Rz. 152

§ 317 Abs. 6 HGB stellt eine Ermächtigung für das BMJV (zwischenzeitlich umbenannt in BMWi) dar, eine Rechtsverordnung zu erlassen, um zusätzlich zu den gem. Abs. 5 zwingend anzuwendenden ISA weitere Abschlussprüfungsanforderungen vorzuschreiben (sog. add-ons). Die vor dem AReG enthaltene Möglichkeit, die Nichtanwendung von Teilen der ISA vorzugeben, wenn dies durch den Umfang der Abschlussprüfung bedingt ist und den Prüfungszielen des § 317 Abs. 14 HGB dient (sog. carve-outs), ist mit dem AReG gestrichen worden. Der Erlass der Rechtsverordnung hat im Einvernehmen mit dem BMWi zu erfolgen und bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.

 

Rz. 153

Auch früher schon wäre der deutsche Gesetzgeber durch die EU-Vorgaben ermächtigt gewesen, eigene nationale Prüfungsgrundsätze vorzugeben, wie dies in anderen Ländern tw. erfolgt ist. Von dieser Ermächtigung hat der deutsche Gesetzgeber aber keinen Gebrauch gemacht, da er keinen Bedarf gesehen hat, über die vom Berufsstand entwickelten Prüfungsgrundsätze hinaus weitere Prüfungsvorgaben zu machen. Er hat allerdings in der Vergangenheit ergänzende Anforderungen in die gesetzlich vorgegebenen Prüfungsziele aufgenommen, indem er bspw. die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems börsennotierter AG im Zuge des KonTraG als Prüfungsgegenstand definiert hat. Die im Gesetz angelegte Möglichkeit, zusätzliche nationale Anforderungen zu definieren, geht auf eine entsprechende Ermächtigung in Art. 26 Abs. 3 der Abschlussprüferrichtlinie zurück, die auch in den vorgeschlagenen Änderungen zur Abschlussprüferrichtlinie enthalten ist.

 

Rz. 154

Unabhängig von der Übernahme der ISA durch die EU könnte das BMJV von der Ermächtigungsvorschrift bereits jetzt Gebrauch machen und zusätzliche Prüfungsanforderungen per Rechtsverordnung vorgeben. Derzeit ist aber nicht ersichtlich, dass hier entsprechende Absichten bestehen.

 

Rz. 155

Während die Abschlussprüferrichtlinie die Mitgliedstaaten ermächtigt, nationale Prüfungsstandards, Prüfverfahren und Prüfungsanforderungen zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten als gesetzliche Regelungen vorzuschreiben, hat der deutsche Gesetzgeber in § 317 Abs. 6 HGB ausschl. zusätzliche Prüfungsanforderungen vorgesehen. Diese zusätzlichen Prüfungsanforderungen aufgrund nationaler Besonderheiten könnten bspw. auf die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems bei börsennotierten AG abstellen, da es sich hierbei um deutsche Besonderheiten handelt. Die Beschränkung auf Prüfungsanforderungen bringt den Willen des deutschen Gesetzgebers zum Ausdruck, die bewährte Praxis im Berufsstand, Abschlussprüfungsverfahren und Prüfungsmethodik durch selbst auferlegte Vorgaben (IDW PS) zu bestimmen, beizubehalten.[1]

[1] Vgl. BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 88.

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