Rz. 8

Der Konzernabschluss samt Konzernlagebericht muss inhaltlich nach § 292 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) und b) HGB nach Maßgabe des Rechts eines EU-/EWR-Staates (Rz 9) aufgestellt werden, um befreiende Wirkung entfalten zu können.

Die befreiende Wirkung wird gem. § 292 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) und d) HGB auch dann gewährt, wenn diese Unterlagen

  • einem nach den Vorgaben der Bilanzrichtlinie (Buchst. a)) erstellten Konzernabschluss (Rz 11) inhaltlich gleichwertig sind oder
  • einem nach internationalen Rechnungslegungsstandards (Buchst. b)) erstellten Konzernabschluss (Rz 10) insoweit gleichwertig sind, als sie gem. der Verordnung (EG) Nr. 1569/2007 der Kommission vom 21.12.2007 über die Einrichtung eines Mechanismus zur Festlegung der Gleichwertigkeit der von Drittstaatemittenten angewandten Rechnungslegungsgrundsätze gem. Richtlinie 2003/71/EG und 2004/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates,[1] die durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 310/2012[2] geändert worden ist, in ihrer jeweils geltenden Fassung entsprechend festgelegt wurden.
[1] ABl. EU v. 22.12.2007 L 340/66.
[2] ABl. EU v. 13.4.2012 L 103/11.

2.3.1 Nach Maßgabe des Rechts eines EU-/EWR-Staates

 

Rz. 9

Das den befreienden Konzernabschluss aufstellende MU ist in der Wahl der Konzernrechnungslegungsvorschriften eines Mitgliedstaats der EU/des EWR für den befreienden Konzernabschluss formal nicht eingeschränkt. Zu den EWR-Staaten gehören Lichtenstein, Island und Norwegen. Das aufstellende MU ist befugt, das jeweilige Recht mit den geringsten Anforderungen zu wählen. Die vormals in den §§ 3 und 4 KonBefrV zum Ausdruck kommende Einschränkung, wonach der befreiende Konzernabschluss, der befreiende Konzernlagebericht und der Bestätigungsvermerk nach den für den entfallenden Konzernabschluss und Konzernlagebericht maßgeblichen Vorschriften offenzulegen ist, findet in der offenen Formulierung in § 292 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) HGB unter Berücksichtigung des ohnehin geltenden Gleichwertigkeitserfordernisses (unter Buchst. c)) keine Stütze, so dass diese Auffassung daher nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.[1]

Zur Bestimmung der maßgebenden Vorschriften sind die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts des EU-/EWR-Staates, die die Konzernrechnungslegungspflicht in gleichwertiger Weise zu gewährleisten vermögen, heranzuziehen. Ein Konzernabschluss, der nach dem Recht eines EWR-Staates aufgestellt wurde, muss allerdings nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) HGB noch im Einklang mit der Bilanzrichtlinie (RL 2013/34/EU) stehen. Dies impliziert, dass das jeweils angewandte innerstaatliche Recht des EWR-Staates in der Gesamtschau den wesentlichen Grundsätzen und Normen der Bilanzrichtlinie zu entsprechen hat.

Beim Vergleich des Drittstaaten-Konzernabschlusses mit dem Recht eines EU-/EWR-Staates bietet es sich an, zunächst eine Analyse im Hinblick auf die deutschen Konzernrechnungslegungsvorschriften vorzunehmen, da in den EU-/EWR-Staaten die Konzernrechnungslegung weitgehend harmonisiert wurde und daher nicht mit nennenswerten Abweichungen zu rechnen ist.[2]

[1] Gl. A. Kirsch/Berentzen, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 292 HGB Rz. 52, Stand: 10/2019; Deubert/Lewe, DB 2016, S. 1262 (Fn. 15); bereits kritisch zu dieser Einschränkung Wollmert/Oser, DB 1995, S. 53.
[2] Vgl. Deubert/Lewe, DB 2016, S. 1262.

2.3.2 Im Einklang mit den in § 315e Abs. 1 HGB bezeichneten internationalen Rechnungslegungsstandards

 

Rz. 10

Diese Befreiungsmöglichkeit war bislang nur als Auffassung im Schrifttum vertreten und wird nunmehr in § 292 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) HGB durch das BilRUG explizit genannt.[1] Durch die Klarstellung mit dem BilRUG werden IFRS-Konzernabschlüsse übergeordneter Drittstaaten-MU, soweit diese die von der EU übernommenen IFRS beachten, fortan als gleichwertig angesehen und erlauben die Befreiung von den Konzernrechnungslegungsvorschriften.[2] Relevant wird diese Befreiungsvorschrift somit für MU mit Sitz in den Drittstaaten, welche die IFRS bereits als maßgeblichen Rechnungslegungsstandard für bestimmte Unternehmensbereiche (z. B. börsennotierte Unt in Australien) übernommen haben. Das Einklangerfordernis erfordert, dass der aufgestellte Konzernabschluss die Normen und Vorschriften der IFRS beachtet und keine wesentlichen Abweichungen nach sich zieht. Nach einer Entscheidung der EU-Kommission vom 12.12.2008 (2008/961/EG) gehören hierzu auch die "Full IFRS", wenn der Konzernanhang zum geprüften Konzernabschluss eine ausdrückliche und eingeschränkte Erklärung enthält, wonach der Konzernabschluss gem. IAS 1 "Darstellung des Abschlusses" den IFRS entspricht.[3]

[1] Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, § 292 HGB Rz 13 f.
[2] Vgl. Kolb/Roß, WPg 2014, S. 1089.
[3] Vgl. Deuber/Lewe, DB 2016, S. 1260.

2.3.3 Gleichwertigkeit des befreienden Konzernabschlusses

 

Rz. 11

§ 292 Abs. 1 Hs. 2 Nr. 1 Buchst. c) HGB stellt eine weitere Befreiungsoption für den Fall dar, dass der befreiende Konzernabschluss nicht direkt nach Maßgabe des Bilanzrechts eines EU-/EWR-Staates oder nach den IFRS aufgestellt wurde. Hierzu ist zu prüfen, ob der Konzernabschluss des übergeordneten MU mit Sitz im Drittstaat dennoch als inhaltlich gleichwertig angesehen wer...

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