Leitsatz

Der teilweise Ausfall der Kaufpreisforderung und der vereinbarten Stundungszinsen aufgrund Insolvenz des Käufers führt nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für den Grundstückskauf.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 3 GrEStG, § 12 BewG, § 165 Abs. 2, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Eine GmbH erwarb ein Grundstück zur Erschließung und zum Weiterverkauf als parzellierte Baugrundstücke. Der Kaufpreis war bis zum Abverkauf der einzelnen Baugrundstücke verzinslich gestundet. Letztlich wurde im vorläufig festgesetzten Grunderwerbsteuerbescheid gegenüber der GmbH wegen niedriger Verzinsung ein abgezinster Kaufpreis zugrunde gelegt.

Da der Verkauf der Baugrundstücke nicht wie vorgesehen möglich war, konnte die GmbH ihre Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen und es wurde ein Insolvenzverfahren mit dem Kläger als Insolvenzverwalter eröffnet. Dessen Antrag auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuerfestsetzung wegen der wirtschaftlichen Situation der GmbH kamen weder das Finanzamt noch das Finanzgericht (FG Köln, Urteil vom 14.5.2014, 5 K 1515/11, Haufe-Index 7016730, EFG 2014, 1705) nach.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat dieses Ergebnis bestätigt.

Die Kaufpreisforderung als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich mit dem Nennwert nach § 12 BewG zu bewerten; an einer anderen Ansicht hält der BFH nicht mehr fest.

Eine Insolvenz des Käufers ist kein zur Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids führendes rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Zwar ist die noch bestehende und bereits fällige Kaufpreisforderung als uneinbringlich einzustufen. Diese Bewertung wirkt sich jedoch nicht auf den Wert der Kaufpreisforderung im Zeitpunkt der Verwirklichung des grunderwerbsteuerbaren Tatbestands aus und stellt damit kein rückwirkendes Ereignis dar. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können die Insolvenzgläubiger ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner wieder unbeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO).

Aus demselben Grund ist der Bescheid auch nicht nach § 165 Abs. 2 AO zu ändern. Insoweit kann dahinstehen, ob der Vorläufigkeitsvermerk auch die Höhe des Kaufpreises und nicht nur die Höhe des Zinsabschlags für die Stundung des Kaufpreises erfasst.

Die Voraussetzungen für eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 3 GrEStG wegen einer Herabsetzung der Gegenleistung für das Grundstück liegen ebenfalls nicht vor. Der teilweise Ausfall der Kaufpreisforderung ist keine Herabsetzung des Kaufpreises i.S.d. Vorschrift; denn die Forderung bleibt trotz Insolvenz in voller Höhe bestehen.

Der Grunderwerbsteuerbescheid ist darüber hinaus weder im Hinblick auf den Abschlag für die teilweise Stundung der Kaufpreisforderung noch im Hinblick auf den Ausfall der geschuldeten Zinsen nach § 165 Abs. 2 AO zu ändern. Denn trotz des Zahlungsausfalls bleibt die aufgrund der Vereinbarungen entstandene Zinsforderung als solche wie auch die Kaufpreisforderung bestehen.

 

Hinweis

Die Entscheidung beleuchtet einen wichtigen Aspekt der Grunderwerbsteuer. Gegenstand der Steuer sind – i.d.R. schuldrechtliche – Verkehrsvorgänge nach § 1 GrEStG, die auf einen Rechtsträgerwechsel an einem inländischen Grundstück i.S.d. § 2 GrEStG gerichtet sind. Im Gegensatz zu den Ertragsteuern sind die Verkehrsteuern durch die grundsätzliche Eigenständigkeit der Steuerentstehung vom Ergebnis (Gewinn, Überschuss) der Aktivitäten gekennzeichnet.

Die Besteuerung der "Erwerbstatbestände" nimmt den Verkehrsvorgang selbst zum Anlass einer Steuerfestsetzung. Dabei ist unerheblich, ob der Erwerb wirtschaftlich erfolgreich ist; vielmehr entsteht auch dann, wenn der Vorgang zu einem Verlust führt, grundsätzlich eine Steuerschuld. Das Gesetz geht davon aus, dass sich schon durch das Zustandekommen des Rechtsgeschäfts eine wirtschaftliche Kraft manifestiert, die eine steuerliche Erfassung ermöglicht.

Ein Steueranspruch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entsteht damit mit dem formwirksamen (§ 311b BGB) Abschluss eines Kaufvertrages. Auf die Zahlung des Kaufpreises kommt es zunächst nicht an. Deshalb führt auch der Ausfall der Kaufpreisforderung nicht zwangsläufig zu einer Änderung der Steuerfestsetzung.

In der Praxis ist hier zu differenzieren:

  • Wird – wie im Streitfall – der Grundstückskäufer durch Erlass eines Steuerbescheides als Steuerschuldner in Anspruch genommen, bestehen bei einem Forderungsausfall, der dem Käufer selbst zuzurechnen ist, kaum Möglichkeiten, den Bestand der Grunderwerbsteuerfestsetzung infrage zu stellen. Denn weder ist durch den Ausfall der Kaufpreisforderung die Gegenleistung herabgesetzt worden (Änderung nach § 16 Abs. 3 GrEStG) noch handelt es sich bei dem späteren Ausfall angesichts der Maßgeblichkeit des Kaufvertragsabschlusses um ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
  • Der Verkäufer, der als Gesamtschuldner (§ 13 Nr. 1 GrEStG, § 44 Abs. 1 AO) ebenfalls in Anspruch genommen werden darf, kann bei Nichtzahlung des Kaufpreises vom Kaufv...

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