Rz. 9

Als Täter kommen zunächst nur die in § 331 Abs. 1 HGB ausdrücklich genannten Personen in Betracht. Täter können demnach nur die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer KapG (Nrn. 1 bis 4), die Mitglieder des Aufsichtsrats einer KapG (Nr. 1 bis 2) und die vertretungsberechtigten Gesellschafter des TU einer KapG (Nr. 4) sein. Der Bilanzeid nach Nr. 3a ist auf die gesetzlichen Vertreter einer KapG, die ein kapitalmarktorientiertes Unt i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG ist, also auf sog. Inlandsemittenten, beschränkt (§§ 264 Abs. 2 Satz 3, 289 Abs. 1 Satz 5, 297 Abs. 2 Satz 4, 315 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 331 Abs. 1 Nr. 3a HGB). Inlandsemittenten sind Unt, die Aktien oder Schuldtitel ausgeben und an einem organisierten Markt in Deutschland teilnehmen, ohne dass sie Emittenten mit Herkunftsland Deutschland sein müssen.[1]

[1] Vgl. Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 331 HGB Rn 6; Ziemann, wistra 2007, S. 293.

2.1 Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs

 

Rz. 10

Täter einer Straftat nach § 331 HGB kann nur eine natürliche Person sein, die Mitglied des vertretungsberechtigten Organs ist. Wer zu dem jeweiligen Personenkreis zählt, bestimmt sich nach der gesetzlichen Regelung für die jeweilige Gesellschaftsform.

2.1.1 Aktiengesellschaft

 

Rz. 11

Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der AG sind die Mitglieder des Vorstands, § 76 Abs. 2 und 3 AktG. Soweit sie Vorstandsgeschäfte wahrnehmen, zählen hierzu auch die stellvertretenden Vorstandsmitglieder, § 94 AktG.[1]

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, Band 7/2, § 331 HGB Rn 16; Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 331 HGB Rz 18; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 331 HGB Rn 9.

2.1.2 Kommanditgesellschaft auf Aktien

 

Rz. 12

Bei der KGaA sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs die persönlich haftenden Gesellschafter, §§ 278 Abs. 2, 283 AktG.

2.1.3 Gesellschaft mit beschränkter Haftung

 

Rz. 13

Taugliche Täter bei der GmbH sind die Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und die stellvertretenden Geschäftsführer (§ 44 GmbHG).[1]

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, Band 7/2, § 331 HGB Rn 21; Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 331 HGB Rz 18; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 331 HGB Rn 12.

2.1.4 Kapitalgesellschaft in Liquidation

 

Rz. 14

Bei der KapG in Liquidation sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der oder die Abwickler bzw. Liquidatoren (§§ 265 Abs. 1, 290 AktG, § 66 GmbHG).[1] Falls eine juristische Person als Liquidator bestellt ist, sind nach § 14 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. StGB die Mitglieder von deren vertretungsberechtigtem Organ Normadressat des § 331 HGB.

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, Band 7/2, § 331 HGB Rn 24; Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 331 HGB Rz 18; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 331 HGB Rn 14.

2.1.5 Sonstige Personen

 

Rz. 15

Andere als die im Gesetz ausdrücklich genannten Personen können nicht Täter sein. Für leitende, nicht zum Vorstand gehörende bzw. nicht zu Geschäftsführern bestellte Angestellte, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte gilt dies entsprechend. Ebenso können Personen, denen die Bilanzerstellung rechtsgeschäftlich übertragen wurde, nicht Täter sein. Die Möglichkeit einer generellen Delegation von Unternehmenspflichten nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB oder einer speziellen Delegation nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB begründet auch keine strafrechtliche Verantwortung, weil die Bilanzerstellung eine höchstpersönliche Organpflicht ist, §§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB, 91 Abs. 1 AktG.[1]

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, Band 7/2, § 331 HGB Rn 25; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 331 HGB Rn 15.

2.1.6 Faktische Betrachtungsweise

 

Rz. 16

Für die Frage der möglichen Täterschaft kommt es nicht allein auf die zivil- oder gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit des Bestellungsaktes an. Vielmehr bestimmt sich der Begriff des vertretungsberechtigten Organs auch nach den tatsächlichen Kriterien.[1]

 

Rz. 17

Bei einer nicht wirksam entstandenen oder noch nicht bestehenden KapG gibt es bereits Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs, wenn ein solches Amt von einer natürlichen Person ausgeübt wird.[2]

 

Rz. 18

Die zivilrechtlich unwirksame oder mangelhafte Bestellung zum Mitglied des Vertretungsorgans lässt die strafrechtliche Verantwortung bei tatsächlicher Übernahme und Ausübung des Amtes unberührt.[3] So kann auch eine Person, die kraft Gesetzes die Fähigkeit, ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs zu sein, verloren hat (§§ 6 GmbHG, 76 AktG) weiterhin Täter sein, wenn sie ihre Organfunktion weiter ausübt.[4]

 

Rz. 19

Die Eintragung in das Handelsregister stellt keine Strafbarkeitsvoraussetzung dar. Der tatsächliche Beginn der Tätigkeit vor der Eintragung begründet bereits die Tätereigenschaft.

 

Rz. 20

 
Praxis-Beispiel

Fehlt es noch an einem förmlichen Bestellungsakt, erfolgt die Organtätigkeit aber mit Einverständnis oder auch nur mit der Duldung des für die Bestellung zuständigen Organs (GesV, HV, AR), ist ebenfalls die Tätereigenschaft ge­geben.[5]

 

Rz. 21

Die rückwirkende Beendigung der Organstellung, die...

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