Kommentar

Die Finanzverwaltung hat ausführlich zur Frage der Einheitlichkeit bei sonstigen Leistungen der Akteure im Börsengeschäft und der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG (Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze) Stellung genommen. Die jetzt dargestellten Grundsätze gelten nicht nur für Börsen und Handelsplattformen für klassische Finanzprodukte, sondern entsprechend auch für Handelsplattformen für Krypto-Währungen. In diesem Zusammenhang ändert die Finanzverwaltung auch einen Punkt aus dem 2018 ergangenen BMF-Schreiben[1] zu den Krypto-Währungen.

Wichtig

Ob ein Börsenplatz oder eine Handelsplattform eine einheitliche oder mehrere getrennt zu behandelnde Leistungen ausführt, ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts zu beurteilen. Die Finanzverwaltung gibt dazu in dem Schreiben allgemeine Hinweise. Erst nachdem festgestellt worden ist, ob eine einheitliche Leistung (auch als Haupt- und Nebenleistung) vorliegt, kann geprüft werden, ob diese der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG unterliegt.

Tritt der Börsenbetreiber als zentraler Kontrahent[2] in eine Wertpapierabwicklung ein, indem er Wertpapiere im eigenen Namen und auf eigene Rechnung kauft und verkauft, liegt eine einheitliche Leistung vor, die nach den Regelungen des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei ist. Die dabei mit ausgeführten IT-Dienstleistungen sind Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen.

Ist der Börsenbetreiber nur als Abwickler und technischer Anbieter im Börsengeschäft tätig, muss geprüft werden, welche Dienstleistungen von ihm erbracht werden. Regelmäßig können sowohl das Matching[3], das Clearing[4] und das Settlement[5] übernommen werden. Werden – wie es regelmäßig der Fall sein dürfte – diese Leistungen durch einen einzigen Leistungserbringer ausgeführt, stellt dies eine einheitliche Leistung dar, bei der das Matching als die Hauptleistung anzusehen ist. Für diese einheitliche Leistung ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG grundsätzlich anwendbar.[6]

Wichtig

Ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG einschlägig, kann der leistende Unternehmer auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichten, wenn die Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers ist dafür nicht notwendig, wird aber regelmäßig als wirtschaftliche Voraussetzung angesehen.

Nur wenn der Börsenbetreiber als technischer Anbieter die Börsenprogramme zur Verfügung stellt, ohne dass die Leistungsempfänger selbst Transaktionen auf dem Börsenplatz vornehmen, handelt es sich um eine eigenständige Leistung, die nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG unterliegen kann.

Wichtig

Die Grundsätze gelten sowohl für den Börsenhandel mit herkömmlichen Wertpapieren als auch mit Krypto-Währungen (z. B. Bitcoin, Ethereum). Damit können sowohl Leistungen von zentralen[7] als auch von dezentralen[8] Börsen unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG fallen.

Die Finanzverwaltung[9] hatte bisher nur festgestellt, dass Betreiber einer Handelsplattform, die ihre Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Bitcoin den Marktteilnehmern zur Verfügung stellen, lediglich rein EDV-technische Dienstleistungen ausführen, die nicht zu einer Steuerbefreiung führen können. Diese Passage des BMF-Schreiben aus 2018 ist von der Finanzverwaltung jetzt aufgehoben worden.

Konsequenzen für die Praxis

Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung hat aber für alle bis zum 30.6.2021 ausgeführten Umsätze eine umfassende Nichtbeanstandungsregelung getroffen. Soweit der leistende Unternehmer bisher nicht von einer einheitlichen Leistung ausgegangen war und deshalb teilweise Umsatzsteuer berechnet hatte, wird dies sowohl bei dem leistenden Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger für den Vorsteuerabzug nicht beanstandet. Insoweit kann der leistende Unternehmer auch für Vorbezüge den Vorsteuerabzug geltend machen.

Wichtig

Soweit in der Vergangenheit aus der Anschaffung technischer Einrichtungen der Vorsteuerabzug geltend gemacht worden war, da von einer eigenständigen IT-Dienstleistung ausgegangen war und jetzt eine einheitliche, der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG unterliegende Dienstleistung vorliegt, muss innerhalb des Berichtigungszeitraums nach § 15a UStG an eine Vorsteuerberichtigung gedacht werden, soweit keine Option nach § 9 Abs. 1 UStG möglich bzw. gewollt ist.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 3.5.2021, III C 3 – S 7160/20/10003 :001, BStBl 2021 I S. 713.

[2] Als sog. CCP (central counterparty).
[3] Als Matching wird das elektronische Verfahren zur Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsorder bezeichnet. Der Börsenbetreiber erhebt dafür eine Transaktionsgebühr.
[4] Als Clearing wird die Abwicklung des Matchings bezeichnet...

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