Rz. 67

Im Konzernabschluss gelten für die Bilanzierung und Bewertung latenter Steuern § 298 Abs. 1 i. V. m. § 274 HGB und § 306 HGB nebeneinander. Für temporäre Differenzen zwischen dem handelsrechtlichen Jahresabschluss bzw. der Handelsbilanz II und der Steuerbilanz sowie für die Nutzbarkeit steuerrechtlicher Verlustvorträge und den hieraus resultierenden steuerrechtlichen Be- und Entlastungen ergibt sich die Bilanzierung latenter Steuern aus § 274 HGB. Demgegenüber regelt § 306 HGB die sich aus Konsolidierungsmaßnahmen ergebenden temporären Differenzen und die daraus resultierenden Steuerbe- und -entlastungen. Vor diesem Hintergrund muss das MU sicherstellen, dass es von den einbezogenen TU neben der Handelsbilanz II alle weiteren notwendigen Informationen zu den temporären Bilanzdifferenzen, den etwaigen Verlustvorträgen und den unternehmensindividuellen Steuersätzen erhält. Hierbei helfen z. B. Bilanzierungsrichtlinien und spezielle Lösungen für ein (latentes) Steuerreporting. Ein konzerneinheitlicher Steuersatz ist aufgrund von § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB grds. ausgeschlossen.[1]

 

Rz. 68

Das sich aus § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB ergebende Aktivierungswahlrecht latenter Steuern kann grds. auch in den Konzernabschluss übernommen werden. Diesbzgl. wurde DRS 18 zu latenten Steuern durch DRÄS 11 dahingehend konkretisiert, dass nun konsequenter auf die Möglichkeit der Übernahme des Aktivierungswahlrechts für latente Steuern aus § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in den Konzernabschluss hingewiesen wird und von der Idealvorstellung der "Nachaktivierung" dieser latenten Steuern zugunsten der Wiedergabe der Gesetzeslage abgerückt wurde. Konkret ergibt sich aus DRS 18.12, dass aktive latente Steuern vorbehaltlich der Anwendung des Aktivierungswahlrechts gem. § 298 Abs. 1 i. V. m. § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB zwingend anzusetzen sind. Das Aktivierungswahlrecht besteht gem. DRS 18.14 auch für aktive latente Steuern aus der Anpassung an konzerneinheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Für auf Konsolidierungsmaßnahmen gem. der § 300 Abs. 1, §§ 301 bis 305, § 310 und § 312 HGB beruhenden aktive latente Steuern besteht gem. § 306 Satz 1 HGB eine Aktivierungspflicht (DRS 18.25).[2] Das Aktivierungswahlrecht für latente Steuern des § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB kann für den Konzernabschluss unabhängig vom Einzel-/Jahresabschluss neu ausgeübt werden.[3]

 

Rz. 69

Für den Konzernabschluss ergeben sich zudem folgende weitere Besonderheiten in Bezug auf latente Steuern:

  • Die ggf. im Jahresabschluss von TU in Anspruch genommenen größenabhängigen Erleichterungen für kleine KapG nach § 274a Nr. 4 HGB können aufgrund des Einheitsgrundsatzes nicht für Zwecke der Konzernrechnungslegung in Anspruch genommen werden. Es muss unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit organisatorisch sichergestellt werden, dass die Informationen und Daten, die ohne Inanspruchnahme der größenabhängigen Erleichterungen erforderlich sind, bei der Berechnung der latenten Steuern für den Konzernabschluss vorliegen.
  • Steuerliche Verlustvorträge, die bei der Berechnung aktiver latenter Steuern für die innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartende Verlustverrechnung zu berücksichtigen sind, sind auch auf Ebene des Konzerns für die jeweiligen Steuersubjekte zu ermitteln. Dies gilt auch, wenn sich die vorliegenden Planungsrechnungen nur über einen kürzeren Zeitraum als fünf Jahre erstrecken. In diesem Fall sind sachgerechte und plausible Schätzungen vorzunehmen (DRS 18.19).
  • Da der Konzernabschluss keine Grundlage für die Gewinnverwendung darstellt, hat die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB für einen in der Handelsbilanz II angesetzten Aktivüberhang latenter Steuern gem. § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB keine Bedeutung.[4]
[1] Vgl. Störk/Deubert, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 298 HGB Rz 32.
[2] Vgl. Müller/Reinke/Scheid, DStR 2021, S. 1722.
[3] Vgl. Senger/Kurz, in BeckOGK Bilanzrecht, § 298 HGB Rz 23, Stand: 9/2021.
[4] Vgl. Störk/Deubert, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 298 HGB Rz 33.

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