Leitsatz

Bei der Prüfung, ob ein Kind aufgrund seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist der Bezug einer privaten Rente, deren Kapitalstamm mit Zuwendungen der Kindsmutter und eigenen Ersparnissen des Kindes dotiert wurde, nur mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil bei den kindeseigenen Mitteln zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Der Sohn des Klägers ist seit dem Jahr 1980 aufgrund einer seelischen Störung behindert. Die Familienkasse setzte Kindergeld ab Dezember 2018 fest und erläuterte, dass der Sohn wegen einer Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten und daher kindergeldrechtlich berücksichtigt werden könne. Die Familienkasse hat die Kindergeldfestsetzung für die Zeit vom 1.12.2019 bis 31.7.2021 aufgehoben, da das Kind in diesem Zeitraum durch eigene verfügbare finanzielle Mittel (Rente und Kapitalerträge) in der Lage gewesen sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Im Einspruchs- und Klageverfahren macht der Kläger geltend, dass bei der Prüfung, ob der Sohn des Klägers aufgrund seiner Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten, die private Rente lediglich mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil anzusetzen sei.

 

Entscheidung

Das FG hat der Klage stattgegeben und entschieden, dass der Bezug einer privaten Rente, deren Kapitalstamm mit Zuwendungen der Kindsmutter und eigenen Ersparnissen des Kindes dotiert wurde, nur mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil bei der Ermittlung der kindeseigenen Mittel zu berücksichtigen ist. Laufende oder einmalige Geldzuwendungen von Eltern an Kinder seien unschädliches Kindesvermögen. Ob das Kind ein ererbtes Vermögen abhebe oder mit diesem eine private Rentenversicherung abschließe und die Rente zum Lebensunterhalt verwende, dürfe keinen Unterschied machen. Die monatlichen Rentenzahlungen stellen, soweit sie deren steuerpflichtigen Ertragsanteil übersteigen, nach Auffassung des FG eine unbeachtliche Vermögensumschichtung dar.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob der Bezug einer privaten Rente, deren Kapitalstamm mit Zuwendungen der Kindsmutter und eigenen Ersparnissen des Kindes dotiert wurde, in voller Höhe oder nur mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil bei den kindeseigenen Mitteln im Rahmen von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist (vgl. auch FG München, Urteil v. 21.7.2020, 12 K 2928/19, Revision Az beim BFH III R 48/20).

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.04.2022, 1 K 2137/21

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