- und Rückfahrt belief sich im Regelfall auf ca. 46 Minuten. Nach dem Umzug konnte die Arbeitsstätte zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Dies war zuvor nicht möglich. Die Entfernung zur Arbeitsstrecke des EM verlängerte sich von 20 auf 32 km. Im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung machte die EF bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in Höhe von 10.622 DM (Umzugskosten) geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab.

 

Entscheidung

Das FG ließ die Umzugskosten als Werbungskosten zu. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Dazu gehören auch Umzugskosten. Abzugsvoraussetzung ist, dass der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, private Gründe für den Umzug also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen. Im Urteilsfall werden die Kosten für einen Umzug geltend gemacht, obwohl ein Arbeitsplatzwechsel nicht stattfindet. In diesen Fällen wird von einer beruflichen Veranlassung ausgegangen, wenn der Weg zur Arbeitsstätte wesentlich verkürzt wird oder sich die Arbeitsbedingungen in sonstiger Weise wesentlich verbessern.

Eine wesentliche Verkürzung der Arbeitszeit nimmt der BFH in seinen jüngeren Urteilen an, wenn sich die Zeit für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück um mindestens eine Stunde täglich verringert. Die arbeitstägliche Zeitersparnis der EF beträgt im Urteilsfall regelmäßig weniger als eine Stunde.

Von einer beruflichen Veranlassung der Umzugskostenaufwendungen wird dennoch ausgegangen, weil sich die Arbeitsbedingungen in sonstiger Weise wesentlich verbessert haben. Dafür hat eine Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles zu erfolgen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen auch dann vorliegen kann, wenn der Weg zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte auf Veranlassung des Arbeitgebers häufig oder gelegentlich mehrmals täglich zurückgelegt werden muss.

In Anwendung dieser Grundsätze sieht das FG den Umzug als beruflich veranlasst an. Die Arbeitszeitverkürzung um etwa 46 Minuten arbeitstäglich bei normalem Fahrtverlauf führt zu einer merklichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Diese würde selbst dann vorliegen, wenn die arbeitstägliche Fahrzeitreduzierung nur etwa eine halbe Stunde betragen würde. Diese Fahrzeitverkürzung führt alleine noch nicht zu einer beruflichen Veranlassung aus sonstigen Gründen. Hinzu kommt im Urteilsfall, dass die EF die Arbeitsstelle anders als vor dem Umzug zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann. Zumindest in Verbindung mit den besonderen Arbeitsbedingungen (Bereitschaftsdienste) liegt eine berufliche Veranlassung des Umzugs vor.

Andere außerberufliche Motive sind nicht ersichtlich. Vor allem ist die neue Wohnung ungefähr gleich groß wie die frühere Wohnung. Darüber hinaus sind keine sonstigen familiären Gründe für den Umzug erkennbar gewesen. Vor allem sind die Kinder sowohl vor als auch nach dem Umzug durch eine Tagesmutter (mit-) betreut worden.

Unerheblich ist auch, dass sich die Arbeitszeit für den EM verlängere, da die berufliche Veranlassung für jeden Arbeitnehmer getrennt zu beurteilen sei.

 

Hinweis

Der Werbungskostenabzug steht nur demjenigen zu, bei dem die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Die Aufwendungen müssen damit selbst bei einer Zusammenveranlagung dem betroffenen Steuerpflichtigen entstehen. In der Praxis sollten die Umzugskostenrechnungen entsprechend einer vertraglichen Beziehung an den zum Werbungskostenabzug berechtigten Steuerpflichtigen gerichtet werden. Ansonsten könnten unter Hinweis auf das Vorliegen von Drittaufwand nur die hälftigen Umzugskosten als Werbungskosten geltend gemacht werden (zum Drittaufwand bei Ehegatten vgl. BFH, Beschluss v. 23.8.1999, GrS 3/97, BStBl 1999 II S. 787).

Sofern gegen das Urteil Revision beim BFH eingelegt werden sollte, ...

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