Rz. 176

Die Offenlegungsvorschriften haben in Deutschland lange Zeit kaum Beachtung gefunden. In Schätzungen wurde davon ausgegangen, dass bis zu 95 % aller deutschen Unt ihren Offenlegungspflichten gar nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkamen.[1] Dieser Umstand hat dazu geführt, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die BRD einleitete und vor dem EuGH gegen die BRD obsiegte.[2] Hinzu kam ein zweites EuGH-Verfahren zur Offenlegungspflicht für KapG & Co. KG. Dies zeigte, dass die BRD die Europäischen Richtlinien nicht zutreffend in nationales Recht umgesetzt hatte.[3] Dies hat dazu geführt, dass der Gesetzgeber mit dem EHUG die Sanktionen bei Nichtbeachtung der Offenlegungsvorschriften grundlegend verändert hat.[4] Hierbei kommt es auf die Frage eines möglichen Verschuldens nicht an, vgl. zu Möglichkeiten einer zulässigen Vermeidung oder Begrenzung der Offenlegung Rz 187 ff.

 

Rz. 177

Die seit 1.1.2007 geltenden Regelungen[5] sehen unterschiedliche Konsequenzen und Sanktionen vor. Sie zielen darauf ab, einerseits eine zeitnahe Offenlegung zu gewährleisten. Andererseits sollen Sanktionen angeordnet werden, wenn unzutreffende Angaben vorsätzlich oder leicht fahrlässig offengelegt werden.

 

Rz. 178

Für den Abschlussprüfer ist fraglich, wie er zu verfahren hat, wenn er i. R. d. Jahresabschlussprüfung feststellt, dass die gesetzlichen Vertreter ihre Offenlegungspflicht nicht erfüllt haben. Nach Auffassung des IDW ist hierüber im Prüfungsbericht zu berichten.[6] Hierbei handelt es sich um einen Anwendungsfall des § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB (§ 321 Rz 72 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen einmaligen oder einen wiederholten Verstoß gegen die Offenlegungspflicht handelt. Besonderheiten gelten jedoch hinsichtlich der Offenlegung des Konzernabschlusses: Wird die Prüfung des Einzelabschlusses zu einem Zeitpunkt beendet, zu dem die Aufstellungsfrist für den Konzernabschluss noch nicht abgelaufen ist, besteht keine Berichtspflicht. Ist hingegen diese Frist schon abgelaufen, ist entsprechend zu berichten.[7]

 

Rz. 179

Wird festgestellt, dass der Bestätigungsvermerk bzw. Versagungsvermerk einer vorherigen Prüfung durch das Unt verändert oder unzutreffend offengelegt wurde, hat der Prüfer einen Anspruch auf Unterlassung und muss auf eine Richtigstellung drängen.

 

Rz. 180

Die im Folgenden erläuterten Sanktionen gelten aufgrund von § 335b HGB auch für KapCoGes.

 

Rz. 181

Neben den im Weiteren dargestellten Sanktionen kann ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten i. S. v. § 93 AktG bzw. § 43 GmbHG vorliegen. Ferner droht ggf. eine deliktische Schadensersatzhaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB.

[1] Vgl. zu empirischen Befunden z. B. Noack, Unternehmenspublizität, 2002, Rn. 87; Heni, DStR 1999, S. 914; Marx/Dallmann, BB 2004, S. 929 ff.; Theile/Mitsche, WPg 2006, S. 1141 ff., sowie zu möglichen Sanktionen Baetge/Apelt, DB 1988, S. 1709 ff., insbes. S. 1711 ff., sowie zur früheren Praxis Berndsen, Unternehmenspublizität – Eine empirische Untersuchung zur Messung des Publizitätsverhaltens großer börsennotierter Aktiengesellschaften und der Auswirkung auf die Anlageentscheidungen am Aktienmarkt, 1979, S. 23 ff., und zur Veränderung aufgrund des EHUG Henselmann/Kaya, WPg 2009, S. 498 ff.; Schauß, DB 2010, S. 153 ff.; speziell zu den Kapitalgesellschaften & Co. Buchheim, DB 2010, S. 1133 ff. Es ist nunmehr davon auszugehen, dass die Offenlegungsquote bei deutlich über 90 % liegt.
[2] Vgl. EuGH, Urteil v. 29.9.1998, C-191/95, Slg. 1998, I-05449. Grundlage hierfür bildete das Verfahren C-97/96 mit EuGH, Urteil v. 4.12.1997, Daihatsu-Händler e. V., Slg. 1997, I-06843. Vgl. hierzu z. B. de Weert, BB 1998, S. 366; Hirte, NJW 1999, S. 36 ff. Vgl. zu einer empirischen Untersuchung zur Nutzung der offengelegten Daten durch Unt Grottke/Löffelmann/Späth/Haende, DStR 2012, S. 94 ff.
[3] Vgl. EuGH, Urteil v. 23.9.2004, Rs. C-435/02, Axel Springer AG/Zeitungsverlag Niederrhein, und C-103/03, Weske, DStRE 2004, S. 1257; vgl. zu einer Analyse z. B. Kiesel/Grimmen, DStR 2004, S. 2210 ff.
[4] Vgl. zu den zunächst durch das KapCoRiLiG geschaffenen Antragsverfahren Zimmer/Eckhold, NJW 2000, S. 1361 ff., insb. die EU-rechtlichen Bedenken auf S. 1368.
[5] Vgl. zum alten Recht z. B. Weirich/Zimmermann, AG 1985, S. 272 ff. (speziell zur kleinen AG).
[6] Vgl. IDW PS 450.50 n. F.
[7] Vgl. Ammermann/Ravenstein, WPg 2009, S. 691.

10.1 Verstoß gegen die Offenlegungspflicht

 

Rz. 182

§ 335 HGB sieht vor, dass gegen die Mitglieder der vertretungsberechtigten Organe wegen der Nichtbefolgung von § 325 HGB ein Ordnungsgeldverfahren einzuleiten ist. Das Ordnungsgeld beträgt mind. 2.500 EUR, höchstens 25 TEUR.[1] Durch das Gesetz zur Änderung des HGB[2] wurden diese Mindestwerte für KleinstKapG i. S. v. § 267a HGB auf 500 EUR und für kleine KapG i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB auf 1.000 EUR gesenkt.[3] Außerdem kann jeweils ein geringerer Betrag festgesetzt werden, wenn die Beteiligten die Sechswochenfrist (nach dem Zugang der Androhung) nur geringfügig überschreiten (§ 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 ...

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