Leitsatz

Dem EuGH wird gem. Art. 234 Abs. 2 EGV die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 43 EGV i.V.m. Art. 48 EGV sowie die Art. 56 ff. EGV dahingehend auszulegen sind, dass sie der Regelung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 EStG entgegenstehen, die den sofortigen steuerlichen Ausgleich von Verlusten aus der Abschreibung auf Beteiligungswerte an Tochtergesellschaften im EG-Ausland dann beschränkt, wenn diese passive Tätigkeiten ausüben, wohingegen Abschreibungen auf Beteiligungswerte an inländischen Tochtergesellschaften ohne diese Beschränkungen möglich sind.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH und besitzt eine Beteiligung an einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft. Die Klägerin hat im Streitjahr eine Teilwertabschreibung auf den Beteiligungswert Tochtergesellschaft vorgenommen, die dem Grunde nach unbestreitbar ist. Das beklagte Finanzamt kam allerdings zu der Auffassung, dass § 2a EStG a.F. der Berücksichtigung der Teilwert-AfA entgegenstehe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verfolgt die Klägerin nunmehr das Ziel der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligungsgesellschaft im Ausland. Sie hält die Anwendung des § 2a EStG für eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung. Der Beklagte beantragt unter Hinweis auf § 2a EStG, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidung

Das Klageverfahren wird ausgesetzt. Es wird gem. Art. 234 Abs. 2 EGV die Vorabentscheidung des EuGH über die strittige Rechtsfrage eingeholt. Die Anrufung des EuGH ist geboten, weil die Auslegung der Art. 56 ff. EGV und der Art. 43 i.V.m. Art. 48 EGV in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft ist. Die Teilwertabschreibung auf eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft im EG-Ausland ist durch § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a EStG zunächst nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden kann. Liegen derartige positive Einkünfte aus dem Staat der Tochtergesellschaft nicht vor, kommt eine Verrechnung nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Ausnahmeklausel in § 2a Abs. 2 EStG vorliegen, wenn also die ausländische Tochtergesellschaft ausschließlich oder fast ausschließlich "aktive" Tätigkeiten i.S.d. § 2a Abs. 2 EStG innerhalb der dort genannten zeitlichen Voraussetzungen ausgeübt hat. Die ausländische Tochtergesellschaft der Klägerin erfüllt diese Voraussetzung allerdings nicht. Im Ergebnis ist daher die Beteiligung an Kapitalgesellschaften im EG-Ausland gegenüber der Beteiligung an Tochtergesellschaften im Inland durch die erheblich beschränkten Möglichkeiten der Teilwertabschreibung bei Verlusten der ausländischen Tochtergesellschaften benachteiligt. Abschließend kommt der Senat damit zu der Überzeugung, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Auslegung der Art. 43 i.V.m. Art. 48 EGV durch den EuGH dazu führen wird, dass eine Regelung wie der hier streitbefangene § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG unvereinbar mit den genannten Artikeln des EGV ist und deshalb der Klage stattzugeben ist. Die Vorlage an den EuGH erscheint daher allein aus diesem Grunde bereits geboten. Der Senat hält es außerdem für wahrscheinlich, dass im Streitfall auch eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt. Die Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG zielt zwar nicht unmittelbar auf eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, hier in der Form der Direktinvestition ins EG-Ausland. Sie beeinträchtigt aber Investitionen in ausländischen Tochtergesellschaften, weil insoweit Teilwertabschreibungen im Gegensatz zu Investitionen im Inland nur begrenzt steuermindernd geltend gemacht werden können. Darin ist bereits eine in Art. 67 EGV ausdrücklich verbotene Diskriminierung des Anlageorts "Ausland" zu erkennen.

 

Hinweis

Das Urteil ist für die Praxis von großer Bedeutung, da damit gerechnet werden kann, dass der EuGH die Europarechtswidrigkeit des § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 EStG feststellen wird. In diesem Fall ist zu empfehlen, bei noch nicht bestandskräftiger Veranlagung entsprechende Anträge zu stellen bzw. Klagen einzureichen, da beträchtliche Verlustausnutzungspotentiale geltend gemacht werden können.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 15.07.2004, 13 K 1908/00

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